Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
Leben wünschen, ohne ihn.
Eine junge Kellnerin trat an ihren Tisch, reichte ihnen die Speisekarten und fragte, ob sie noch etwas trinken wollten, während sie wählten.
»Noch einen Kognak«, sagte Holtz.
»Ich trinke Rotwein«, sagte Nahid.
»Erzähl weiter«, sagte er finster, als sie wieder allein waren.
»Wie seltsam du aussiehst! Was ist los?«
»Ich weiß nicht, was du mir erzählen willst, aber bislang klingt es nicht sonderlich vielversprechend.«
Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich.
»Wie meinst du das?«
»Erzähl erst einmal fertig.«
Die Kellnerin brachte die Getränke und fragte, ob sie schon bestellen wollten. Sie waren aber noch nicht so weit und baten, noch ein wenig überlegen zu dürfen. Nahid Ghadjar konzentrierte sich wieder auf die Speisekarte.
»Willst du eine Vorspeise?«
»Ja, warum nicht. Was nimmst du?«
»Gegrillte Jakobsmuscheln mit frischem grünem Spargel klingt doch lecker?«
»Ja, warum nicht?«, erwiderte Holtz. Es fiel ihm schwer, sich auf die Speisekarte zu konzentrieren. Er musste sie immer wieder von vorne lesen, da seine Gedanken abschweiften.
»Entscheide du.«
Nahid vertiefte sich in die Karte und ließ sie dann sinken.
»Erst die Jakobsmuscheln, dann zart gebratenen Lammrücken mit Thymian, Herbstpilzen und Rösti.«
Holtz hatte nichts dagegen einzuwenden. Er wäre mit allem einverstanden gewesen. Die Kellnerin kehrte zurück, nahm ihre Bestellung entgegen und fragte, was sie trinken wollten und ob er sich die Weinkarte angesehen habe. Er nickte zu Nahid hinüber.
»Dafür ist meine Begleiterin zuständig. Ich trinke sonst nur Weine aus dem Karton und kann nur rot und weiß unterscheiden.«
Die Kellnerin lächelte gezwungen und wandte sich an Nahid. Nach einer kurzen Diskussion über verschiedene Weine und darüber, ob sie wohl zu den gewählten Gerichten passten, war man sich einig, und die Kellnerin ging.
»Erzähl weiter. So hat es also angefangen«, sagte er.
»Genau. Die Bar eines Fünf-Sterne-Hotels ist eine Bühne, auf der jeder mitspielen darf. Globale Geschäftsleute in teurem Tuch, Rockstars in Jeans, Touristen und sogar ein armes Mädchen mit Migrationshintergrund aus der Vorstadt. Alle werden gleich behandelt, da niemand so genau weiß, wer eigentlich dort sitzt. In der Hotelbar habe ich gelernt, dass das, was man sieht, nicht unbedingt das ist, was man zu sehen glaubt.« Sie trank einen Schluck Rotwein.
Ulf Holtz nickte und wartete auf die Fortsetzung.
»Hier erkannte ich auch, dass ich, wenn ich in der großen Welt mitspielen und nicht nur zuschauen wollte, eine Ausbildung benötigte, mich auf mich selbst konzentrieren und etwas riskieren musste«, sagte sie.
»Und das war alles, was ihr getan habt? Ihr habt hier gesessen und wart Teil der großen Welt?«
»Ja, wenn uns die Normalität zu anstrengend wurde, dann fuhren wir hierher, aber das ist jetzt lange her«, antwortete sie.
Ulf Holtz merkte, dass seine Anspannung nachließ. Er hatte übereilte Schlüsse gezogen. Das war eigentlich nicht seine Art, aber was Nahid Ghadjar betraf, war er nicht ganz zurechnungsfähig.
Die Kellnerin brachte die Vorspeise und ließ Nahid den Wein kosten, bevor sie ihnen beiden einschenkte und sich zurückzog.
»Sie hat uns keinen guten Appetit gewünscht«, sagte Holtz.
»Das ist in einem solchen Restaurant auch nicht nötig. Sie weiß, dass es gut ist, und geht davon aus, dass wir das auch wissen«, meinte Nahid.
»Es hat ganz den Anschein, als müsste ich noch einiges dazulernen.« Holtz machte sich über seine gegrillten Jakobsmuscheln her.
Nachdem sie die Vor- und die Hauptspeise gegessen und fast die ganze Flasche Wein geleert hatten, ohne den Grund ihres Treffens auch nur mit einem Wort zu erwähnen, saß Ulf Holtz wie auf glühenden Kohlen. Er rückte unruhig auf seinem Stuhl hin und her und wartete auf die richtige Gelegenheit. Diese stellte sich jedoch nicht ein. Nahid Ghadjar kam ihm zuvor.
»Ulf«, sagte sie und streckte ihre Hand über den Tisch, der bereits fast ganz abgedeckt war. Er schob seine Hand auf ihre zu und war sich nicht sicher, ob er sie nehmen sollte oder nicht. Er nahm sie.
»Ich weiß, dass ich mich seltsam benommen habe, ich habe mich nicht gemeldet und so …«
»Ja, das kann man …«
»Warte, lass mich ausreden.«
Er verstummte.
»Ich hatte eine sehr schöne Zeit zusammen mit dir. Du bist stark, vermittelst Geborgenheit und bist fürsorglich. Ich habe wirklich geglaubt, dass es etwas … Richtiges werden
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