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Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)

Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)

Titel: Eiskalte Rache: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Varg Gyllander
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hatte, und holte dann, was er brauchte. Die Schachtel mit dem Papier und die Dose mit dem Tabak. Er drehte sich sorgfältig zwei Stück. Zündete die eine an und genehmigte sich einen tiefen Zug. Er behielt den Rauch in der Lunge und spürte, wie sich die Stille in seinem Körper ausbreitete und die Muskeln sich entspannten. Die Schmerzen im Bein ließen langsam nach, während er rauchte. Die andere Zigarette legte er in ein Metalletui.
    Er dachte darüber nach, ob er sich noch weitere Zigaretten drehen sollte, beschloss dann aber, damit noch zu warten. Früher hatte er nie im Haus geraucht, aber so etwas spielte jetzt keine Rolle mehr.
    Er ging von einem Zimmer ins nächste. Hier war nie ummöbliert worden. Das Sofa im großen Zimmer, die Esszimmermöbel, die Kommode und der schwere Amerikakoffer in der Diele schienen auf ewig an ihrem richtigen Platz zu stehen.
    Die Küche war alt und unmodern, und der Geruch des Holzherdes vermittelte ihm Geborgenheit. Hier hatte er sich immer wohlgefühlt. Der Holzfußboden war im Laufe der Jahre unzählige Male mit Schmierseife geputzt worden und ganz weich unter den Fußsohlen. Als Kind hatte er es geliebt, barfuß in der Küche herumzulaufen. Kleine, zarte Füße auf seidigen Dielen.
    Das weiche Holz und der Geruch des Ofens hatten auf ihn als Kind beruhigend gewirkt und ihm geholfen, das Böse zu verdrängen. Jetzt war es leer und still, und er hatte schon lange gelernt, mit dem Schmerz zu leben. Mit langsamen Schritten verließ er die Küche und ging die Treppe hoch. Sie knarrte. Das Geländer saß lose und wackelte, als er sich abstützte.
    Er ließ die Handfläche darübergleiten, als er die neunzehn Treppenstufen nach oben ging. Er wusste, dass es genau neunzehn waren, da er sie oft gezählt hatte. Die Treppe war als Kind regelrecht eine Bedrohung für ihn gewesen. Ein sich schlängelndes Holzmonster, das ihn jedes Mal höhnisch angelächelt hatte. Jede Treppenstufe war ein Hindernis gewesen. Immer diese Hindernisse!
    Das erste Mal, als er allein die Treppe hinaufgegangen war, hatte es ihn seine ganze Kraft gekostet. Er hatte sich am Geländer festgeklammert. Erst mit neun oder zehn war es ihm geglückt, bis ganz nach oben zu gelangen, ohne innezuhalten.
    Anfänglich war er meist allein oder mit seiner Mutter zusammen gewesen. Manchmal auch mit seinem Vater. Sie hatten über ihn gewacht und darauf geachtet, dass ihm nichts zustieß. Erst als er eingeschult wurde, waren sie gezwungen, ihn anderen anzuvertrauen. Er erlebte eine Mischung aus Freiheit und Angst. Aber er erwarb auch Wissen. Denn erst in der Schule begriff er richtig, dass er nicht so war wie andere. Die Lehrerin setzte ihn auf einen Platz ganz hinten. Da hast du es nicht so weit, wenn Pause ist, sagte sie. Ganz hinten. Neben der Tür und dem Papierkorb und dem Haken, an den die Lehrerin ihren Mantel hängte. Die Jacken der Kinder hingen vor dem Klassenzimmer.
    Er fand es erst seltsam, die anderen Kinder nur von hinten sehen zu können. Er sah ihre Gesichter nur, wenn sie die Köpfe zusammensteckten und sich mit einem kalten Lächeln zu ihm umdrehten. Sie lachten und kicherten. Die Köpfe dicht aneinander. Später gewöhnte er sich daran, dass er derjenige war, der alles mit Abstand betrachtete. Langsam sah er ein, dass er nicht so war wie die anderen. Auf dem Schulhof stand er immer neben dem Tor, wenn die anderen Fußball oder Himmel und Hölle spielten. Im Winter lieferten sich die anderen Schneeballschlachten. Wenn die Kinder zum Mittagessen ins Gebäude rannten, musste ihm seine Lehrerin in den Speisesaal helfen. Dort saß er dann am Lehrertisch. Er brauchte schließlich Hilfe, bei den anderen Kindern war es zu chaotisch, außerdem lief ihm beim Essen die Hälfte wieder aus dem Mund.
    Aus seinem schiefen Mund, der sich nicht ganz schließen ließ.
    Später wurden die Bücher seine Welt. Die fantastischen Worte. Und die Hausaufgaben. Rätsel, die bezwungen werden mussten. Alles fiel ihm leicht. Er war immer Klassenbester. Mit dem Wissen kamen die Einsichten, und schließlich hatte er alle Hindernisse überwunden.
    Außer einem.
    Dem Gefühl, nirgendwo hinzugehören.
    Im Obergeschoss lagen zwei gleich große Zimmer. In dem einen hatten die beiden Erwachsenen gewohnt, das andere hatte er für sich gehabt.
    Er blieb in der Tür des Zimmers der Erwachsenen stehen und betrachtete lange das große Bett mit dem darauf ausgebreiteten Überwurf, den Sekretär und die beiden Nachttische mit den Olle-Malm-Lampen. Sie

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