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Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Zeitung und das Fernsehprogramm beschränkt.
    Â»Hat sie gesagt, wo im Ausland sie war?«, fragte ich, während ich den Nadolny aufs Bett zurücklegte. »Was sie dort gemacht hat? Was ihr Beruf ist?«
    Â»Nein. Nichts hat sie gesagt.«
    Â»Wie ist sie eigentlich angekommen?«
    Stachowiak – endlich war mir der Name wieder eingefallen – sah mir verständnislos ins Gesicht.
    Â»Mit dem Auto, im Taxi …?«
    Â»Gute Frage.« Ratlos grinsend kraulte er seinen fransigen Bart. »Keine Ahnung, ehrlich gesagt. Sie hat gegen Mittag angerufen, ob die Wohnung noch zu haben ist, und zwei Stunden später war sie da. Sie wollte wissen, wie man hier wegkommt. Habe ihr gesagt, mit dem Bus nach Ladenburg, und von da geht dann ein Zug. Andererseits, in der Tiefgarage stehen eine Menge Autos rum. Schon möglich, dass eines davon ihr gehört.«
    Für einige Sekunden schwiegen wir. Der Kühlschrank summte. Tief unter uns fuhr ein Motorrad mit heulendem Motor davon.
    Â»Und?«, fragte der Hausmeister. »Kann ich nun Ärger kriegen wegen dem Ausweis und so?«
    Â»Wenn Sie weiterhin so kooperativ sind, will ich diesen Punkt vergessen. Wie kommt man nachts eigentlich ins Haus?«
    Verwundert sah er mich an. »Na, mit dem Schlüssel. Oder der, den Sie besuchen wollen, drückt den Türöffner. Eigentlich hängt unten auch ein großes Schild, dass man nachts abschließen soll. Seit das mit den Einbrüchen gewesen ist. Aber es hält sich so gut wie niemand dran.«
    Â»Ich habe gesehen, dass im Erdgeschoss über den Fahrstuhltüren eine Videokamera hängt. Zeichnet die alles auf?«
    Â»Das wollten Ihre Kollegen auch schon wissen. Da steht nur ein kleiner Monitor neben meinem Fernseher. So kann ich nebenher ein bisschen nach dem Rechten sehen, ohne dauernd an die Tür zu laufen. Aufgezeichnet wird aber nichts.«
    Ein kleines Gerät am Gürtel seiner schwarzen Lederhose, die an ihm saß wie eine Wurstpelle, begann zu quäken.
    Â»Babyfon«, erklärte er mit erschöpftem Grinsen, »ich muss …«
    Er verabschiedete sich mit einem unsicheren Winken. Ich drückte ihm eines meiner Kärtchen in die Hand, und er nahm es entgegen, als wäre es eine Ehre für ihn.
    Dann war ich wieder allein. Ich trat noch einmal zum Bett und betrachtete die ausgebreiteten Bücher. Eine Frau, die solche Autoren las, besaß mehr als zehn Bücher. Was hier vor mir lag, war vermutlich nur eine kleine, möglicherweise in Eile aus dem Regal gegriffene Auswahl einer größeren Sammlung. Ich nahm jeden einzelnen Band noch einmal zur Hand und blätterte ihn durch auf der Suche nach Hinweisen auf die Besitzerin. In einem der Bücher, die Stachowiak mitgebracht hatte, einer abgegriffenen Ausgabe von Thomas Manns Zauberberg , entdeckte ich auf Seite drei eine Stelle, wo etwas ausradiert worden war. Ich trat ans Fenster und hielt das Blatt gegen das Licht.
    Â»S. Breits…« Der Rest war nicht zu entziffern. Aber die Zauberkünstler in meinem Labor würden den Namen rasch wieder lesbar machen.

5
    Beim Mittagessen in der Kantine setzte sich Balke an meinen Tisch. Er war sichtlich gut gelaunt. Auf seinem Teller thronte ein halbes Hähnchen auf einem Berg Pommes, ich selbst hatte mir einen Salat mit Thunfisch und Oliven gegönnt.
    Â»Ich weiß inzwischen, wo sie am Samstag zu Abend gegessen hat«, begann er und riss dem Hähnchen gut gelaunt ein Bein aus. »Sie war im Ochsen in Ladenburg. Wir haben den Taxifahrer gefunden, der sie hingefahren hat. Das Personal in dem Lokal erinnert sich gut an sie, sie war nicht zum ersten Mal dort. Und – jetzt kommt’s – außerdem erinnern sich die Mädels an einen Typ mit langen Haaren und Lederjacke. Die zwei Hübschen haben sich an dem Abend erst kennengelernt. Und wie es aussieht, hat eher sie ihn abgeschleppt als umgekehrt. Ihre Eroberung scheint aber ein ziemlicher Loser zu sein. Sie hat am Ende sogar seine Rechnung bezahlt.«
    Â»Hat sie das öfter so gemacht?«
    Â»Anscheinend ja. So ziemlich jeden Samstag hätte man sie gesehen im Ochsen. Und zwar mit dem unverkennbaren Ziel, nicht allein nach Hause zu fahren.«
    Â»Das klingt nicht gerade, als hätte sie den Mann aus finanziellen Interessen mitgenommen.«
    Â»Nee.« Balke lutschte sich die Finger ab. Sein Hähnchen verwandelte sich zügig in einen Berg

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