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Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Popelkram wie früher, habe ich mir geschworen.«
    Â»Wo in Karlsruhe haben Sie eigentlich gewohnt?«
    Â»Am Geigersberg. Liegt im Osten. Wird Ihnen nichts sagen.«
    Ich verschwieg, dass ich sehr gut wusste, wo das teuerste Wohnviertel Karlsruhes lag.
    Meine telefonische Anfrage bei der Anwaltsfirma, die Fabricius mir genannt hatte, stieß auf wenig Begeisterung. Man werde sich der Angelegenheit gerne widmen, erklärte mir eine schnippische Dame, deren Funktion in der Firma mir nicht klar wurde. Aber selbstverständlich erst, wenn ein schriftliches Gesuch mit dem Stempel der Staatsanwaltschaft vorliege. Ich bat Sönnchen, sich darum zu kümmern, und wünschte der Berliner Ziege die Schweinegrippe an den Hals.
    Am späten Vormittag wurde das, was ich bisher nur befürchtet hatte, zur Gewissheit: Anita Bialas und John Karenke waren mit demselben Messer erstochen worden. In der Wunde, die zu John Karenkes Tod geführt hatte, fanden unsere Forensiker mikroskopisch kleine Blutspuren, die nicht von ihm, sondern von Anita Bialas stammten. Also hatte der Täter zunächst die Frau erstochen und war später mit dem blutigen Messer im Gepäck nach Heidelberg gefahren, um dort – vielleicht sogar in derselben Nacht – John Karenke zu töten.

15
    Am Donnerstagabend besuchte ich Holger Firlei, den nächsten Nachbarn des toten Juweliers, mit dem dieser in Dauerfehde gelebt hatte. Den Nachmittag über hatte ich mit diversen Personen auf Irina Durians langer Liste telefoniert. Alle hatten Karenke als eigenbrötlerischen, herrischen Menschen beschrieben, der sich in den letzten Jahren mehr und mehr abgekapselt hatte. Firlei schien von allen am meisten unter ihm gelitten und ihn am ärgsten gehasst zu haben.
    Ein großer, ernster Mann mit müden Augen öffnete mir die Tür. Ich schätzte ihn auf Mitte fünfzig. Sein lockiges, von vielen grauen Strähnen durchzogenes Haar trug er schulterlang. Gekleidet war er in eine dunkle Nadelstreifenhose, die früher einmal Teil eines teuren Anzugs gewesen sein mochte, und ein schlabberiges sonnengelbes T-Shirt, auf dem in grüner Schrift »Save our Environment« stand. Karenkes nächster Nachbar machte nicht den Eindruck eines Menschen, der gerne Sport trieb. Allerdings entdeckte ich in der Ecke gleich neben derHaustür einen weinroten Golfsack, der Spuren häufiger Benutzung zeigte. Von Beruf war Firlei Architekt, hatte ich schon während unseres Telefonats erfahren. Er bewohnte einen in den Hang gebauten, verschachtelten Bungalow aus Beton und sehr viel Glas, den er selbst entworfen hatte. Als er sich umwandte, um mich ins Haus zu führen, sah ich, dass auch auf die Rückseite seines T-Shirts etwas gedruckt war: »Kill yourself.«
    Wir durchquerten eine großzügige, ganz in Grau gehaltene Halle und betraten einen hell erleuchteten Wohnraum, der sich über mehrere Ebenen erstreckte. Draußen war es, obwohl erst kurz nach fünf, schon fast völlig dunkel. Der Ausblick auf das Lichtermeer der Heidelberger Weststadt und die Rheinebene war überwältigend. Am westlichen Horizont hing ein letzter blutroter Streifen Licht, der zusehends verblasste.
    Â»Der alte Karenke war ein schwieriger Mensch«, waren die ersten Worte des Architekten, nachdem wir Platz genommen hatten. »Man kann es auch volkstümlicher ausdrücken: Er war ein arroganter Kotzbrocken. Dieses Haus ist jetzt zehn Jahre alt, und der Zoff hat schon während der Planungsphase begonnen. Es hat ihm nicht gepasst, dass er auf einmal Nachbarn haben sollte. Früher war das hier einmal ein Viertel, wo man große Grundstücke hatte und wenige Nachbarn. Das hat sich über die Jahre geändert, die Bebauung wurde verdichtet, so nah am Zentrum völlig normal, aber das hat ihm ganz und gar nicht gefallen. Vorher waren es zweihundert Meter gewesen bis zum nächsten Haus, jetzt auf einmal nur noch fünfzig, welch eine Zumutung! Erst hat er versucht, juristisch gegen uns vorzugehen, den Bebauungsplan angefochten, aber natürlich hat er keinen Erfolg gehabt. Während der Bau lief, ging es weiter, fast jeden Tag. Fünfmal war der Zoll hier und hat überprüft, ob wir nicht vielleicht doch einen Schwarzarbeiter beschäftigen. Ich weiß nicht, wie oft die Polizei kam, wenn sich unser sensibler Nachbar mal wieder wegen Ruhestörung beschwert hatte. Und einen Tag nachdem wir eingezogen waren, ging

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