Eiskalter Wahnsinn
ich einen menschlichen Schädel auf meinem Herd köchelnd finden würde und mich nicht erinnern könnte, ob ich ihn in den Topf getan habe.“
„Sie glauben, er hat das selbst gemacht und kann sich nicht daran erinnern?“
„Sein verdammter Hund gräbt dauernd irgendwelche Körperteile aus. Wer weiß, was Racine als Souvenir behalten hat und was noch unter der Veranda lagert?“ Er bemerkte Maggies Skepsis. „Haben Sie eine andere Erklärung?“
„War Racine nicht im Steinbruch, als die erste Leiche gefunden wurde?“
„Ja, sicher. Und er hat die Geschichte umgehend im Fernsehen ausgequatscht. Wahrscheinlich ist das nur so eine Finte von dem armen Kerl, um sich wichtig zu machen.“
„Er behauptet, verfolgt worden zu sein.“
„Ja, und nächste Woche behauptet er vermutlich, Abraham Lincoln zu sein.“
„Hat er das denn schon mal gemacht?“ Maggie reagierte zunehmend gereizt auf Watermeiers Sarkasmus.
„Was? Verdammte Schädel gekocht?“
„Nein. Hat er früher schon mal etwas Exzentrisches angestellt, um Aufmerksamkeit zu erregen?“
„Nicht, dass ich wüsste. Aber Sie wissen, dass der alte Mann Alzheimer hat, oder?“
„Ja, das ist mir bekannt“, sagte sie mit einer Gelassenheit, die ihr allmählich schwer fiel. „Soweit ich über Alzheimer informiert bin, manifestiert es sich gewöhnlich nicht in Paranoia.“
„Was genau wollen Sie damit sagen, O’Dell? Glauben Sie, jemand ist ihm gefolgt, in sein Haus geschlichen und hat ihm ein kleines Geschenk hinterlassen, um ihn fertig zu machen?“ Watermeier lehnte sich in herausfordernder Pose mit vor der Brust verschränkten Armen gegen die Arbeitsplatte. Durch seine Größe wirkte die kleine Küche noch kleiner. Auch seine Stiefel der Größe zwölf nahmen zu viel Platz ein.
„Und wenn der Killer Mr. Racine nun im Fernsehen gesehen hat? Was, wenn er ihm die Schuld daran gibt, dass sein kleines Versteck aufgeflogen ist?“ Sie wartete auf Watermeiers Reaktion. Der wartete jedoch skeptisch ab, um mehr von ihr zu hören. „Wir haben darüber gesprochen, dass dieser Killer paranoid und delusorisch ist. Erinnern Sie sich?“
„Ja, ich erinnere mich. Und Sie haben erwähnt, dass der Täter sich an jemandem vergreifen könnte, von dem er sich verfolgt fühlt, weil der ihn seiner Ansicht nach fertig machen will. Aber warum wählt er dann Racine aus und nicht Vargus? Der hat doch eigentlich die Fässer entdeckt.“
„Nach allem, was wir wissen, schlägt unser Täter seinen Opfern von hinten den Schädel ein und versteckt die Leichen. Wir reden hier also nicht von einer vor Arroganz und Mut strotzenden Persönlichkeit. Würden Sie sich an seiner Stelle auf den jungen, kräftigen Bauarbeiter stürzen oder auf den alten Mann mit Alzheimer im Frühstadium?“
„Sie haben aber auch gesagt, der Täter könnte aus Panik töten.“
„Ja. Und ich glaube, er hat die Frau entführt, nach der ich suche. Joan Begley. Sie ist möglicherweise Samstagabend in den Hubbard Park gefahren, um sich dort mit ihm zu treffen.“
„Hubbard Park?“
„Ich habe in ihrem Hotelzimmer eine Adresse gefunden: Hubbard Park, West Peak, 23.30 Uhr. Das ist etwa die Zeit, als man das letzte Mal von ihr gehört hat. Könnten Sie den Park absuchen?“
„Nach ihrem Auto?“
„Ja. Oder nach ihrer Leiche.“
Maggie sah, wie Watermeier leicht die Augen verengte. Er verlagerte das Gewicht und lehnte sich wieder an die Arbeitsplatte, aber diesmal, um ernsthaft über das Gesagte nachzudenken.
„Sie wissen, dass ich dreißig Jahre bei der New Yorker Polizei war?“
Die Frage überraschte Maggie. Watermeier blickte über ihren Kopf hinweg durch das Fenster nach draußen. Vielleicht beobachtete er Bonzado und Racine. Vielleicht. Obwohl er kurz verstummte, wusste sie, dass er keine Antwort von ihr erwartete.
„Ich habe in meiner Zeit eine Menge abartigen Mist gesehen, O’Dell.“ Er streifte sie mit einem Blick, ehe er wieder zum Fenster hinaussah. „Rosie, meine Frau, hatte die Idee, hierher zu ziehen. Zuerst gefiel mir die Gegend genauso wenig wie ihr Vorschlag, ich sollte mich für das Amt des Sheriffs bewerben. Das Leben hier erschien mir zu langsam und eintönig. Und dann passierte der 11. September. Ich verlor eine Menge alter Freunde. Alle an einem Tag.“
Er kratzte sich das Kinn, sah Maggie jedoch nicht an. „Ich hätte an jenem Tag unter ihnen sein können, dann gäbe es mich nicht mehr. Einfach so. Letztlich habe ich Wochen dort verbracht … in dem ganzen
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