EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)
„Nein? Du wagst es, nein zu sagen? Bist du ein kleiner böser Junge, Sedar? Sag’s mir. Bist du ein kleiner böser Junge? Hm?“
„Nein, Lissi.“
„Ich werde deinem Vater sagen, dass du versucht hast, mich anzugrabschen.“
„Nein, Mutter.“
„Nein, Mutter? Nenn mich Lissi, nenn mich nicht Mutter! “ Ihre glänzenden grünen Augen sahen ihn prüfend an, als überlegte sie, welche Peitsche sie heute nehmen würde. Dann warf sie ungeduldig ihren Kopf herum, stieß das Fenster auf und beugte sich zu dem kiesbestreuten Hof hinunter, während ihre weichen Brüste platt gedrückt auf dem Fenstersims lagen. „Es stinkt hier drinnen bestialisch, du böser Junge!“
Sedar nutzte die Gelegenheit, um aus der Küche ins Schlafzimmer zu schleichen. Er zog sich aus und versteckte sich im Kleiderschrank, als er ihre Schritte und das gellende Lachen aus dem Badezimmer hörte. Er duckte sich und sah durch die Tür des Kleiderschranks die schwarzen Lackstiefel mit den spitzen Absätzen auf sich zukommen.
„Du kleiner böser Junge! Wo bist du? Lissi möchte es dir so richtig besorgen!“
Er spürte eine enorme Erregung und öffnete die Tür des Schranks. Auf allen vieren kroch er ihr entgegen und leckte ihre Stiefel. Dann spürte er den ersten Peitschenhieb auf der Haut.
***
Als der Pole vom Joggen in die gemietete Wohnung in der Ruhrtalstraße zurückkehrte, warf er einen Blick auf den Bildschirm. Im Haus am Tuchmacherplatz war es still, als wäre nichts geschehen.
Er nahm eine Dose aus dem Küchenschrank, öffnete sie und löffelte die kalte Hummersuppe am Tisch, während er den Bildschirm im Auge behielt. Er schaltete auf die zweite Kamera um, die er im Schlafzimmer angebracht hatte. Seine dünnen Lippen wurden noch schmaler als sonst, als er den alten Mann und die Hure im Bett betrachtete.
Sedar Biljano verlangte von ihr, ein Schloss für seine Schlafzimmertür zu besorgen und es nächste Woche mitzubringen.
„Wozu brauchst du ein Schloss, alter Mann?“
„Ich glaube, jemand beobachtet mich.“
Der Pole verzog seinen Mund zu einem Grinsen. Es war ihm gelungen, bei Biljano Angst zu entfachen. Die Bedrohung erschien ihm an diesem Abend wohl allgegenwärtig. Er musste gespürt haben, dass jemand ihn beobachtete.
„Ich bin zu schlau, zu unsichtbar, du alter Narr“, flüsterte der Pole.
Am frühen Nachmittag hatte der Alte mit blassen, über dem Bauch gefalteten Händen zwei Stunden im Bett gelegen und den eigenen leidenschaftlichen Wutanfällen gelauscht. Seine bloße Existenz verursachte dem Polen Magenkrämpfe; manchmal stellte er sich vor, Biljano habe heimlich seine Kissenüberzüge aus der Wäsche genommen und seine Körpersäfte hineingerieben. Er hatte den Eindruck, den stinkenden alten Mann überall zu riechen, wohin er auch ging. So fing es an.
Lissis erigierte Brustwarzen starrten ihn vom Bildschirm an wie Schneckenaugen.
„ Lustereczko, lustereczko, powiedz przecie, kto jest najpi ę kniejszy w ś wiecie? Spieglein, Spieglein an der Wand! Ist sie die Schönste im ganzen …?“
Ihre grünen Augen gefielen ihm außerordentlich gut, besonders aber gefielen ihm die großen Brüste.
„Ty jeste ś gotowy?“ Er sah in den Spiegel. Emotionslos scannte er den Schatten eines geheimnisvollen Lächelns. „Ja“, zischte er. „Ich bin so weit!“
Seine Oberlippe fing an zu zucken, sein Nacken und seine Schultern waren schweißnass. Er stand auf, nahm seinen Arztkoffer und verließ das Haus.
Draußen sog er die kalte Luft ein und stieg in sein Auto. Die Ruhrtalstraße schlängelte sich vor ihm durch die Nacht.
Er schaltete die Stereoanlage ein und lauschte den Klängen von Schuberts Winterreise . So begann er immer, der Zwang zu töten. Er gab Vollgas.
***
Viel später gab er der Hure den Befehl. „ Oblejcie im rany kwasem! Einem Dieb hackt man die Hand ab!“
Lissi gehorchte, befreite Biljano von seiner rechten Hand und verätzte sie mit Säure. Sie tat es, ohne mit der Wimper zu zucken, und schaute den sterbenden Biljano dabei in die Augen. Das imponierte ihm, und er empfand beinahe so etwas wie Achtung.
Nach Biljanos Tod befahl er ihr, im Bett nicht zu sprechen, sich nicht zu bewegen, nicht zu strampeln und nicht zu stöhnen. Widerstandslos gehorchte sie. Sie hatte gesehen, wozu er fähig war. Als seine blutverschmierten Hände über ihren Körper glitten, übermannte ihn das überwältigende Gefühl, über ihr ein Ungeheuer zu gebären. Einen Moment später ließ er die Hosen bis zu
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