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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Gerichtssaal gewesen und hatte nie ein Wort zu den Medien gesagt.
    Und Frederick war nun konfrontiert mit dem Jungen, der sich vor zwei Jahren das Leben genommen hatte, mit diesem Mr. Keswick und mit der Frau des Polizisten und jetzt auch noch mit dem armen jungen Dorn, der sich in dem Waschsalon erschossen hatte. Wie war es möglich, dass ihren Mann das alles kalt ließ? Natürlich war er kein Harold Shipman, er brachte niemanden um, aber er musste doch irgendetwas falsch machen, wenn so viele von seinen Patienten Selbstmord begingen.
    Dorothy erinnerte sich, wie sie, als Shipman verurteiltwurde, im Stillen gedacht hatte,
sie
wäre nicht wie Mrs. Shipman gewesen,
sie
hätte Bescheid gewusst,
sie
hätte etwas unternommen.
    Und jetzt werde ich etwas tun, sagte sie sich, als sie in Fredericks Behandlungszimmer schlich. Sie war sich nicht ganz sicher,
was
sie tun würde, aber sie würde nicht tatenlos zusehen, wie noch mehr Menschen starben. Sie würde keine Mrs. Shipman sein.
    Sie schloss den Wandschrank auf, in dem Frederick die Aufnahmen seiner Sitzungen aufbewahrte. Er kam ihr regelrecht vor wie ein Besessener, wie er sich diese Aufnahmen immer und immer wieder ansah. Vor Jahren, als er noch Videobänder benutzt hatte, hatte sie geargwöhnt, dass es sich um Pornofilme handelte, aber nachdem sie einige Male an seiner Tür gelauscht hatte, war diese Sorge schnell verflogen. Kein lustvolles Stöhnen und Seufzen, keine ekstatischen Schreie. Die einzigen Geräusche, die durch die schwere Tür drangen, waren gemurmelte Geständnisse, die beruhigende Stimme des Therapeuten, verzweifeltes Schluchzen.
    Die DVDs waren nach Fallnummern sortiert, nicht nach Namen, sie würden sich also anhand der Patientenakten leicht zuordnen lassen.
    Frederick würde erst in einigen Stunden aus der Klinik nach Hause kommen. Dorothy nahm die erste DVD aus der Hülle und schob sie in den Recorder. Dann ging sie zu der Couch, auf der so viele Patienten ihres Mannes erzählt und geweint hatten, und setzte sich.

43
     
    A uch wenn Cardinal zur Zeit nicht so viele Fälle zu bearbeiten hatte wie gewöhnlich, durfte er die kleinen Delikte, mit denen man in einer kleinen Stadt zu tun hatte, nicht vernachlässigen. Anzeigen wegen Einbruch, Diebstahl und Körperverletzung mussten überprüft werden, und fürs Gericht war jede Menge Papierkram zu erledigen.
    Am Vormittag hatte er Delorme bei der Suche nach der ehemaligen Mrs. Rowley geholfen, aber im Moment brauchte seine Kollegin ihn nicht, und so hatte er Zeit, weiterhin diskrete Informationen über Dr. Bell einzuholen. Im Internet fand er Zusammenfassungen von Aufsätzen, die der Arzt veröffentlicht hatte, Hinweise auf Gremien, in denen er tätig gewesen war, Informationen über die Titel, die er erworben hatte, und über sämtliche Clubs und Vereinigungen, bei denen er je Mitglied gewesen war. Zunächst konzentrierte sich Cardinal auf Bells ersten Arbeitsplatz, die Kensington Clinic in London. Leider erklärten beide Ärzte, die damals mit Bell zusammengearbeitet hatten, sie seien zu beschäftigt, um sich mit ihm über einen ehemaligen Kollegen zu unterhalten.
    Mehr Glück hatte Cardinal mit Dr. Irv Kantor am Swindon General Hospital. Dr. Kantor sprach mit dem sorgenvollen Ton eines ehemaligen Freundes.
    »Ich habe Frederick immer für einen guten Psychiater gehalten«, sagte er. »Fleißig, klug, produktiv, mitfühlend. Auf dem Fachgebiet der manischen Depression war niemand so versiert wie er. Niemand.«
    »Aber Sie scheinen Ihre Zweifel zu haben«, bemerkte Cardinal.
    »Nun, dann gab es all die Probleme.«
    »Was für Probleme?«
    »Frederick war damals Assistenzarzt bei uns, aber er erhielt einen Verweis, weil er zu große Mengen Medikamente verschrieb, und das bedeutete, dass er nie eine feste Stelle als Stationsarzt bekommen würde.«
    »Um welche Art von Medikamenten ging es denn?«
    »Schlafmittel. Ich glaube, aufgrund der enormen Mengen, die er verschrieb, ging der Disziplinarausschuss davon aus, dass er selbst tablettensüchtig war, aber das war er nicht. Er verteilte die Schlafmittel einfach an zu viele Patienten, und einige davon haben sich mit Hilfe der Tabletten, die er ihnen verschrieben hatte, das Leben genommen.«
    »Wurde er wegen Fehlbehandlung angeklagt?«
    »Die Angehörigen eines Patienten haben versucht, eine Klage durchzusetzen, aber kein Psychiater war bereit auszusagen, dass es ein schwerer Behandlungsfehler ist, einem Patienten mit Schlafstörungen Schlafmittel zu

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