Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
eine Zeitung und so Zeug. Nichts Wichtiges und auch nichts, was jemand anderem nützen könnte – soweit ich das beurteilen kann. Mein Portemonnaie und meine Kreditkarte habe ich immer bei mir.« Sie klopfte sich auf die Schultertasche. Aber die Frau schien sich persönlich angesprochen zu fühlen, als würde Felix sie verdächtigen, die Tasche geleert zu haben. Das gab ihr die Chance für einen zweiten Vorstoß.
»Gäbe es eventuell die Möglichkeit, dass Sie mir einen Kontakt zum Käufer herstellen, damit ich ihm ein Rückkaufangebot machen kann?«
Sie schüttelte bedächtig den Kopf. Das ginge leider nicht. Sie sei nicht befugt, die Namen der Käufer preiszugeben.
»Sie bedeutet mir aber so viel.« Felix fiel es nicht weiter schwer, auf Kommando in Tränen auszubrechen. Es lagenso viele Gefühle an der Oberfläche, die nach draußen drängten, und die Erschöpfung tat ihr Übriges.
»Na, na. Wir finden schon eine Lösung dafür. Ist ja heute nicht so viel los.«
Die Frau zeigte Felix eine Bank in der Ecke des Raumes.
»Setzen Sie sich doch solange dort hinten hin. Ich werde den Käufer jetzt anrufen und fragen, ob er zu einem Gespräch bereit ist. Ich werde das schon erklären können.«
Gehorsam begab sich Felix zu der Sitzecke und tupfte sich Nase und Augen mit einem Taschentuch, während ihre neue Freundin sich der Sache annahm. Schon fünf Minuten später hatte sie eine Adresse in Hjortshøj in der Hand und machte sich auf den Weg zum Parkplatz. Das war das einzige Überbleibsel ihres früheren Luxus, dachte sie, als sie die Fernbedienung betätigte: ein schwarzer BMW Geländewagen.
Plötzlich hatte sie das sonderbare Gefühl, beobachtet zu werden, und zum ersten Mal schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, dass ihre Handlungen sie auch in Gefahr bringen konnten. Menschen waren bereits umgekommen. Und der Täter hatte schon zweimal getötet und würde es erneut tun können.
Unruhig sah sie sich um, musterte alle Passanten misstrauisch. Aber es war, als würde der Schnee auch ihr Gemüt dämpfen können. Das Leben ging weiter. Sie war umgeben von Menschen, die ihr Leben weiterführten, einkaufen gingen, ihre Kinder zu Schule brachten und zur Arbeit fuhren. Auf einmal kam es ihr so lächerlich vor, dass sie Angst hatte und sich verfolgt fühlte. Sie konnte es sich nur mit dem monatelangen Schlafentzug erklären, der sie so überdreht sein ließ. Sie stieg in den Wagen, tippte die Adresse ins GPS und fuhr los.
K APITEL 48
Im Sommer war der Yachthafen von Marselisborg ein wahres Schmuckstück, ganz in der Nähe der Villengegend von Skåde und Højbjerg. Peter hatte nur ein einziges Mal das Vergnügen gehabt, als er dort mit Matti und seiner Frau Crêpes essen war. Das Wetter war phantastisch gewesen und die Restaurants und Eisverkäufer hatten das Geschäft ihres Lebens gemacht.
Aber er hätte sich was Besseres vorstellen können, als den heutigen Tag an diesem Ort zu verbringen.
Er warf die Autotür mit einem lauten Knall zu und schlug den Kragen seiner Jacke gegen den beißenden Wind hoch. Er war direkt nach seinem Besuch in Horsens hierhergefahren. Ein heimeliger Ort jagte den nächsten.
Mühsam stapfte er durch den Schnee hinunter zu den geschlossenen Restaurants und den wenigen Booten, die am Kai lagen. Die Masten und Relings waren vereist, auf den hölzernen Brücken und Pontons war es spiegelglatt. Die Fassaden der Hafengebäude sahen kalt und abweisend aus. Er umrundete den hoteleigenen Stellplatz, auf dem scheinbar willkürlich zusammengewürfelte Boote auf Stativen standen und wie gestrandete Möwen aussahen.
Erik Gomez Andersen. Der Name hatte sich in seinen Kopf eingraviert. Es gab unzählige ungelöste Rätsel, klar war aber, dass es eine Verbindung zwischen Erik und Ramses gab und somit auch zu seiner eigenen, erbärmlichen Geschichte, von der er sich zu lösen versuchte. Wen wollte Erik im Gefängnis besuchen? Was hatte er mit dieser Sache von Fischer-Brian, Ramses und Stinger zu tun?
Peter zog seine Strickmütze tiefer ins Gesicht. Felix hatte diesen Mann tatsächlich geliebt, trotz seiner Affären und seiner Unaufrichtigkeit. Ein Großmaul, der mit dem Geldnur so um sich geworfen hatte? Ein Aufschneider, der seine Frau betrogen und sie mit einem Haufen Schulden sitzen gelassen hatte?
Das Schneetreiben verminderte die Sicht beträchtlich. Er stapfte durch Schneewehen und gefrorene Eispfützen. Einige Menschen galten als wichtige Stützen der Gesellschaft. Niemand wäre auf die Idee
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