Eiskalter Wahnsinn
Die Gelegenheit hatte sich nicht ergeben.
Als sie in ihren Wagen stieg, hatte sie jedoch das Gefühl, etwas gefunden zu haben, das ihr vor langer Zeit unbemerkt abhanden gekommen war. Und sie wusste, sie würde zurückkommen.
44. KAPITEL
Luc starrte den Topf auf dem Herd an. Er konnte ihn unmöglich aufgesetzt haben. Das Kochen hatte er eingestellt, nachdem ihm eine Pfanne voll brutzelnder Würstchen und Bratkartoffeln auf dem Herd verbrannt war. Er hatte sie vergessen, bis ihm der Qualm in die Nase gestochen war. Seither aß er kalt. Cornflakes mit Milch und Sandwiches.
Der Topfdeckel war noch heiß. Luc konnte sich nicht erinnern, ausgerechnet so einen großen Bratentopf genommen zu haben. Er sah sich in der Küche um. Ansonsten schien alles an seinem Platz zu sein. Er überprüfte die Hintertür. Abgesperrt. War jemand hier gewesen? Vielleicht hatte er es sich doch nicht eingebildet, dass jemand ihn beobachtete und verfolgte. Diese Schritte, er hatte sie deutlich gehört. Und dann das Spiegelbild des Mannes in der Schaufensterscheibe des ehemaligen Fleischerladens. Auf der anderen Straßenseite hatte der Mann gestanden und ihn beobachtet, und im nächsten Moment war er fort gewesen. Luc war sich jetzt fast sicher, dass ihm die Fantasie keine Streiche spielte.
Er starrte wieder auf den Topf. Dieses riesige Ding, das zwei Brenner bedeckte, hätte er niemals genommen. Da passte ein kleines Schwein hinein. Er konnte sich nicht mal erinnern, dass er einen so großen Topf besaß. Wozu sollte er den auch benutzen?
Jemand musste ihn dagelassen haben. Aber warum auf dem Herd? Was sollte das? Es sei denn, jemand versuchte ihn zu verwirren oder verrückt zu machen. Es sei denn … jemand wollte ihm Angst einjagen.
Luc brach kalter Schweiß aus, sodass ihm das Hemd am Rücken klebte. Sein Herz trommelte heftig gegen den Brustkasten. Voller Panik sah er sich noch einmal im Raum um. Mit ruckartigen Kopfbewegungen blickte er suchend hierhin und dorthin und beschleunigte seine Schritte. Er eilte durch den Wohnraum, stolperte und hastete weiter.
Die Panik gewann endgültig die Oberhand, als er schrie: „Scrapple! Scrapple, komm her, mein Kleiner! Komm, Scrapple! Wo bist du?“
Heiße Tränen rannen ihm über die Wangen, und er wischte sie mit dem Hemdsärmel fort. Ihm war so übel, er fürchtete, sich gleich zu übergeben. Seine Beine trugen ihn kaum die Treppe hinauf, und auf halbem Weg sackten sie ihm weg. Er stürzte, fiel einige Stufen zurück und krachte mit der Schulter gegen die Wand. Er versuchte wieder zu rufen, doch die Kehle war ihm wie zugeschnürt. Lediglich ein Wimmern kam über seine Lippen, das ihn noch mehr in Panik versetzte, weil er nicht merkte, dass es aus seinem Inneren kam. Er klang wie ein verwundetes Tier.
Auf den Stufen liegend, unfähig aufzustehen, da ihm die Beine den Dienst versagten, presste er die Wange auf das kühle Holz. Er zitterte am ganzen Leib und konnte es nicht unterdrücken. Nach einem Moment schlang er die Arme um sich, so gut es ging, legte das Gesicht auf die angezogenen Knie und versuchte verzweifelt, gegen Übelkeit und Frösteln anzugehen. Er konnte immer noch das kreischende Wimmern hören, diesen schrecklichen Laut aus dem eigenen Mund.
Plötzlich wurde er angestoßen. Ein kühler Stups. Langsam löste Luc die Wange von der Stufe und hob den Kopf. Sofort begrüßte ihn eine feuchte Zunge im Gesicht.
„Scrapple! Scrapple, verflixt nochmal! Warum kommst du nicht, wenn ich dich rufe?“ Er schnappte sich den Hund, zog ihn an sich und hielt ihn so fest, dass der sich wimmernd zu entwinden versuchte, doch Luc ließ ihn nicht los.
45. KAPITEL
Maggie sah Sheriff Watermeier durch Luc Racines kleine Küche stapfen, einen kritischen Blick auf den Kalender an der Wand, das fransige, an einem Schubladengriff baumelnde Handtuch und das schmutzige Geschirr im Spülbecken werfen. Watermeier schien an allem interessiert, außer an dem menschlichen Schädel, der in der eigenen Brühe abgetaucht war. Der große Topf auf dem Herd fühlte sich immer noch warm an.
Adam Bonzado schlug Luc vor, mit ihm hinauszukommen und frische Luft zu schnappen. Doch zuvor schenkte Bonzado sich ein Glas Wasser ein und stürzte es hinunter. Er füllte ein zweites Glas, vielleicht für Racine, und folgte dem alten Mann zur Hintertür hinaus.
„Das hat Luc richtig erschüttert“, bemerkte Maggie.
„Natürlich hat es das“, erwiderte Watermeier fast schnaubend. „Ich wäre auch erschüttert, wenn
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