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EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)

EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)

Titel: EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Korten
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mit einer Begierde wie die seine, die immer heftiger wurde, immer tiefer, die sich verausgabte. Max’ Gleichgültigkeit war nur grauenvoll. Er verschwendete keinen Gedanken an ihren Körper, ihre Haut, ihre Seele.
    „Aber ich, ich schreie nach dir, Anna“, flüsterte er. „Anna, hörst du? Komm, lass mich fliegen mit dir. Abheben von allem.“
    Er zitterte jetzt am ganzen Körper. Katharina war so reizvoll, so außergewöhnlich, faszinierend schön und so ausgesprochen weiblich gewesen. Mit Geduld, aber auch mit Entschlossenheit hatte er sie umworben. Auch Anna war bildschön. Die Ähnlichkeit zu ihrer Schwester verblüffte ihn immer wieder aufs Neue.
    Aber Anna war feminin, romantisch, sanft und zerbrechlich, eine bezaubernde Träumerin, fast als wäre sie gerade einem Märchenbuch entstiegen. Ihre Schönheit war zart und elfenhaft. Lachen und Weinen lagen bei ihr oft nahe beieinander, da sie sehr gefühlvoll war und rasch auf äußere Einflüsse reagierte.
    Seine Finger glitten zart über das Gesicht auf dem Foto, das ihn anlächelte: Katharina in anderer Gestalt. Niemand wusste etwas von seiner Qual, nicht mal Anna selbst.
    Die Zeit der Umsicht war vorbei. Er würde sie bald wiedersehen, in fünf Tagen, in einer Woche, jedenfalls bald, in München oder in dem Haus am Meer; im Bikini am Pool, in Schlauchtop und kurzem Rock, in einem Kleid, schimmerndes Azurblau im Spiel des Sonnenlichts.
    Er brauchte frische Luft und ging hinaus. Die Straße war menschenleer. Noch einmal betrachtete er im Licht der Straßenlaterne ihr Foto. Anna sah fröhlich aus, und das verwirrte ihn noch mehr. Angewidert warf er es auf den Boden und zertrat es im Straßenschmutz, setzte sich darauf und weinte.
    Noch immer glaubte er, Katharina an einem der Fenster im oberen Stockwerk ihres Hauses zu sehen. Ihre blauen Augen strahlten, und sie winkte zu ihm herab, ihr blondes Haar war zur Seite gebürstet.
    Nach all den Jahren war er immer noch nicht frei. Anna war in sein Leben getreten und hatte wieder alles aufgewühlt, die Trauer, die Verzweiflung, die Vergeblichkeit, die Tränen und … die Liebe.

Kapitel 6
    Essen – Freitag, 6. Oktober 2006
    Während der zwanzig Jahre, die Sedar Biljano im Essener Stadtteil Kettwig wohnte, war die Ruhrbrücke zu seinem Lieblingsplatz avanciert. Von hier hatte der zweiundsiebzigjährige Mann in dem braunen Wollmantel, der schon bessere Zeiten gesehen hatte, einen wunderschönen Blick auf das mittelalterliche Fachwerkhaus-Ensemble der Kettwiger Altstadt mitsamt der Evangelischen Marktkirche oberhalb des Mühlengrabens, eines ehemaligen Seitenarms der Ruhr. An diesem Vormittag tat die herbstliche Sonne ein Übriges und schenkte dem märchenhaften Panorama seine schönsten ockergelben und rotgoldenen Farben. Die alte Steinbrücke aus dem Jahr 1786 führte über die idyllische Teichanlage, und fast hatte er den Eindruck, im Mittelalter zu sein.
    Auf den gut ausgebauten Wanderwegen in Richtung Essen-Werden herrschte reger Betrieb. Auch Sedar Biljano war heute Morgen den Promenadenweg bis zur Ruine Kattenturm entlanggegangen und hatte im nahe gelegenen Ausflugslokal einen Kaffee getrunken. Aber den Heimweg hatte er mit einem Ausflugsboot der Weißen Flotte angetreten, das direkt am Ruhrufer an der Bootsanlegestelle Kattenturm abfuhr.
    Seine alten Knochen machten längere Spaziergänge nicht mehr mit. Doch das war nicht der einzige Grund; an diesem Vormittag beschlich ihn das unangenehme Gefühl, dass hinter seinem Rücken jemand war, der ihn im Auge behielt. An der alten Burgruine hatte er versucht, diesen Eindruck zu ignorieren und dem Drang zu widerstehen, einen Blick über die Schulter zu werfen. Als er sich dann doch umgedreht hatte, war weit und breit niemand zu sehen gewesen, der ihm verdächtig vorgekommen wäre. Doch seit das Boot am Promenadenweg angelegt hatte, war das Gefühl wieder da.
    Langsam schlurfte er von der Brücke in Richtung Kirchtreppe. Sie war eine schmale Gasse, die durch eine Gruppe gut erhaltener Fachwerkhäuser führte, die unter Denkmalschutz standen und sich bis ins 14. Jahrhundert zurückdatieren ließen. Die Treppe endete auf dem tiefer gelegenen Tuchmacherplatz im Herzen der Kettwiger Altstadt, wo er ein kleines Haus besaß.
    Auf dem gepflasterten Platz stand seit einigen Jahren die Skulptur Weberbrunnen, die an die jahrhundertealte Tradition der Tuchmacherei in Kettwig erinnerte. Und dort glaubte er einen Schatten zu sehen, nur für den Bruchteil einer Sekunde, aber er war

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