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Eiskalter Wahnsinn

Eiskalter Wahnsinn

Titel: Eiskalter Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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wäre.
    Vielleicht war es unklug, so viel Vertrauen in jemanden zu setzen, den er kaum kannte. Aber die kleine Miss Spezialagentin konnte ja nicht ahnen, dass sie sehr schnell zum Sündenbock mutieren würde, falls die Ermittlungen schief gingen. Ergo: Er würde wegen eines Psychopathen nicht den Lohn von dreißig Jahren Polizeiarbeit aufs Spiel setzen. Diese O’Dell schien ganz nett zu sein, aber wenn die Regierung in diesem Fall Ermittlungsresultate verlangte, die er nicht liefern konnte, war es keine schlechte Idee, ihr die Schuld in die Schuhe zu schieben.
    „He, Vorsicht!“ schrie Dr. Stolz Bonzado an, als die Leiche mit einem Plop aus der Tonne rutschte. Die unteren Extremitäten schwangen frei. Der Rechtsmediziner konnte die Leiche nicht mehr halten, und sie platschte unkontrolliert, Gesicht nach unten, auf den Leichensack, wobei der Torso hart gegen den Fels prallte. Der dumpfe Schlag gegen den Schädel ließ ihn aufspringen.
    „Herr des Himmels!“ schrie Dr. Stolz. „Wir müssen das irgendwie anders bewerkstelligen. Wir haben dem Toten gerade eine zusätzliche Kopfwunde beigebracht. Wie soll ich jetzt noch feststellen, was das Werk des Killers war und was unseres?“
    Es lag Henry auf der Zunge zu sagen: „Diese Vorgehensweise war Ihre Idee.“ Sie arbeiteten erst am zweiten Fass, und schon trat Stolzes Inkompetenz krass zu Tage. Das bestätigte ihn nur in seiner Entscheidung, Bonzado und O’Dell hinzuzuziehen, die jede Unregelmäßigkeit bezeugen und dokumentieren konnten.
    Während die anderen zurücktraten, um in Gruppen diese archaische Methode zu diskutieren, trat O’Dell näher an den Leichnam, kniete sich auf den Fels und betrachtete den Toten genauer. Trotz des gespaltenen, jetzt offenen Schädels schien er keine Verletzungen zu haben, keine grausig blutigen Wunden. Der marineblaue Anzug hatte nicht mal Knitterfalten.
    „Der Bursche ist in guter Verfassung“, stellte Henry fest.
    „In zu guter. Ich sehe nirgends Blut“, betonte Bonzado. Er trat beiseite, um dem Techniker namens Carl Platz zu machen, der sich mit seiner Kamera näherte.
    Bonzados Studenten wagten sich ebenfalls näher heran. Die junge Frau war die Mutigste und blickte ihrem Professor über die Schulter. Der Altere, den Bonzado als Simon vorgestellt hatte, hielt ebenfalls eine Kamera in der Hand, jedoch schlaff am herabhängenden Arm, ohne eine einzige Aufnahme zu machen. Vielleicht wartete er, bis Carl fertig war. Henry argwöhnte jedoch, dass Simons Zurückhaltung kein Ausdruck großer Höflichkeit war, sondern eher mit seiner ungewöhnlichen Blässe zu tun hatte. Vielleicht machte er sich gerade Gedanken, ob er wirklich den richtigen Beruf wählte.
    „Schöner Anzug“, bemerkte Carl, stellte die Kamera beiseite, nahm eine Pinzette heraus und entfernte einen losen Faden vom Rücken des Jacketts.
    „Sieht nicht so aus, als hätte der Körper schon angefangen, sich zu verflüssigen.“ Dr. Stolz ging gegenüber von Agentin O’Dell in die Hocke.
    „Ich glaube, der Schädel ist aufgeschnitten worden“, sagte sie, auf Händen und Knien abgestützt.
    „Vielleicht durch diese Felsen“, erwiderte Stolz.
    „Nein, das glaube ich nicht. Sehen Sie mal genau hin.“ O’Dell rückte beiseite, damit Dr. Stolz einen besseren Blickwinkel hatte. Währenddessen schaute sie zu Henry auf. Zum ersten Mal glaubte er einen Hauch von Unbehagen in ihrem Ausdruck zu entdecken. „Sieht mir ganz so aus, als hätte da jemand eine Säge angesetzt. Vielleicht eine Knochensäge, vielleicht eine Stryker-Säge.“
    „Eine Stryker-Säge?“ wiederholte Dr. Stolz interessiert.
    O’Dell stand auf und ging um die Felsen herum, damit sie von oben in den Schädel blicken konnte. Der geöffnete Teil hing wie ein Deckel oder ein gelöstes Toupet herab. O’Dell war fast mit der Nase an der Kopfhaut, als sie sagte: „Was immer er benutzt hat, hinterließ nur sehr feine Spuren. Keine Klingenvibration.“
    „Klingenvibration?“ fragte Henry, blickte in die Runde und sah, dass Bonzado O’Dell einen bewundernden Blick zuwarf.
    „Ein technischer Begriff.“ Bonzado sprang mit einer Erklärung ein. „Man nennt das so, wenn eine dünne Klinge während des Gebrauchs leicht von Seite zu Seite springt. Sie wissen schon, wie bei einer Bügelsäge, besonders zu Beginn des Sägevorgangs.“ Ewig der dozierende Professor, dachte Henry. Allerdings ging es Bonzado wohl wirklich nur darum, Informationen weiterzugeben. Es war nicht seine Absicht, überheblich

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