EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller
Hast du das gefunden?“
„Nein. Es gab kein Tagebuch.“
Mathilda seufzte. Überfallartig spürte sie die Anspannungen der letzten Tage; eine lähmende Müdigkeit drohte sie zu überfallen. „Du, sei mir nicht böse“, sagte sie und schaute ihn mit großen, bittenden Augen an. „Bringst du mich nach Hause? Ich glaube, die Aufregungen fordern ihren Tribut. Ich bin plötzlich furchtbar müde.“
„Okay“, sagte er und betrachtete sie zärtlich; er zahlte die Rechnung, verabschiedete sich von Alfredo und verließ mit Mathilda das Restaurant, nicht ohne Alfredo hoch und heilig versprochen zu haben, mit seiner hübschen Begleitung wiederzukommen.
Während der Fahrt sprachen sie kein Wort miteinander. Sie war zu erschöpft.
Als er aussteigen wollte, um sie zur Eingangstür zu begleiten, sagte sie: „Lass nur, Benedikt. Wir sehen uns morgen.“
Er streichelte sanft ihr Gesicht und sagte leise: „Gute Nacht, Mathilda, schlaf gut.“
„Gute Nacht“, sagte sie weich und strich ihm mit dem Finger über die Wange.
An der Haustür blickte sie noch einmal zurück, zögerte einen Moment und lächelte. Sie war es gewohnt, von Männern mit verlangenden Blicken angesehen zu werden, aber in seinen Augen lag mehr. Sie ging zu seinem Wagen zurück und klopfte an die Scheibe.
Als er das Fenster herunterließ, sagte sie: „Ich brauche dich. Bleib heute Nacht bei mir. Bitte.“
***
Sie lagen im Dunkeln nebeneinander. Benedikt hielt sie eng umschlungen, seine Hand spielte mit ihrem Haar. Sie hatte sich vollkommen fallenlassen, sich in diesen Mann verliebt und spürte, dass er mehr von ihr wollte. Sie beobachtete seinen Brustkorb, der sich bei jedem Atemzug hob und senkte.
Sie rückte näher an ihn heran, und Benedikt sagte schläfrig: „Hallo, meine Süße.“
Meine Süße, dachte sie, so hatte sie noch nie jemand genannt. Es gefiel ihr.
„Wie spät ist es denn?“, fragte er.
„Mitternacht, wir haben Geisterstunde.“
„Meinst du, ich bin ein Geist?“
Sie sah ihn schelmisch an. „Vielleicht.“
„Ich werde dir beweisen, dass ich keiner bin“, sagte er und kroch unter das Bettlaken.
„Bitte hör auf, ich bin kitzelig“, kicherte sie.
Danach lagen sie eine Weile schweigend in der Dunkelheit.
„Komm, lass uns schlafen“, sagte er und küsste sanft ihre Lippen.
Kapitel 40
Um drei Uhr früh wurde er durch ein Gewitter geweckt. Jakob rieb sich erstaunt die Augen: ein Wintergewitter. Er konnte sich nicht erinnern, so etwas in Deutschland schon einmal erlebt zu haben. Vor den Fenstern seines Schwabinger Appartements zuckten die Blitze konvulsivisch. Er stand auf und trat auf den Balkon, um sich das Schauspiel anzusehen. Der wütende Donner erinnerte ihn an die Tropengewitter im Regenwald. Plötzlich hörte er Katharinas Stimme und suchte Halt am Geländer. Er schlafwandelte nicht. Er war wach, hellwach. Und er hörte sie hämisch lachen.
Er ging wieder hinein, schlüpfte in eine Trainingshose und nahm die Taschenlampe in die Hand. Barfuß und mit nacktem Oberkörper schlurfte er in die Küche. Er rechnete damit, in Panik zu verfallen, wartete auf den eisernen Griff in der Magengrube, die Atemnot, das Herzklopfen. Doch es geschah nichts dergleichen. Seine Handflächen waren vor Aufregung und Angst schweißnass. Er streckte die Hand aus und drehte den Türknauf. Die Tür zum Wohnzimmer ging mit quietschenden Angeln auf. Im Kamin glühte schwach ein Feuer. An den Fenstern hingen dunkelblaue Vorhänge über transparenten Gardinen. Auf dem spiegelglatt polierten Fußboden lagen zwei Teppiche mit einem Blaubeermuster.
Katharina saß in seinem Sessel. Ihr Haar hing lose herab und ergoss sich über die Sessellehne. Ihre Lippen bewegten sich, aber er hörte sie nicht.
Sie sah zu ihm, die Augen hohl und kalt.
Jakob machte einen Satz, der durch das Flackern der Blitze zu einer zerhackten, schwebenden Bewegung geriet. Nur die Musik fehlte. Wie ein Fels drückte ihn ein Gewicht nieder und raubte ihm den Atem. Der Raum war leer und eiskalt, und das Entsetzen machte sich erneut in seiner Kehle breit. Er zog am Türknauf, doch seine schweißnassen Hände glitten von dem eisigen Messing ab. Er spürte, wie er sein ersticktes Keuchen zu Rufen und Schreien, Bitten und Gebeten erheben wollte. Er konnte sich vor Benommenheit nicht auf den Füßen halten, sackte auf die Knie und rüttelte und zerrte wie verrückt an der Tür. Als es ihm schließlich gelang, sie aufzuziehen, kroch er auf allen vieren hinaus und legte
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