EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)
Nacht, dass ich mich verliere. Ich sehe einen Schatten, ein Gesicht, Jakobs Gesicht, dann wieder das meiner Schwester Katharina. Und die Toten der Vergangenheit. Wenn ich nachts aufwache, höre ich Jakobs Stimme, sein Lachen, rieche ihn und höre die Stimme des Mannes, der mich zweimal töten wollte, ertaste seinen Körper, fühle seinen Hass, spüre ihn in mir und fühle mich schmutzig, aber dann wache ich im Traum auf, und er ist nicht mehr da. Zurück bleibt immer nur die Angst. Wie soll ich damit fertig werden, Jörg? Sag es mir!“
Er gab sich erneut nachdenklich.
„Ich ertrage eine so schreckliche Zeit nicht noch einmal. Ich möchte eine Therapie. Jetzt bin ich bereit. So etwas wie am Mittwochabend darf nicht noch mal passieren.“ Plötzlich lächelte sie und sah ihn liebevoll an. „Und die Klinik ist gut erreichbar. Max und Katharina können mich oft besuchen.“
Sie hat eine Entscheidung getroffen, dachte er, und es ist Katharina, die Schwester in ihr, die sie dabei unterstützt. Allmählich begann Katharina, sich in ihr durchzusetzen. Bald würde allein sie vor ihm sitzen und Wachs in seinen Händen sein.
„Du kannst mich in der Therapie vor den Dämonen beschützen, Jörg.“
Er lächelte. „Ich werde es versuchen. Allerdings unter einer Bedingung.“
„Welcher?“, fragte sie.
„Du musst mir versprechen, deine Medikamente regelmäßig einzunehmen.“
„Woher …? Gut, ich verspreche es.“
„Okay. Dann wäre das geklärt. Soll ich mit Max sprechen?“
„Nein, das mache ich selbst.“
Er blieb am Fenster stehen, bis ihr Wagen das Grundstück verlassen hatte.
***
Am Abend stellte Anna die Weingläser auf die Küchentheke, holte das Geschirr aus dem Schrank und deckte den Tisch.
„Erinnerst du dich an Pater Mateos Worte im Convento di Carmo, als unsere Tochter getauft wurde?“, fragte sie.
Max nickte und schaute in den Garten.
Anna stellte sich hinter ihn und umarmte ihn. „Ein schöner Blick, nicht wahr?“
„Es ist so friedlich. Ich könnte den ganzen Tag hier sitzen und die Aussicht genießen.“
„Max, lass uns reden. Um unseretwillen. Pater Mateo sagte damals, dass jedes Trauma erlebt, durchlitten und bewältigt werden muss.“
Sie fuhr sich fahrig durch die Haare und sah ihn eigenartig verwirrt an. Ihre Augen schnellten wie beim Beobachten eines Tennisspiels hin und her. Er konnte es kaum ertragen, sie so zu sehen.
„Weißt du, manchmal glaube ich, dass diese Bestie noch immer in mir steckt und meine Gedanken zu beherrschen versucht.“ Sie presste ihre Fingernägel in die Handflächen, und wie auf ein Signal durchrieselte sie ein leises Zittern. „Ich höre Stimmen, Max. Ich ertrage das Chaos in meinem Kopf nicht mehr.“
Er seufzte.
„Max!“
„Ich grüble schon seit Italien, wie ich dir helfen kann.“
„Ich will die Hypnose-Therapie, um die Dämonen in mir zu vertreiben und mit dir und Katharina endlich normal leben zu können.“
Er gab sich einen Ruck. „Du hast recht. Es ist besser für uns alle.“
„Die Hypnose wird in zwei bis vier Sitzungen durchgeführt, danach darf ich die Klinik wieder verlassen. Die anschließende Therapie kann ich ambulant durchführen.“
„Es ist einen Versuch wert. Wir brauchen dich, Anna. Wir lieben dich“, sagte er. Alles in ihr ist dunkel und trübe und monströs wie ein schwarzes Loch, in das sie immer tiefer hineingezogen wird, dachte er.
Er behielt sie im Auge, sah, dass ihr Blick rastlos durch den Raum wanderte. Wer spielte mit ihr, mit ihren Gedanken? Was war es, das Besitz ergriff von ihr? Verdammt, dachte er, was für ein Scheißspiel wird hier gespielt? Er fühlte sich ohnmächtig, sorgte sich um sie, aber er musste einen klaren Kopf bewahren. Wenn auch er in Panik ausbrechen würde … Sein Verstand würde sich wie eine Reißleine verfangen, aber sein Gegner war ein dämonischer Schatten namens Jakob. Wahrhaftig ein Schatten, ein toter Körper.
„Schon gut“, sagte er tonlos. „Wann wirst du aufgenommen?“
„Am kommenden Montag. Am Sonntag haben wir Gäste, und danach werde ich mich den Dämonen stellen.“
Kapitel 12
Florenz – Freitag, 13. Oktober 2006
In Florenz konnte man alle wichtigen Sehenswürdigkeiten leicht zu Fuß erreichen, deshalb hatte die Reisegruppe auf den Bus verzichtet. Er wäre eher hinderlich, zumal die Innenstadt für den Privatverkehr gesperrt war.
Der Pole folgte der kleinen Touristengruppe. Mitten unter ihnen befand sich sein nächstes Opfer, Mirko Selicz. Die Gruppe
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