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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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noch einmal diesen Satz sagen würde.
    Die Sperrholztür öffnete sich. Zusammengekrümmt schwankte Darryl heraus und kauerte sich auf seine Koje. Als er Michael bemerkte, murmelte er: »Du solltest da besser nicht reingehen. Ich war nicht schnell genug.«
    Das wunderte Michael nicht. »Warum musstest du dir heute auch unbedingt eine zweite Portion nehmen«, sagte er, und Darryl, der nur seine langen Unterhosen trug, schenkte ihm ein mattes Lächeln.
    »Vorhin schien es mir noch eine gute Idee zu sein.«
    »Und wie geht’s dir jetzt?«
    Unvermittelt schlingerte das Schiff so heftig, dass Michael sich am fest am Boden verschraubten Bettrahmen festhalten musste.
    Darryls Gesicht nahm einen dunkleren grünen Farbton an, und er schloss die Augen.
    Michael lehnte sich an die Innenwand, ohne den Rahmen loszulassen. Ja, es würde ohne Zweifel eine raue Nacht werden, und er fragte sich, wie lange so ein Sturm wohl andauern mochte. Würde es tagelang so weitergehen? Und wie viel schlimmer würde es noch werden? Wie viel schlimmer
konnte
es noch werden?
    Er nahm eines seiner Bücher von der Naturschutzorganisation Audubon zur Hand, aber das Schiff rollte und stampfte viel zu stark, um lesen zu können. Allein beim Versuch, sich auf die Schrift zu konzentrieren, wurde ihm schlecht. Er steckte das Buch unter die Matratze. Das Dröhnen der Maschinen und der Schiffsschrauben war hier im Achterschiff lauter als je zuvor. Darryl lag ruhig wie eine Mumie, aber er ächzte und stöhnte.
    »Was hast du genommen?«, fragte Michael ihn. »Scopolamin?«
    Darryl grunzte bejahend.
    »Sonst noch etwas?«
    Darryl hielt einen Arm in die Höhe. Um das Handgelenk trug er ein elastisches Band, etwas dicker als ein Gummiband.
    »Was ist das?«
    »Akupressurband. Soll angeblich helfen.«
    Michael hatte noch nie davon gehört, aber Darryl sah auch nicht gerade aus, als würde er darauf schwören.
    »Soll ich nachsehen, ob Dr.Barnes etwas Stärkeres dabeihat?«, fragte Michael.
    »Geh da nicht raus«, flüsterte Darryl. »Du wirst sterben.«
    »Ich benutze nur die Korridore. Ich bin gleich wieder da.«
    Er wartete auf einen ruhigeren Moment, dann stand er auf und verließ die Kabine. Der lange Gang neigte sich erst auf die eine Seite, dann auf die andere. Michael kam sich vor wie in einer Geisterbahn. Die Neonlampen flackerten und summten. Charlottes Kabine befand sich mittschiffs, vielleicht dreißig Meter entfernt, aber er kam nur langsam voran und musste seine Füße weit auseinanderstellen.
    Unter ihrer Tür schimmerte ein Lichtstreifen, also schien sie noch wach zu sein, und er klopfte an.
    »Ich bin’s, Michael«, rief er. »Ich glaube, Darryl könnte etwas Hilfe gebrauchen.«
    Charlotte öffnete die Tür. Sie trug einen Bademantel mit einem chinesischen Motiv, grüne und goldene feuerspeiende Drachen, und dicke Wollsocken. Ihre Zöpfe waren zu einer Art Knoten oben auf dem Kopf zusammengebunden. »Lassen Sie mich raten«, sagte sie und griff bereits nach ihrer schwarzen Tasche. »Er ist seekrank.«
    Als sie die Kabine endlich erreichten, hatte Darryl sich zu einer Kugel zusammengerollt. Er war so klein, vielleicht einen Meter sechzig, und spindeldürr, dass er aussah wie ein Kind mit Bauchweh, das auf seine Mutter wartet.
    Charlotte setzte sich auf die Kante seiner Koje und fragte ihn, was er bisher genommen habe. Als er ihr ebenfalls das Akupressurband zeigte, sagte sie: »Unglaublich, auf was manche Leute hereinfallen.«
    Sie kramte in ihrer Tasche und zog eine Spritze sowie eine Flasche hervor. »Haben Sie schon einmal etwas von Phenytoin gehört?«
    »Ist es nicht dasselbe wie Epanutin?«
    »Ich sehe, Sie kennen sich mit Drogen aus. Haben Sie es schon einmal genommen?«
    »Einmal, vor einem Tauchgang.«
    »Ich hoffe, nicht zu kurz vorher.« Sie bereitete die Spritze vor. »Irgendwelche Nebenwirkungen?«
    Darryl begann den Kopf zu schütteln, entschied dann aber, lieber nichts zu schütteln, solange es nicht nötig war. »Nein«, murmelte er.
    »Was für eine Wirkung hat das Zeug?«, fragte Michael, während sie Darryls Ärmel hochschob.
    »Es verzögert die Nervenreaktionen in den Eingeweiden. Es
wird eigentlich bei epileptischen Anfällen angewendet und wurde strenggenommen nie als Mittel gegen Übelkeit freigegeben.« Sie rieb die Armbeuge mit Alkohol ab. »Aber Taucher schwören darauf.« Sie bereitete die Spritze vor und musste warten, bis das Schiff ein paar Stöße eingesteckt hatte, die sich wie Volltreffer anfühlten. »Achtung,

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