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Eiskalter Wahnsinn

Eiskalter Wahnsinn

Titel: Eiskalter Wahnsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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Tasche gleiten, kurz davor, die Suche aufzugeben. So viel zum Thema Mut, wenn sie nicht mal den Mumm hatte, das Gebäude zu finden. Plötzlich entdeckte sie das Schild Dobson Hall. Zögerlich blickte sie an dem Backsteingebäude hinauf. Wenn ich schon mal hier bin, dachte sie, wäre es albern, nicht hineinzugehen.
    Am Empfangstisch saß eine Brünette mit gepierctem Nasenring, ein Schulbuch auf dem Schoß, ein Telefon in der einen und eine Flasche Wasser in der anderen Hand.
    „Ich weiß, dass es im Examen drankommt. Er hat es ja bloß tausend Mal gesagt.“ Sie blickte zu Maggie auf und fragte, ohne den Hörer abzulegen. „Kann ich Ihnen helfen?“
    „Ich suche Patrick Murphy.“
    Das Mädchen blickte zur Liste an der Ecke des Schreibtisches, in der sich die Studenten ausgetragen hatten. „Er ist bis spät heute Abend außer Haus. Aber hm … wissen Sie, ich glaube, er ist arbeiten. Sie erwischen ihn vielleicht da drüben.“ Sie deutete über die Straße.
    Maggie wusste zunächst nicht, was sie meinte. Dann entdeckte sie Champs Grill. Natürlich, er hatte einen Studentenjob. Das hatte nicht in ihren Akten gestanden.
    Champs Grill roch nach Frittenfett, war dunkel, laut und verraucht. Die Nischen mit den hohen Rückenlehnen waren voll gepackt mit Studenten.
    Maggie fand einen Hocker an der Bar und begann ihre Suche. Sie ließ den Blick über den Speisebereich schweifen, beobachtete die Kellner und fragte sich, ob sie ihn erkennen würde. Und wenn ja, was würde sie sagen? Wie sagte man jemandem, dem man noch nie begegnet war, man sei die große Schwester? Vielleicht hätte sie ihm erst eine Hallmark-Karte schicken sollen. Hatten die nicht für jede Gelegenheit eine passende?
    Am Ecktisch sah sie einen großen, dunkelhaarigen Kellner mit einer Gruppe junger Leute lachen, während die ihre Bestellungen aufgaben.
    Kam ihr sein Profil bekannt vor? Er schien derjenige zu sein, der alle zum Lachen brachte. Schmunzelnd dachte sie daran, wie ihr Vater sie immer zum Lachen gebracht hatte, manchmal bis ihr der Bauch wehtat. So heftig wie damals hatte sie nie mehr gelacht. Viele Erinnerungen an ihren Vater wurden jedoch von der an seinen Tod überschattet. Sie dachte nicht in erster Linie an seine Scherze und Umarmungen zurück, sondern an den Geruch von verbranntem Fleisch. Manchmal wachte sie nachts auf und hatte diesen Geruch in der Nase, obwohl sich das Beerdigungsinstitut damals sehr viel Mühe gegeben hatte, ihn zu übertönen.
    Das Medaillon, das er ihr zu ihrem Schutz geschenkt hatte, erinnerte sie stets daran, dass er ein identisches besessen hatte, das ihn nicht schützen konnte. Er war in das Flammeninferno gelaufen und als toter Held hinausgetragen worden.
    Sie betastete ihr Medaillon, das sie unter der Bluse trug. Sie sollte auch andere als trübe Erinnerungen an ihren Vater zulassen, es musste nicht alles schmerzlich sein.
    Während sie den Kellner in der Ecke beobachtete, fragte sie sich, ob Patrick überhaupt wusste, wer sein Vater war. Hatte seine Mutter es ihm gesagt? Oder hatte ihre Mutter mit seiner das Abkommen geschlossen zu schweigen?
    „Kann ich Ihnen etwas zu trinken bringen, Ma’am?“ hörte sie den Barmann fragen.
    „Eine Diät-Cola bitte“, erwiderte sie und hätte lieber einen Scotch gehabt. Sie drehte sich leicht, um ihn mit einem Blick zu streifen.
    „Möchten Sie die mit einer Zitronenspalte?“
    „Nein, ich möchte …“ Sie verstummte und sah den Barmann fassungslos an, als hätte sie einen Geist vor sich. Ihr war, als blicke sie in das Gesicht ihres Vaters. Die gleichen braunen Augen, das gleiche Grübchen im Kinn.
    „Keine Zitrone?“ vergewisserte er sich und lächelte wie ihr Vater.
    „Nein, danke.“
    Sie versuchte ihn nicht anzustarren, als er Eiswürfel in ein Glas gab, die Cola darüber goss und ihr das Glas hinstellte.
    „Einen Dollar fünfzig, aber keine Eile. Bei Cola wird nachgeschenkt.“
    Ihr hatte es die Sprache verschlagen, und sie konnte nur noch lächelnd nicken. Er ließ sie allein, um andere Gäste zu bedienen. Sie beobachtete ihn und kam sich vor wie ein Voyeur, da sie jede seiner Bewegungen verfolgte, fasziniert von den Händen mit den schlanken Fingern. Er trug das Haar wie ihr Vater. Ein deutlicher Wirbel ließ ihm wenig andere Möglichkeiten.
    Nach dem dritten Auffüllen des Glases und einem ausgiebigen Plausch über das Wetter ging sie, da sie unbedingt zum Dinner mit Bonzado nach Meriden zurückmusste. Sie hatte nicht den Mut gehabt, sich vorzustellen.

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