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Eisiges Feuer (German Edition)

Eisiges Feuer (German Edition)

Titel: Eisiges Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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noch weiter verletzte. Dann endlich sank er bewusstlos in sich zusammen. Kirian setzte sich einen Moment lang auf die Fersen zurück, um sich zu sammeln. Erst jetzt merkte er, wie er zitterte, dieser Kampf hatte alles von ihm gefordert. Aufgewühlt nutzte er die Zeit, die er hatte, weichte hastig den alten Verband mit Wasser durch, bis der sich löste, und verteilte großzügig Heilsalbe auf allen Abschürfungen.
    Lys erwachte mittendrin, mit leerem Blick aus glasigen Augen ließ er alles geschehen, ohne sich zu rühren. Er wusste, Kirian war hier und versuchte zu helfen, doch es war, als hätte sich ein undurchdringlicher Vorhang zwischen ihn und die Welt da draußen geschoben.
    „Bist du noch bei mir?“, hörte er seinen Liebsten flüstern, er spürte die Angst, die Kirian zerriss. Es dauerte lange, bis er sich erinnerte, wie man den Kopf bewegte, doch dann nickte er, ganz leicht nur, gerade so, dass Kirian ihm erleichtert zulächelte. Als es endlich vorüber war, ließ er sich halten, bis er langsam einschlief. Es war angenehm, nichts zu spüren, nicht zu denken. Einfach nur dahinzutreiben und warten, dass Ruhe einkehrte.
    „Vergib mir“, war das Letzte, was er hörte, für lange Zeit.
                                                                                                                       
     
     

27.
     
     
    „E-edle Dame?“ Der Diener wagte kaum, den Kopf in das Turmzimmer zu stecken. Es war ein luftiger, komfortabel eingerichteter Raum, der alles bot, was eine Fürstin sich nur wünschen konnte – ein großes Südfenster, das ihr den ganzen Tag über Sonne schenkte, Stickrahmen und Bücher zur Ablenkung, ein Schreibpult, an dem sie Briefe oder Gedichte verfassen durfte, passende Kleidung, Schmuck, Sitzgelegenheiten zum Entspannen, ein bequemes Bett. Dazu immer frisches Obst und Naschereien, soviel ein Mensch nur essen konnte. Diener, Kammerzofen und gleich drei Gräfinnen von hoher Bildung – die Gemahlin des Grafen von Sorala, ihre Mutter sowie Schwiegermutter – standen ihr Tag und Nacht zur Verfügung. Man sollte meinen, der einzige winzige Nachteil dieses Raumes – die abgeschlossene Tür – dürfte nicht die geringste Bedeutung besitzen. Zumal die äußerlich so liebliche Fürstin Elyne von Lichterfels für eine Gefangene erstaunlich viel Bewegungsfreiheit besaß und, wann immer ihr der Sinn danach stand, in Begleitung hinaus durfte, sei es in den Park, in die Gemächer der Gräfinnen oder, zum Einnehmen der Mahlzeiten, in die Speisehalle.
    Doch Elyne dachte überhaupt nicht daran, sich dankbar für all diese Annehmlichkeiten zu zeigen. Sie schnaubte von früh bis spät, spuckte mehr Feuer als ein ganzes Drachenrudel und machte den Bewohnern der Burg das Leben zum Schattenreich.
    „Edle Dame, verzeiht …“, wisperte der Diener unglücklich, als die Frau am Fenster keinerlei Anstalten machte, Notiz von ihm zu nehmen. „E-e-es ist a-angerichtet, Eure Edelgeboren.“
    Übergangslos wirbelte Elyne herum und schleuderte ihm den schweren Stickrahmen an den Kopf.
    „ESSEN! IMMER NUR ESSEN!“, kreischte sie, „Sehe ich aus wie eine Mastgans? Bin ich nicht noch fett genug von der Schwangerschaft? Ich will nicht essen!“
    Der Diener rang um Fassung, was schwierig war mit blutender Nase und tränenden Augen, verbeugte sich knapp und wollte flüchten. Doch der Stickrahmen verkeilte die Tür; ohne nachzudenken griff er danach.
    „WIE KANNST DU ES WAGEN!“, schrie dieses zarte, feengleiche Geschöpf, „Jetzt hast du es ruiniert mit deinem ekligen Blut!“ Sie ohrfeigte ihn links und rechts. Es war erstaunlich schmerzhaft, trotz ihrer so zierlichen Hände. Sie entriss ihm die Stickerei, fetzte sie vom Rahmen herunter und warf ihm die Überreste entgegen. „HINAUS!“
    Froh, dieser Wahnsinnigen entkommen zu können, sprang der arme Mann in den Gang, schlug hastig die Tür hinter sich zu und verriegelte sie.
    Diese Tür war recht dick, darum hätte er das amüsierte Gelächter der Dame nur hören können, wenn er gelauscht hätte.
    Elyne genoss das Chaos, das sie verursachte. Manchmal hatte sie ein wenig Mitleid mit den Bediensteten, die keinerlei Schuld an der Misere trugen. Doch weder den Gräfinnen, dem Graf, noch dessen Verbündeten gewährte sie das geringste bisschen Gnade. Die hatten es nicht anders gewollt … und mussten Elynes Launen duldsam ertragen. Es bestand

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