Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)

EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)

Titel: EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Korten
Vom Netzwerk:
etwas gelernt hatte, dann war es die Tatsache, dass das Benehmen von Menschen manchmal unergründlich war. Sie schlug die Türen fest zu und riegelte sie ab. Der Geruch kam wahrscheinlich von draußen und würde sich bei geschlossener Tür verlieren. Nur das Bad war noch zu machen. Sie sah auf die weiß gestrichene, fest geschlossene Tür neben der schmalen Diele. Der Professor ließ die Badezimmertür meistens offen, und der Dampf zog zusammen mit dem Geruch nach Seife und Shampoo ins Zimmer; die Handtücher lagen sonst immer achtlos über Bett und Teppichboden verstreut. Heute nicht.
    Sie legte die Hand auf den Türgriff, scheute sich aber irgendwie, diese Tür zu öffnen. Dumme Hirngespinste, dachte sie und drückte die Klinke nach unten. Die Tür ging nicht auf.
    Mechthild runzelte die Stirn. War sie abgeschlossen? Sie lauschte und hörte Wasser rieseln und durch die Rohre laufen. Sie klopfte. Stille. Wenn der Professor im Bad wäre, dann wäre er doch bestimmt ins Zimmer gekommen und hätte ihr gesagt, sie solle mit dem Putzen warten, bis er fertig wäre. Das machte er sonst auch so.
    Sie sah auf die Uhr und stellte fest, dass sie spät dran war. Der Arzttermin am Nachmittag rückte näher, und sie musste sich beeilen. Die Wäsche auf der Leine im Keller wartete darauf, gebügelt zu werden. Sie hasste Bügelwäsche. Der Gedanke daran scheuchte sie auf, sie fasste den Griff fester und drückte gegen die Tür.
    Jetzt erinnerte sie sich, dass sie manchmal klemmte. Trotzdem hatte sie ein unbehagliches Gefühl im Magen. Etwas sagte ihr, sich abzuwenden. Sieh nicht nach! Vergiss es!
    Die Tür klemmte noch einen Moment und flog dann auf. Plötzlich stand sie in der heißen, feuchten Badezimmerluft in einem Geruch, der so durchdringend wie in einem Schlachthaus war, scharf, widerlich und schmutzig.
    Mechthild war auf etwas getreten, sah nach unten, zuckte unwillkürlich zurück und wischte automatisch den Fuß auf dem Teppich ab. Der Boden war nass. Etwas tropfte auf ihren Hals, sie zuckte zusammen und fuhr herum. Wasser tropfte von der Decke, und die Wände glänzten feucht. Ein stetiges Geräusch von plätscherndem Wasser kam von der Badewanne, wohl vom Duschkopf.
    Der rosafarbene, durchsichtige Duschvorhang war vorgezogen. Das Wasser lief, floss und rauschte in den Rohren und gurgelte im Abflussloch. Jemand lag in der Wanne. Das war ihr erster Gedanke. Jemand ließ Wasser laufen und hörte nicht auf Geräusche, Bewegungen, den Staubsauger.
    „Professor Kreiler …?“
    Langsam streckte Mechthild Hensel die Hand aus und zog den Vorhang zurück.
    Ein Mann – es war ein Mann, das konnte sie erkennen – lag zusammengesunken in der Wanne. Er sah wie zerbrochen aus, ein Spielzeug, das heruntergefallen und zersprungen war. Das Gesicht, auf dem jemand seinen Fußabdruck hinterlassen hatte, war verzerrt und zerschlagen, die Augen in den Augenhöhlen verdreht, der Mund zu einem grausigen Grinsen verzogen. Das Wasser aus dem Duschkopf tropfte vom Haar des Mannes.
    Ihr erster Gedanke war, dass er eigentlich stärker bluten müsste. Dann versagten ihr die Knie, und ihr Körper wurde kalt. Ihr Mund füllte sich mit Speichel, und ihr schwindelte. Sie konnte nichts dagegen tun. Ihre Knie schlugen auf dem Boden auf. Sie spürte durch die Strümpfe die Feuchtigkeit an den Beinen. Ihre Hände rutschten am Badewannenrand entlang und versuchten sich festzuhalten. Sie zog sich hoch, stand aufrecht, drehte das Wasser im Waschbecken voll auf und wusch sich Hände und Gesicht.
    Dann spülte sie immer wieder den Boden ab und versuchte, alles sauber zu machen, Ordnung zu schaffen, ihre Arbeit zu tun. Sie zog das Handtuch von der Stange, spürte seine Feuchtigkeit an ihren Händen und ließ es zu Boden fallen. Ein Finger schwamm in der Toilette. Sie drückte mehrmals auf die Spülung. Ihr Blick schoss hektisch von der Handtuchstange zum Waschbecken, zu den Wassergläsern und zur Badewanne …
    Nein! Sie starrte auf den Boden und konzentrierte sich auf die Fugen zwischen den Fliesen. Zwischen der Kloschüssel und der Badewanne lag etwas. Ein Ohr, das auf dem nassen Boden klebte. Brechreiz schoss in ihr hoch.
    Dann war sie plötzlich wieder in seinem Schlafzimmer, ihre Beine zitterten, sie hielt sich an der Tür und den Wänden fest, nur damit sie aus dem Zimmer herauskam. Sie musste jemanden holen, musste Hilfe holen …
    Ganz plötzlich kam der erlösende Schrei.

Kapitel 44
    Dachau
    „Erinnerst du dich an unseren letzten Herrenabend in

Weitere Kostenlose Bücher