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Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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es wert.«
    Â»Ich …« Er schluckte ein letztes Mal. »Ich bin nachts aufgewacht, weil im Flur Radau war. Da war auch Licht, und dann hab ich gesehen, wie von außen wer gegen die Glastür stolpert und langsam dran runterrutscht. Als Nächstes hab ich dann gemerkt, dass die Anita nicht mehr im Bett war.«
    Â»Oh, ich weiß, was jetzt kommt«, stöhnte Balke. »Sie hat sich selbst erstochen, nachdem sie Ihnen die Handtasche und die Uhr und ihren Schmuck vermacht hatte.«
    Â»Nein.« Reuschlin ließ sich nicht mehr aus dem Konzept bringen. »Erst mal bin ich nur erschrocken. Hab gedacht, sie ist vielleicht ausgerutscht und hingefallen. Aber dann ist es auf einmal ganz still gewesen, und da hab ich gedacht, sie hat sich vielleicht den Kopf angeschlagen. Nach einer Weile hab ich nachgeguckt, weil sie sich überhaupt nicht mehr gerührt hat. Und da hab ich das ganze Blut gesehen …«
    Reuschlin atmete jetzt sehr heftig, sein Blick war glasig.
    Â»Mein erster Gedanke war: Bloß weg hier. Das glaubt dir kein Mensch, hab ich gedacht. Du musst abhauen, hab ich gedacht, sofort und so weit weg wie möglich. Aber dafür braucht man Geld, das ist mir komischerweise eingefallen. Und dass sie ziemlich viel Bares in ihrer Handtasche gehabt hat, wusst ich ja. Dann hab ich auch noch die Uhr genommen, vom Nachttisch, und vielleicht auch den Schmuck, keine Ahnung. Das ist natürlich alles totaler Blödsinn gewesen. Aber ich bin total in Panik gewesen, wissen Sie, und hab nur noch gedacht, jetzt geht’s dir an den Kragen, wenn du nicht sofort abhaust. Das glaubt dir kein Mensch, hab ich gedacht. Und dass die das Geld nicht mehr gebraucht hat, das hat man gesehen. Die ist tot gewesen, toter als tot, das hat man gesehen.«
    Â»Waren Sie das eigentlich, der in den Lift gekotzt hat?«, wollte Balke mit undurchsichtiger Miene wissen.
    Â»Schon möglich. Keine Ahnung. Ich weiß nur: Mir ist so was von schlecht gewesen, und irgendwo hab ich vielleicht hingekotzt, kann sein.«
    Â»Und wie kommt das Blut an Ihren Stiefel?«
    Â»Muss ich reingetreten sein. Da ist man ja gar nicht vorbeigekommen, ohne reinzutreten, so viel Blut ist das gewesen.«
    Â»Und an Ihrer Hand?«
    Der Anwalt machte eine schnelle Geste. »Das ist eine Fangfrage, meine Herren. Bisher haben Sie kein Blut an den Händen von Herrn Reuschlin nachgewiesen. Bitte unterlassen Sie das.«
    Â»Mich würde noch interessieren, wie es weiterging«, sagte ich. »Der erste Zug von Ladenburg geht um fünf Uhr siebenunddreißig in Richtung Weinheim. Der Mord war gegen drei Uhr. Was haben Sie in den folgenden zweieinhalb Stunden gemacht?«
    Â»Daheim bin ich gewesen. Ich war halb totgefroren. Mich aufgewärmt hab ich und mich umgezogen.«
    Â»Was haben Sie mit den Sachen gemacht, die Sie anhatten?«
    Â»Weggeschmissen. Bis auf die Stiefel. Die sind meine einzigen warmen Schuhe. Dann hab ich noch eine halbe Stunde gewartet, bis es Zeit war für den Zug. Ich bin schier wahnsinnig geworden, das können Sie mir glauben. Dann bin ich zum Bahnhof. Zum Glück hab ich gewusst, wann der erste Zug geht, weil die Bahnlinie ja direkt an meinem Fenster vorbeigeht.«
    Â»Das ist so weit alles richtig«, bestätigte Balke. »Ihre Klamotten haben wir tatsächlich in der Mülltonne vor dem Haus gefunden. Nicht besonders intelligent, ehrlich gesagt.«
    Eine Weile blieb es still, und man hörte nur das Schnaufen des Anwalts, der inzwischen eine unglückliche Miene aufgesetzt hatte.
    Â»Und?«, fragte Reuschlin schließlich in kläglichem Ton. »Glauben Sie mir jetzt?«
    Ich sah Balke an, Balke sah mich an.
    Â»Sehen Sie«, sagte Reuschlin. »Hab ich mir gedacht.«
    Â»Solange Sie die Tatwaffe nicht vorweisen können, meine Herren, können Sie meinem Mandanten aber kaum das Gegenteil beweisen.« Wie schon am Vortag klappte der Anwalt auch jetzt mit leisem Knall sein Notizbuch zu. »Selbst wenn Herr Reuschlin Blutspuren an den Händen haben sollte,was noch nicht erwiesen ist, dann könnten die zum Beispiel daher rühren, dass er sich zu Hause seine Stiefel ausziehen musste.«
    Womit er leider recht hatte. Wenn Reuschlin bei seiner Aussage blieb und wir das Messer nicht fanden, dann sah es in der Tat schlecht aus für uns.
    Wegen akuter Fluchtgefahr blieb Gregor Reuschlin bis auf weiteres in U-Haft, obwohl er einen festen Wohnsitz

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