Eiskalt Wie Die Suende
sah sich um.
âJa, tut mir leid. Mehr ist es nicht.â Denny stellte die Laterne auf einem Tisch ab, auf dem ein von Flecken nur so strotzendes kariertes Tischtuch lag, und zündete eine Kerze an. Auf dem Tisch fanden sich noch die Karten einer angefangenen Partie Solitaire, daneben stand eine Tasse mit einem dunklen Bodensatz, wo der Tee eingetrocknet war. Ein Holzstuhl lag umgeworfen auf dem Steinboden, daneben ein eilig beiseitegeschobener Flickenteppich.
Neben einem alten Kleiderschrank, dessen Türen von der Feuchtigkeit so stark verzogen waren, dass sie kaum noch schlossen, stand an der hinteren Wand ein Bett. Allem Anschein nach war es sauber und ordentlich gemacht worden, doch die zerwühlte Tagesdecke darauf lieà vermuten, dass jemand â oder wohl eher ein Paar â es benutzt hatte, ohne sich die Mühe zu machen, es aufzudecken.
Die Wände waren von zahlreichen Rissen durchzogen, von bräunlichen Stockflecken und Schimmel verunstaltet. An vielen Stellen war der Putz abgebröckelt, und an den AuÃenwänden war das bloÃe Mauerwerk sichtbar, an den Innenwänden verrottete Holzsparren. Ãber einer alten Schiffstruhe war ein dunkler Fleck an der rechten Wand â ein groÃer rotbrauner Klecks, umgeben von kleinen, teils winzigen Spritzern. Auch auf der Truhe war Blut. Johnny Cassidy musste nach dem Schuss zunächst daraufgefallen sein, bevor er zu Boden gestürzt war. Auf den rauen Steinen konnte man nur zu deutlich die groÃe eingetrocknete Blutlache erkennen.
âHier müsste mal gründlich geputzt werdenâ, meinte Nell.
âÃhm, ja ⦠der Typ, der vorher hier gewohnt hatâ, sagte Denny, âdem haben sie hier vor ein paar Tagen in den Kopf geschossen. War gleich tot.â
âDavon haben wir gehörtâ, sagte Will. âJohnny Cassidy, nicht wahr?â
âJa, er und Mary Molloy haben hier gewohnt.â
âUnd wo ist sie abgeblieben?â, fragte Nell.
âWeg.â
âWie weg?â, fragte Will.
Der Junge zuckte mit den Schultern, schüttelte den Kopf und schien seinen Blick auf alles zu richten, nur nicht auf Will. âDas weià keiner. Nachdem man Johnny erschossen hatte, ist sie abgehauen.â
âWoher willst du denn wissen, dass sie abgehauen ist?â, fragte Nell. âImmerhin ist hier ein Mord geschehen. Vielleicht ist ihr ja auch was zugestoÃen. Man könnte ihr etwas angetan haben oder sie gegen ihren Willen von hier fortgebracht haben.â
âNeeâ, meinte Denny und schüttelte entschieden den Kopf, ohne sie allerdings anzusehen. âSo warâs nicht. Also, ich meine ⦠ich hoffe, dass es nicht so war.â
âWenn du weiÃt, wo sie istâ, sagte Will, âwäre es gut, wenn du uns das sagen würdest. Wir wollen schlieÃlich nicht, dass sie plötzlich hier auftaucht und ihre Wohnung zurückwill, nachdem wir gerade eingezogen sind.â
âIch wünschte, ich wüsste, wo sie istâ, sagte Denny. âIch machâ mir solche Sorgen um sie.â
âMagst du sie?â, fragte Nell ihn.
Der Junge errötete heftig. âSie ist schon in Ordnung.â
âIch habe drauÃen im Fenster ihr Bild gesehenâ, meinte Nell. âSie ist sehr hübsch.â
Denny schluckte so heftig, dass sein Adamsapfel auf und nieder hüpfte. Rasch griff er nach der Laterne. âTja, ähm ⦠haben Sie genug gesehen?â
âFührt die hier nach drauÃen?â Will zeigte auf eine Tür an der hinteren Wand, neben einem kleinen Fenster, das sich knapp unterhalb der Decke befand und vor das ein Vorhang gezogen war.
âAch, die ⦠ja.â Mit seiner Laterne ging er zu der Tür hinüber und schloss sie auf. Als er sie aufstieÃ, quietschten die rostigen Scharniere, und man konnte hinausblicken auf ein paar schmale Steinstufen, die hinauf in den Hinterhof führten. âWenn Sie wollen, haben Sie hier Ihren separaten Eingang. Sie müssen nicht durch den Saloon gehen, wenn Sie nicht wollen.â
âUnd was ist da drauÃen denn noch so?â, fragte Will, als er die wenigen Stufen hinaufstieg, dicht gefolgt von Denny und Nell. âStallungen?â
âNee, hier gibtâs keine Stallungen. Nur ein Klo und den alten Hühnerstall, wo Finn wohnt.â
âEr wohnt im Hühnerstall?â
âHat ihn sich hergerichtet.â
Im Schein des zunehmenden Mondes konnte
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