EISKALTER SCHLAF: Poesie des Bösen: Thriller (German Edition)
schon mit ihm die Akten … Benedikt van Cleef, du hast ihm damals nicht alles gesagt!“
„Stimmt.“
„Und weshalb traust du ihm nicht?“
Er lächelte. „Ach je, ich habe eine kluge Frau geheiratet.“
Mathilda starrte aus dem Fenster in die Dunkelheit. Es war eine kühle und windige Nacht. Über ihrem Fahrzeug rüttelte der böige Wind an den Ästen der Bäume. Sie schlugen den Weg Richtung Dachau ein.
„Du hast Kreiler jene Details vorenthalten, die du auch mir verschwiegen hast?“
Er antwortete nicht.
„Manchmal hasse ich deinen Beruf“, sagte sie nachdenklich.
***
Jörg Kreiler war sich sicher: Er hatte heute eine erstaunliche Erfahrung gemacht und für eine kurze Zeit selbst geglaubt, Katharina zu spüren – bis Anna wieder zu sich kam.
Er hatte einen Plan. Sein Vorhaben würde nicht nur Annas Leben verändern, sondern auch sein eigenes: Hypnose. Regression. Das war die richtige Lösung. Weshalb war ihm der Gedanke nicht schon viel früher gekommen?
Er könnte Annas Tränen für immer trocknen und aus ihr einen glücklichen Menschen machen, wie es ihre Schwester Katharina gewesen war. Doch damit sie unter Hypnose regredierte, brauchte er mehr Informationen. Dazu musste er wissen, was dieser Psychopath vor sieben Jahren mit ihr angestellt hatte. Anna selbst hatte ihn auf die Idee gebracht. Mit van Cleef würde er schon fertig.
In ihm würde Anna den Beschützer finden, der sich um sie kümmerte. Er würde sie ihrem grauen Alltag entziehen, ihr schmeicheln, sie liebkosen und ihr zuhören und mit ihr als Katharina in ihr ganz persönliches Reich abtauchen, das nur ihnen allein gehörte.
Anna … Katharina …
Es war so naheliegend, so einfach.
Kapitel 14
München
Benedikt van Cleef machte sich auf den Weg zur neurologischen Station des Kreiskrankenhauses Bogenhausen. Er fand, innerhalb eines Krankenhauses gab es keine zwei Disziplinen, die weniger miteinander gemein hatten als Neurologie und Pathologie. Und heute musste er beide aufsuchen.
In all den Jahren seiner Tätigkeit als Leiter der Mordkommission hatte er nur wenige Pathologen getroffen, die nicht nach demselben Muster gestrickt waren: verschlossene, vor sich hin murmelnde Typen, die sich mit totem Fleisch auf dem Seziertisch, den Abstrichen im Labor und im Kühlhausambiente der Leichenhalle im Souterrain wohler fühlten als mit lebenden, atmenden Patienten. Doch es gab auch eine Ausnahme: Veronika Granel. Trotz der täglichen Konfrontation mit dem Tod war sie eine einfühlsame Frau geblieben.
Er kannte die schlanke Pathologin mit dem graumelierten kurzen Haar seit vielen Jahren. Nach einer abendlichen Obduktion hatten sie gemeinsam in der Kneipe ein Bier getrunken, und seitdem nannten sie sich beim Vornamen. Er war angetan von der exzellenten Arbeit dieser attraktiven Frau und wusste, dass sie ihn ebenfalls schätzte. Von ihr hatte er vieles über die Gerichtsmedizin erfahren, was in einem Lehrgang der Polizei nicht vermittelt wurde.
Sie glaubte, dass alle Psychotherapeuten überaus zartbesaitete Naturen waren, die der Anblick von Blut abstieß. Und nun war er auf dem Weg zu einem von ihnen, Professor Jörg Kreiler. Auf ihn traf Veronikas These allerdings nicht zu. Er war ein hartgesottener Neurochirurg, in dessen Operationssaal das Blut der Kopfverletzungen traumatisierter Unfallopfer floss. Eine Menge Blut. Kreiler genoss allerdings ebenso einen hervorragenden Ruf als Psychiater.
Veronika Granel hatte heute Morgen angerufen und von einem Anruf Kreilers berichtet. Sie mochte ihn nicht besonders.
„Es ist etwas in seinen Augen … Ich kann es dir nicht erklären, Benedikt. Sei auf der Hut“, hatte sie gesagt.
Auch er fragte sich, welchen Grund Kreiler haben konnte, wegen einer Hypnose-Therapie eine Pathologin zurate zu ziehen? Weil eine teuflische Wendung des Schicksals Anna Gavaldo in eine gequälte, zerstreute Frau verwandelt hatte? Er mochte sie, allerdings war auch ihm aufgefallen, dass sie sich in letzter Zeit seltsam benahm. Und gestern Abend … Vielleicht konnte Kreiler ihr tatsächlich helfen.
Veronika glaubte allerdings nicht, dass er mit ihm nur medizinische Details erörtern wollte, sondern dass er etwas Genaues über die Art und Weise erfahren wollte, wie Annas Schwester gestorben war. Das Bild von ihr – wie sie aufgefunden wurde – war ein übler Belag auf Kreilers Gehirn, das wusste Benedikt. Aber half es ihm herauszufinden, was in der Hypnose real und was eine Fiktion war? Er hatte Max und Anna nie
Weitere Kostenlose Bücher