EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)
Raum gesessen: Das Geschirr mit angetrockneten Essensresten und drei Bierflaschen standen noch immer auf dem Tisch.
Der Biergeruch rief Erinnerungen an den gestrigen Abend wach, der so gewesen war wie viel zu viele Abende in ihrem Leben. Ihr Mann hatte auch ihr hundertstes Versteck für das Geld entdeckt und sich wieder einmal betrunken. Sie fragte sich, wie jemand, der nur mit Mühe aufrecht stehen konnte, in der Lage war, das Geld in den entlegensten Verstecken des Hauses aufzuspüren: in einem Kleiderschrank, unter einem Bett oder hinter einem alten Mantel, der im Keller hing.
Mechthild Hensel verlor sich in der Erinnerung. Sie konnte förmlich Theos Schnapsatem riechen und seine blutunterlaufenen Augen sehen.
Sie hasste seine Trinkerei. Früher war sie verzweifelt gewesen, aber inzwischen konnte sie sich helfen. Sie schaffte es, ihn tagsüber aus ihren Gedanken zu verbannen. Das verdankte sie dem Professor, der ihr „Glückspillen“, wie er sie nannte, verschrieben hatte. Aber es stimmte. Seit der Einnahme fühlte sie sich viel besser und war immer gut gelaunt. Sie war jung, und wenn man Arbeit so nötig wie sie brauchte, dann schaffte man es eben. Der Professor war zufrieden mit ihrer Arbeit, das hatte er ihr vorgestern gesagt und ihren Stundenlohn um zwei Euro erhöht. Jetzt bekam sie fünfzehn Euro pro Stunde, für sie ein Vermögen.
Sie stand auf, nahm die leeren Bierflaschen vom Tisch und brachte sie in den Keller, wo die Bierkästen standen. Hier unten roch es immer muffig und feucht, ein schwacher, aber unverwechselbarer Geruch. Sie nahm den Wischeimer aus dem Schrank und trug ihn die schmale Treppe hinauf.
Das Gästezimmer war ein totales Chaos. Mechthild verzog das Gesicht. Es roch ungelüftet und nach abgestandenem Alkohol, Zigarettenrauch, Schweiß und altem Parfüm. Eine leere Whiskyflasche stand beim Papierkorb auf dem Boden, und neben dem Bett war ein Glas mit einer Zigarettenkippe, die sich aufzulösen begann. Der Aschenbecher war voll.
„Das ist ja wie zu Hause“, stöhnte sie. Auf dem Nachttisch lag ein benutztes Kondom. „Das leider schon lange nicht mehr“, setzte sie grimmig nach. Sie zog neue Handschuhe aus der Tasche und schaltete das Licht im Gästebad an. Es war besser, gleich über das Schlimmste Bescheid zu wissen. Die Toilette war nicht gespült, die Badematte voller Kot. Sie sah sich die Handtücher an, verzog angeekelt das Gesicht und warf das schmutzige Bettzeug und die Handtücher auf den Boden im Flur. Sie würde den Haufen aufsammeln und ihn später in die Waschküche bringen.
Dann betrat Mechthild Hensel das Schlafzimmer ihres Arbeitgebers. Sie ließ ihren Blick schweifen und ging an der geschlossenen Badezimmertür vorbei. Ihr fiel auf, dass der Kleiderschrank an der hinteren Wand neben den Glastüren, die auf die Terrasse hinausgingen, offen stand. Die Stores vor den Türen klebten an den feuchten, beschlagenen Glasscheiben. Das Zimmer war … Sie sah sich um: Das Bett schien nicht benutzt zu sein, aber Kleider waren darauf verstreut: Hemd, Jackett, Krawatte. Ein Schuh lag vor der Doppeltür, der andere neben dem Bett. Sie war darauf getreten, als sie hereinkam.
Seltsam, dachte sie. Sie zog das Bett ab und warf das saubere Bettzeug auf die Matratze, hob die Schuhe auf, stellte sie unten in den Kleiderschrank und hängte Hemd und Jackett auf einen Bügel. In dem Zimmer war es kalt, ganz anders als in den anderen Räumen des Hauses. Mechthild spürte einen Luftzug an den Knöcheln und knöpfte ihre Strickjacke über der Schürze bis zum Hals zu.
Sie wischte mit dem Staubtuch über etwas Klebriges, Schmieriges, das einen braunen Fleck hinterlassen hatte, und entfernte ihn, war aber mit dem Zimmer nicht richtig zufrieden, als hätte sie etwas Wichtiges vergessen. Sie sah die Stores, die an den Scheiben klebten, und beschloss, das Kondenswasser abzuwischen. Vielleicht würde es dann weggehen, das … das war’s! Dieser Geruch in der Luft! Der war schuld daran, dass einem das Zimmer unsauber vorkam. Einen Moment glaubte sie, etwas Verbranntes zu riechen – ein unbehagliches Gefühl erfasste sie, und ihr wurde leicht übel. Der Türflügel bewegte sich, als sie ihn abwischte, weil er einen Spalt offen stand. Jemand hatte die Glastüren aufgemacht und nur angelehnt. Deshalb war es hier so kalt. Warum würde jemand das tun? Um sich hineinzuschleichen? Der Professor würde das Haus niemals ungesichert verlassen.
Ratlos schüttelte sie den Kopf. Wenn sie als Putzfrau
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