Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
zerfällt sie bei der geringsten Berührung.«
Ulla Fredén reichte ihm eine 3D-Brille und setzte ebenfalls eine auf.
Konzentriert betrachtete Holtz das dreidimensionale Bild des Leichnams, der ein Stück vor der Leinwand zu schweben schien. Er ließ sich auf Knopfdruck in verschiedene Richtungen drehen.
»Ich begreife kaum, wie das alles funktioniert«, meinte Holtz.
»Eigentlich ist es nicht weiter schwierig. Die Tomographie erzeugt dreidimensionale Bilder des Körperinneren. Es sind also nur ein Röntgengerät, Magnetfeld- oder Radioaktivitätsmessungen, gehobene Mathematik und leistungsfähige Rechner nötig«, sagte sie mit unverhohlenem Stolz. »Schau jetzt mal.«
Die Leiche schien sich zu teilen, Schichten lösten sich ab, und ein Oberschenkelknochen trat in den Mittelpunkt. Dann tauchte die Kniescheibe auf und rotierte langsam auf sie zu.
»Unglaublich! Eine Prothese. Und das bei einem so jungen Menschen«, sagte Holtz.
»Ja. Das ist ungewöhnlich. Ich nehme sie morgen heraus, dann erfährst du die Seriennummer.«
»Die ist jetzt noch nicht zu sehen?«
»Nein. So weit ist die Technik noch nicht gediehen. Aber das ist vermutlich nur eine Frage der Zeit. Gibt es übrigens irgendwelche Theorien zur Identität des Toten?«
Holtz antwortete nicht. Er sah abwechselnd auf die verbrannte Leiche, die vor ihm schwebte, und auf die Stahltür zum Kühlraum.
»Der andere Tote dort drinnen ist doch Johan Seger, oder?«, fragte er.
»Ja. Der mit dem Pfeil im Hals. Er wird morgen in Erwartung eines Beschlusses der Ermittlergruppe an einen geeigneteren Aufbewahrungsort verlagert.«
D ie drei Föhren, die er sorgsam im Schutz des Bretterzauns gepflanzt hatte, waren vom nassen Schnee zu Boden gedrückt worden. Ulf Holtz bürstete sie vorsichtig ab und zog die Handschuhe aus, um Nägel in den Bretterzaun zu schlagen. Behutsam band er die Pflanzen mit einem Stück Schnur daran fest. Es dauerte eine Weile, aber schließlich standen die drei Bäume wieder aufrecht. Er hoffte, sie würden sich erholen und im Frühling weiterwachsen, sodass er sie in die Pflanzkästen, die er bereits vorbereitet hatte, umpflanzen konnte. Aber allmählich begann er, am Erfolg seiner Bonsai-Projekte zu zweifeln. Die Föhren schienen nicht richtig Wurzeln schlagen zu wollen, obwohl er jetzt schon über zwei Jahre an ihnen herumlaborierte. Seine Töchter verspotteten ihn bei jedem Besuch und schlugen ihm vor, sich gleich einen fertigen Bonsai zu kaufen. Er wollte aber nicht schummeln. Er warf den Föhren einen aufmunternden Blick zu und kehrte ins Warme zurück.
Der Ordner mit den DNA -Ergebnissen aus dem Adlerhorst lag in der Diele. Er nahm ihn in die Küche mit, nachdem er den Schnee von seiner Jacke geschüttelt und sie aufgehängt hatte.
Er schaltete den Wasserkocher ein und goss sich eine Tasse Zitronentee auf. Während der Teebeutel das Wasser langsam verfärbte, sah er die Todesanzeigen in der Zeitung durch, die seit dem Morgen unbeachtet auf dem Küchentisch gelegen hatte. Er hatte das Abonnement schon oft kündigen wollen, da er nie die Zeit fand, die Zeitung gründlich zu lesen. Normalerweise brachte er sie zur Recyclingstation, ohne auch nur darin geblättert zu haben. Er überflog die Todesanzeigen und Nachrufe und stellte fest, dass er weder jemanden kannte noch sich für das vortreffliche Leben interessierte, das diese Leute geführt zu haben schienen, ehe eine Krankheit oder ein Unfall sie aus dem kurzen Erdendasein gerissen hatte.
Holtz pustete auf den Tee und trank einen Schluck. Er war bereits abgekühlt und schmeckte bitter.
Auf dem Heimweg von der Pathologie hatte er bei Ellen angerufen und mit ihr seine Theorie diskutiert. Sie hatte versprochen, das GFFC zu bitten, die Analyse des DNA -Materials von der verbrannten, kaum noch menschlichen Leiche zu beschleunigen.
Die Ermittler gingen davon aus, dass der Tote einem Verbrechen zum Opfer gefallen war und der Brand dieses Verbrechen verschleiern sollte. Eigentlich deutete nichts darauf hin, aber aus Erfahrung wussten sie, es war schwierig aufzuholen, wenn man nicht von Anfang an vom Schlimmsten ausging. Sollte sich herausstellen, dass es sich doch um einen Unfall oder einen Selbstmord gehandelt haben sollte, so hatten sie sich immerhin nichts vorzuwerfen.
Aber einstweilen wussten die Ermittler weder, wer die tote Person war, noch, warum sie im Flammenmeer zurückgeblieben war.
Holtz legte die Zeitung wieder zusammen, öffnete die Mappe vom GFFC und überflog die
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