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Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Plötzlich wurde mir bewusst, dass alle mich teils erwartungsvoll, teils ratlos ansahen. Offenbar hatte ich mitten im Satz den Faden verloren.
    Â»Ich habe mich mal schlaugemacht«, sagte Evalina Krauss in die Stille hinein. »Wegen dieser IFS, wo sie gearbeitet hat: IFS heißt International Finance Services. Das ist eine AmerikanischeBank, habe ich rausgefunden, beziehungsweise war. Die existiert nämlich nicht mehr, ist vergangenen Herbst Pleite gegangen. Die letzte Überweisung in Höhe von dreißigtausend Euro hat den Vermerk ›Sonderzahlung‹ und ist vermutlich so was wie eine Abfindung. Vielleicht dafür, dass sie freiwillig gegangen ist und man ihr nicht kündigen musste. Sie hat sich aber nicht um eine neue Arbeit gekümmert. Zumindest kennt man bei der Agentur für Arbeit ihren Namen nicht.«
    Â»Für die kleine Wohnung in Heddesheim hat sie eine irrwitzige Miete bezahlt«, fiel mir ein. »Das passt doch alles vorne und hinten nicht zusammen.«
    Oberkommissarin Krauss sah mich erwartungsvoll an. Balke beobachtete angestrengt seine Finger, die auf der Tischplatte Lockerungsübungen machten.
    Â»Vielleicht fassen Sie einfach mal zusammen: Was wissen wir bisher über die Frau?«, fragte ich die fleißige Oberkommissarin.
    Â»Gelernt hat sie Bürokauffrau«, sagte sie mit Blick auf den Bildschirm ihres Notebooks. »In Ostberlin. Die Eltern sind tot, Geschwister gibt’s keine, beziehungsweise keine mehr. Eine Schwester ist vor Jahren gestorben.«
    Â»Es muss aber doch in Karlsruhe Menschen geben, die uns was über sie erzählen können«, überlegte ich. »Nachbarn, Freunde, ehemalige Kollegen.«
    Â»Aber wozu denn?«, fragte Balke bissig. »Was wollen Sie denn noch? Wir haben den Täter. Wir haben ein Geständnis.«
    Â»Und ich habe ein komisches Gefühl bei der Sache.«
    Wieder war es für Sekunden still. Und wieder ergriff Evalina Krauss die Initiative.
    Â»Falls keiner was dagegen hat«, sagte sie, »dann kümmere ich mich um diese IFS und finde raus, wer da sonst noch gearbeitet hat.«
    Balke faltete mit verkniffenem Mund ein Papier klein und immer kleiner zusammen.
    Â»Wie ist eigentlich die Geschichte mit dem Toten und seinem Hund ausgegangen?«, fragte ich Evalina Krauss, als die Sitzung beendet war und der Raum sich leerte.
    Â»Der Arzt meint, es war Herzversagen. Der Hund hat ihn erst … ähm … angeknabbert, als er schon tot war.«
    Â»Einer der Gründe, warum ich mir keinen Hund anschaffen werde«, brummte Balke und stopfte seinen PDA in eine Gesäßtasche seiner Jeans.
    Â»Jedenfalls ist die Sache für uns gelaufen«, erklärte Evalina Krauss mit schelmischem Lächeln. »Bis Mittag haben Sie meinen Bericht auf dem Tisch, Chef.«
    Um halb elf erschien Derek Stachowiak bei mir, der Hausmeister aus Heddesheim. Seinen quengelnden und immer noch fiebernden Sohn trug er auf dem Arm. Stachowiak wirkte zugleich angespannt und abgekämpft. Sönnchen bot an, sich um den Kleinen zu kümmern, und er war sehr erleichtert, wenigstens dieses Problem vorübergehend vom Hals zu haben.
    Â»Nehmen Sie bitte Platz«, sagte ich ernst. »Und danke, dass Sie gleich gekommen sind.«
    Die Bewegungen, mit denen er einen Stuhl heranzog, waren umständlich und fahrig. Von der ersten Sekunde an saß er so, als könnte er jederzeit aufspringen und die Flucht ergreifen.
    Â»Sie können sich denken, weshalb ich Sie hergebeten habe?«
    Stachowiak starrte auf die Tischkante und nickte erst nach Sekunden.
    Â»War ja klar, dass Sie es früher oder später rausfinden. Aber ich habe sie nicht umgebracht. Ich war nicht mal in der Nähe ihrer Wohnung, in der Nacht.«
    Â»Wie hoch war noch mal die Miete, die Frau Bialas bezahlt hat?«
    Ãœberrascht sah er mich an. »Bialas, ist sie das?«
    Ich nickte. Er senkte wieder den Blick.
    Â»Neunhundertfünfzig. Inklusive Nebenkosten.«
    Â»Und die hat sie Ihnen jeden Monat bar gegeben, und Sie haben das Geld dann an den Besitzer der Wohnung überwiesen?«
    Â»Hm.«
    Â»Haben Sie das mit den Damen, die früher dort gewohnt haben, auch schon so gemacht?«
    Â»Hm.«
    Â»Und wie hoch war die Miete tatsächlich?«
    Schweigen.
    Â»Herr Stachowiak, es kostet mich einen kurzen Anruf beim Besitzer der Wohnung …«
    Â»Dreihundertzwanzig«, murmelte er

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