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Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Titel: Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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wieder normal und unbefangen sein, nachdem er jahrelang mit ansehen musste, wie sie unter Rob zu leiden hatte. Sie selbst würde auch nie wieder normal und unbefangen sein, nachdem sie gesehen hatte, wie ihr Vater ihre Mutter verprügelte. Während Caroline dort am Boden lag und ihre Kräfte sammelte, überlegte sie, ob ihre Strategie klug war. Vielleicht sollte sie Robs Forderungen nachkommen, und sei es nur wegen des kleinen Jungen, dessen Namen sie nicht kannte. Sie musste darüber nachdenken.
    Zunächst einmal standen ihnen zwei, drei Tage in diesem Niemandsland bevor. Im Augenblick hatten sie ein paar Stunden Ruhe. Rob schlief; sie hörte sein Schnarchen laut durch die dünne Wand hindurch, die das vordere Zimmer von seinem Schlafraum mit dem wackligen Bett trennte.
    Ein paar Stunden würden reichen müssen.

Asheville
    Montag, 19. März, 11:00 Uhr
    Am Aufzug traf Toni auf Steven. Ihre Miene war entschlossen. »Die Fahndung läuft, Steven. Ich habe Hubschrauber-Suchtrupps und eine Mannschaft losgeschickt, nach der Hütte zu suchen. Wir finden deinen Sohn.«
    Steven brachte nur ein knappes Nicken zustande und folgte Toni in ihr Büro. Seine Nerven waren völlig betäubt und empfindungslos. Sein Kleiner. Dieses Schwein hatte seinen Kleinen geraubt. Er sah sich im Dienstraum um und sah, dass die Augen aller Beamten voller Mitgefühl auf ihn gerichtet waren.
    Sie glaubten, dass Winter der Verbrecher war.
    Endlich.
    Der Mistkerl musste erst seinen Sohn entführen, damit diese Arschlöcher endlich erkannten, was doch schon längst klar auf der Hand lag. Ihre mitleidigen Blicke, die zu spät kamen, waren es, die ihn schließlich ausrasten ließen. Wut schoss in ihm hoch, und er blieb stehen. Er blickte jedem einzelnen Mann direkt in die Augen, jedem einzelnen Mann, der ihm vor zwei Wochen noch mit offener Feindseligkeit und mit Misstrauen begegnet war, weil er die unfassbare Unverschämtheit besaß, einen ihrer geschätzten Kollegen der Misshandlung seiner Ehefrau zu bezichtigen. Sie kannten Winters. Sie kannten seine Frau. Sie mussten doch etwas gesehen haben.
    Irgendjemand
musste doch
irgendetwas
gesehen haben.
    »Ihr scheinheiligen Mistkerle, jeder Einzelne von euch«, stieß Steven hervor.
    Toni zog ihn am Arm. »Steven, jetzt ist weder die Zeit noch der …«
    Steven schüttelte ihre Hand ab und wandte sich den Polizisten zu. »Ihr habt ihn gesehen. Ihr habt ihn bei der Arbeit gesehen. Ihr kanntet seine Frau. Ihr müsst doch gesehen haben, wenn sie im Winter eine Sonnenbrille und im Sommer eine langärmelige Bluse trug.« Er fuhr herum und funkelte einen Detective an, dessen Namensschild ihn als G. West auswies. »Sie, West. Haben Sie Mary Grace Winters gekannt?«
    West senkte den Blick. »Ja.«
    »Haben Sie sie jemals mit Blutergüssen gesehen?«
    West hob den Blick, und Steven las Schuldbewusstsein in seinen Augen. »Ja. Rob sagte, sie wäre tollpatschig.«
    »Und Sie haben ihm geglaubt«, sagte Steven mit beißendem Hohn. »Sie haben ihm geglaubt, nicht wahr?«
    West sah zu Boden. »Ja.«
    »Dann trifft Sie genauso viel Schuld«, zischte Steven. Er ließ seinen zornigen Blick durch den Raum schweifen, doch keiner der Männer konnte ihm in die Augen sehen. »Sie alle sind schuldig. Und was wollen Sie dagegen unternehmen?« Nur mühsam gelang es ihm, nicht völlig die Beherrschung zu verlieren. »Weil Sie damals nichts unternommen haben, hat er vielleicht drei Menschen, vielleicht auch mehr umgebracht. Weil Sie damals nichts unternommen haben, ist seine Frau ihm jetzt wieder ausgeliefert.« Er schlug mit der flachen Hand auf einen Schreibtisch, was den Beamten dahinter zusammenfahren ließ. »Und
mein
Sohn ist ihm ausgeliefert, verdammt.« Seine Stimme brach, aber das war ihm vollkommen egal. »Sagen Sie mir,
was Sie dagegen unternehmen wollen?«
    Niemand äußerte ein Wort, und Steven ließ verzweifelt und geschlagen den Kopf hängen.
    »Kommen Sie, Steven«, drängte Toni mit sanfter Stimme.
    »Moment.«
    Steven drehte sich um und sah einen der Detectives zitternd neben seinem Schreibtisch stehen. Es war Crowley, der Detective, der den betrunkenen Ben Jolley an Stevens erstem Tag in Asheville nach Hause gefahren hatte. Vor zwei Wochen. Als sein Kleiner noch in Sicherheit und Winters nur der Name auf einer Akte gewesen war. »Was denn, Crowley?«
    »Sie haben Recht.« Crowley holte tief Luft. »Größtenteils. Ich habe Mary Grace gekannt und auch Robbie. Ich habe geglaubt, Rob zu kennen. Ich habe mich

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