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Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Anita angeht, ich bin drüber weg, ehrlich. Es ist vorbei.«
    Vor den Fenstern rauschte der Verkehr. Im Vorzimmer krähte Stachowiak junior.
    Â»Ich glaube Ihnen«, sagte ich.
    Â»Sie verdächtigen mich nicht? Warum?«
    Â»Weil Sie so ein hundsmiserabler Lügner sind. Haben Sie gewusst, dass sie am Samstagabend Männerbesuch hatte?«
    Â»Natürlich. Ich habe auf dem Monitor gesehen, wie sie losgezogen ist, wie fast jeden Samstag. Und ich habe gesehen, wie sie mit diesem … schrägen Typ im Schlepptau heimgekommen ist, mit diesem Loser. Arm in Arm und schon ziemlich angetörnt.«
    Â»Und da sind Sie nicht auf den Gedanken gekommen, oben ein bisschen zu spionieren?«
    Â»Doch. Aber ich hab’s nicht gemacht.«
    Â»Sie haben in Ihrem Wohnzimmer gesessen und waren wütend.«
    Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Scheiße, ja. Ich bin … ich kann …«
    Â»Sie sind wirklich nicht oben gewesen?«
    Â»Wissen Sie, was ich gemacht habe?« Plötzlich wurde er laut. Starrte mich wütend an. »Besoffen habe ich mich. Und mir eine Porno-DVD reingezogen. Und mir vorgestellt, wie sie es oben miteinander treiben. Den Rest können Sie sich denken. Das war mein toller Samstagabend. Dann bin ich ins Bett, undirgendwann ist Robin aufgewacht und hat neununddreißigfünf Fieber gehabt. Da muss es ungefähr halb eins gewesen sein.«
    Â»Wer außer Ihnen und Frau Bialas könnte noch einen Schlüssel zu ihrer Wohnung haben?«
    Â»Der Vermieter hat natürlich einen. Und die Hausverwaltung. Die haben einen Generalschlüssel wie ich.«
    Â»Was sieht es mit den ehemaligen Mieterinnen aus?«
    Â»Die haben ihre Schlüssel immer brav abgegeben. Mussten schließlich fünfzig Euro Kaution hinlegen, pro Stück.«
    Â»Das heißt, der Mörder hat entweder geklingelt, oder er hat das Schloss geknackt.«
    Stachowiak zuckte die Achseln. »Keine Kunst, bei den alten Dingern. Sie haben das mal im Fernsehen gezeigt. So schnell kann man gar nicht gucken, wie man die aufkriegt, wenn man das richtige Werkzeug hat.«
    Mir kam ein Gedanke. »Wie war das eigentlich, wenn Sie bei ihr waren? Hat sie da immer von innen abgeschlossen? Da sind zwei zusätzliche Sperrriegel, die man nur von innen betätigen kann.«
    Â»Ich weiß. Ich habe sie ja selbst angeschraubt.« Heftig schüttelte er den Kopf. »Nein, die Tür hat sie nur verrammelt, wenn sie allein war. Anita hat vor irgendwas Angst gehabt.«
    Â»Haben Sie sie mal gefragt, wovor?«
    Â»Klar, hab ich. Aber da hat sie nur gelacht.«
    Wie versprochen, lieferte Evalina Krauss mir ihren Bericht zu der Leiche mit Hund noch vor dem Essen. Außerdem brachte sie eine Liste mit, auf der elf Namen standen.
    Â»Habe ich vom Karlsruher Finanzamt«, erklärte sie vergnügt. »Das sind die Leute, für die die IFS bis August Lohnsteuer abgeführt hat. Der oberste, Konradin Fabricius, war der Chef, Martin Degenhardt sein Stellvertreter, der zweite Mann. Degenhardt ist der Einzige, den ich bisher ans Telefon gekriegt habe. Ich habe sicherheitshalber so getan, als hätte ich mich verwählt.«
    Â»Dann rufen wir den Herrn doch gleich mal an.« Ich nickte ihr anerkennend zu und griff zum Hörer. Die Vorwahl der Nummer ließ mich vermuten, dass der Mann in der Nähe von Karlsruhe lebte.
    Es tutete eine Weile, bis abgenommen wurde.
    Â»Ja?«, sagte eine Männerstimme, die nach viel zu vielen Zigaretten klang.
    Â»Spreche ich mit Herrn Degenhardt?«
    Â»Wer möchte das wissen?«
    Ich stellte mich vor.
    Â»Und was verschafft mir«, er hustete, »… die fragwürdige Ehre?«
    Â»Es geht um eine frühere Kollegin von Ihnen, Anita Bialas.«
    Â»Und wieso …« Er zögerte eine halbe Sekunde zu lange, »… interessiert sich auf einmal die Polizei für sie?«
    Â»Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir uns treffen und Sie mir ein bisschen von Ihrer ehemaligen Kollegin erzählen?«
    Â»Ja. Nein. Was ist denn eigentlich los?«
    Â»Frau Bialas wurde ermordet.«
    Â»Habe ich richtig verstanden?« Wieder hustete er. »Sagten Sie ›ermordet‹?«

11
    Martin Degenhardt wohnte in Bretten, einem Städtchen mitten im Kraichgau, etwa zwanzig Kilometer nordöstlich von Karlsruhe. Wir hatten verabredet, uns in einem Lokal am Marktplatz zu treffen, offenbar das Stammlokal

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