Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
eine Verurteilung aus. Petra Jonsson befindet sich im Schockzustand und ist nicht ansprechbar. Johan Seger plädiert auf unschuldig und schweigt während des restlichen Prozesses. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass er wahrscheinlich die Selbstbeherrschung verloren hat, nachdem der kleine Gabriel mehrere Tage am Stück geschrien hat. Als mildernden Umstand gesteht man ihm zu, dass beide Eltern erschöpft und in dieser Rolle unerfahren gewesen seien. Die Misshandlungen seien jedoch so massiv und umfassend gewesen, dass als Strafe nur Jugendarrest in Frage komme. Außerdem habe der Junge alte Verletzungen aufgewiesen, die ihm vermutlich ebenfalls von seinem Vater zugefügt worden seien.
Johan Seger legt keine Berufung ein, obwohl sein Verteidiger versucht, ihn dazu zu überreden.
Pia Levin öffnete langsam die Augen. Habe ich geschlafen?, dachte sie und sah sich verwirrt im Zimmer um. Die Musik war verstummt, und nur das Brummen des Kühlschranks war zu hören. Gedanken, die Johan Seger betrafen, drifteten in ihrem Kopf herum, als sie versuchte, sich auf die Uhr der Mikrowelle zu konzentrieren, die vom Sofa aus zu sehen war. 4.38 Uhr. Das Weinglas war leer. Der Geschmack von Metall und altem Käse im Mund verursachte ihr Übelkeit. Mit größter Mühe schlurfte sie ins Badezimmer. Ihr Spiegelbild verhöhnte sie, und Zähneputzen half nur wenig. Sie warf ihre Kleider auf den Boden und zog die Decke bis zum Kinn nach oben, nachdem es ihr zu guter Letzt gelungen war, ins Bett zu kriechen. Bevor sie einschlief, hatte sie wieder das deutliche Bild des kleinen misshandelten Jungen vor Augen. Tränen traten ihr in die Augen, liefen über die Wange und durchnässten das Kissen.
H oltz drehte den blauglasierten, viereckigen Blumentopf hin und her. Mit dem Baum war etwas nicht in Ordnung. Die Blätter waren zur Spitze hin fast durchsichtig, und er wirkte überhaupt recht welk. Er befühlte die Erde, drückte vorsichtig darauf. Sie gab nicht nach. Der untere Teil des Baumstammes war dick und wohlgeformt, die Rinde deutlich gemasert. Einige über der Erde verlaufende Wurzeln, die von einer dichten Moosmatte umgeben wurden, verstärkten die Illusion eines großen Baumes auf einer Waldlichtung, obwohl der Baum nur zwanzig Zentimeter über die Kante des Topfes ragte. Holtz hatte den Baum jetzt so lange gehegt und gepflegt, die Blätter abgeknipst und seine Äste mit Draht umwickelt, dass er fast so etwas wie freundschaftliche Gefühle für ihn hegte. Keine oberflächliche Freundschaft, sondern eine, die über lange Zeit gewachsen und nicht fordernd oder einschmeichelnd war.
Er wusste nicht, was dem Baum fehlte, und das beunruhigte ihn. Er hatte den Verdacht, dass er ihn zu viel gegossen hatte oder dass die Wurzeln keine Nahrung aus der Erde aufnehmen konnten, weil sie zu feinkörnig war. Wahrscheinlich brauchte er frische, etwas gröbere Erde, aber Umtopfen war immer ein schwieriges Projekt. Da ein Bonsai immer gerade genug Wurzeln besaß, um die Wasserversorgung zu gewährleisten, war jeder Eingriff riskant und konnte zur Folge haben, dass er einem Schock erlag. Aber wenn er nichts unternahm, starb die Pflanze vielleicht trotzdem. Er drehte den Baum noch einmal hin und her und stellte ihn dann an seinen Platz zurück. Das muss warten, dachte er und ging eine Weile im Haus herum, bis er wie immer am Küchentisch landete. Er schlug die Tageszeitung auf, für die er am Morgen keine Zeit gehabt hatte, und blätterte sie rasch durch. Nichts von Interesse. Erst bei den Todesanzeigen hielt er inne und begann zu lesen. Die ganze Zeit störte ihn allerdings das Gefühl, etwas übersehen zu haben. Als er mit den Anzeigen fertig war und zum Wetterbericht überging, der eine weitere Erwärmung prognostizierte, fiel es ihm ein. Er faltete die Zeitung zusammen und ging in die Diele, wo er seine Tasche liegen hatte. Er blätterte die Papiere durch, bis er fand, was er suchte.
Mit der blauen Mappe in der Hand kehrte er in die Küche zurück.
Es klingelte. Das Geräusch kam aus dem Badezimmer. Sein Handy lag auf der Ablage über dem Waschbecken neben dem Rasierschaum. Das Telefon verstummte, noch ehe er drangehen konnte. Er fluchte halblaut. Neben dem Rasierschaum stand ein Plastikbecher, auf dem Nashörner abgebildet waren. In diesem Becher stand eine rote Zahnbürste neben seiner schwarzen. Er nahm die rote, hielt sie in der Hand und fuhr dann mit dem Finger über die glatte Oberfläche und über die Borsten. Sie war fast neu. Seufzend
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