Eiskalt Wie Die Suende
sie, was?â, fragte Nell mitfühlend. âMary, meine ich.â
Der Junge nickte traurig. âJetzt wird es hier nie wieder so sein wie früher. Weil sie weg ist, und Detective Cook auch â¦â
âCook ist übrigens wieder aufgetauchtâ, sagte Will.
âEr ist wieder da?â, fragte Denny freudig, doch sein Strahlen schwand jäh dahin, als er ihrer beider düstere Mienen sah. âDie glauben wohl, dass er es war, was?â
âEr ist verhaftet wordenâ, bestätigte Will. âGestern Nachmittag ist er angeklagt worden, was bedeutet, dass er vor Gericht gestellt wird. Man hat ihn des Mordes beschuldigt, er beteuert aber weiter seine Unschuld. Doch weil der Richter seine Freilassung auf Kaution abgelehnt hat, muss er bis zur Verhandlung in Haft bleiben.â
âUnd dann?â, fragte Denny.
âDann hoffen wir, dass er freigesprochen wirdâ, erwiderte Will.
âWeil er nicht schuldig istâ, bekräftigte Nell.
âGlauben Sie denn, dass er freikommt?â, fragte der Junge, als Nell und Will sich schon zur Treppe umgewandt hatten.
Sie blieben stehen und sahen sich fragend an.
SchlieÃlich meinte Nell: âIch verspreche dir, dass wir wirklich alles tun werden, was in unserer Macht liegt, damit er freikommt.â
Nachdem sie wieder oben waren, befragten Nell und Will erneut alle, mit denen sie bereits zuvor gesprochen hatten. Vielleicht war ja irgendjemandem in der Mordnacht eine zusammengefaltete Zeitung aufgefallen. Verständlicherweise brachte ihnen diese Frage einige höchst befremdete Blicke ein, denn wen kümmerte schon eine vier Tage alte Zeitung?
âIst wahrscheinlich mit dem Müll rausgeflogenâ, meinte Mutter Nabby.
Eintausend Dollar, dachte Nell, einfach so im Müll gelandet. Der Gedanke war ihr schier unerträglich.
Finn Cassidy kam ins Hinterzimmer gepoltert, noch immer in seiner schweiÃfleckigen Boxerhose, die nackte Brust von Blutspritzern gesprenkelt. Pru eilte hinter ihm her und trug ein rot verschmiertes Handtuch so triumphierend in der Hand, als wäre es eine Trophäe.
âIch hab gehört, dass Sie nach mir gesucht haben â vorhin, als ich im Ring warâ, sagte Finn. âRiley hat gemeint, Sie hätten nach dem Krüppel gefragt, den Johnny am Montagabend vor die Tür gesetzt hat. Ich hab den Typen vorher noch nie gesehân und seitdem auch nicht mehr. Ist das ein Freund von Ihnen?â
âIch dachte, es könnte vielleicht dieser eine Bursche sein, den ich damals während des Krieges kannteâ, sagte Will, âaber wahrscheinlich â¦â
âDa bist du ja, du kleines Miststückâ, knurrte Mutter.
Als sie sich umdrehten, sahen sie Denny an der Tür stehen und Finn argwöhnisch beäugen. Sein Gesicht und seine Kleider waren voller schwarzer RuÃflecken, und er hatte etwas unter den Arm geklemmt.
âWurde ja auch langsam Zeit, dass du dich mal wieder hier oben blicken lässtâ, fand Mutter. âWas hast du denn da?â
Denny hielt es kurz hoch, damit sie es sehen konnte, schaute dabei aber Nell und Will an. âOch, nur ⦠nur soâne Zeitung.â
17. KAPITEL
Mit einem Satz war Finn bei Denny angelangt und schnappte sich die Zeitung. âHast du da unten etwa schon wieder gelesen?â
âDas macht er die ganze Zeitâ, petzte Pru, während sie Finn andächtig mit dem Handtuch über Schultern und Rücken rieb.
Der hingegen ballte schon die Faust und meinte: âIch glaube, dass er mal eine kleine Erinnerung braucht, was er hier eigentlich â¦â
âDas ist meine Zeitungâ, schaltete Will sich ein und zog rasch die Zeitung aus Finns Händen. âIch hatte schon die ganze Zeit danach gesucht. Danke, Denny. Du bist wirklich ein guter Junge.â
âHa, wenn Sie wüsstenâ, höhnte Pru. âEine miese kleine Kanalratte ist das.â
Ãrgerlich stieà Finn sie beiseite, als sie ihm auch noch das Gesicht abtupfen wollte. âWillst du wohl endlich damit aufhören? Ich krieg ja kaum noch Luft, wenn du die ganze Zeit so an mir dranhängst.â
âApropos Kanalratteâ, meinte Mutter. âSkinner war eben da, um seinen Wochenlohn einzustreichen. Er hat gesagt, sie hätten den miesen Bullen gefasst, der Johnny erschossen hat. Sie wissen schonâ, sagte sie an Nell und Will gewandt, âder arme Bursche, der die Wohnung hatte, die Sie
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