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Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Ihren Mann zu hassen?«
    Â»Da gibt es einige«, erwiderte sie langsam. »John war vor allem in den letzten Jahren – wie soll ich sagen – ein wenig rechthaberisch geworden. Sechs Monate bevor er sein Geschäft endgültig schließen musste, hat er seine letzte Angestellte entlassen, Cornelia, die ihm ein halbes Leben treu gedient hatte. Ich weiß nicht, was der Anlass war. Aber ich bin überzeugt, es war eine Bagatelle. Cornelia war eine Seele von Mensch. Sie hat John jahrzehntelang heimlich verehrt und vermutlich sogar geliebt. Und er setzt sie vor die Tür, aus einer Laune heraus. Verstehen Sie, John war nie ein einfacher Mensch. Aber in den letzten Jahren, vor allem, seit seine Augen immer schlechter wurden, wurde er ganz unerträglich. Man soll über Tote nichts Schlechtes sagen, aber es hilft Ihnen ja nicht, wenn ich die Sache schönrede. John war ungerecht, überheblich, verletzend. Mit den meisten seiner Nachbarn lag er im Streit wegen Nichtigkeiten. Da ging es um spielende Kinder, die Lautstärke von Musik, den Geruch von Gegrilltem. Das Wort Kompromiss kam in Johns Wortschatz nicht vor. Und leider hatte er die Mittel, um sich seine Rechthabereien leisten zu können.«
    Â»Sie würden mir sehr helfen, wenn Sie eine Liste anfertigen würden von den Menschen, mit denen er Streit hatte.«
    Irina Karenke legte wieder die Fingerspitzen aneinander. »Die dürfte lang werden. Aber gerne, natürlich.«
    Â»Gibt es Verwandte oder Freunde?«
    Â»Es gibt einen Sohn aus seiner zweiten Ehe, Benjamin. Angeblich studiert er Philosophie in Berlin. Johns Eltern sind tot, Geschwister gab es nicht. Von Onkeln oder Tanten habe ich nie etwas gehört.«
    Ein älteres, sich leise auf Englisch unterhaltendes Paar durchquerte den Raum, nickte uns freundlich-zerstreut zu und betrat den Lift, dessen Türen sich lautlos schlossen.
    Â»Dann sind Sie Alleinerbin?«
    Â»Nein, das bin ich nicht. John und ich waren nicht verheiratet, wie gesagt. Außerdem habe ich Zweifel, dass es da noch etwas zu erben gibt. Und selbst wenn, ich wollte es nicht haben. Das Kapitel John Karenke ist für mich abgeschlossen. So oder so. Es ist schrecklich, dass er nun tot ist. Aber für mich ändert das letztlich nichts. Unsere Beziehung war zu Ende.«
    Ich überreichte ihr mein Kärtchen. Sie studierte es mit Interesse und nickte mir dann anerkennend zu.
    Â»Kriminaloberrat, ist das eine hohe Position?«
    Â»Es geht«, erwiderte ich, nun ebenfalls lächelnd. »Ich bin zufrieden damit.«
    Wir erhoben uns. Ihr Händedruck war fest und sicher.
    Â»Ist es nicht schön, wenn ein Mensch das sagen kann? Dass er zufrieden ist? John war niemals mit etwas zufrieden. Vermutlich war er auch in diesem Punkt zu sehr Künstler.«
    Balke hatte recht, überlegte ich auf dem Rückweg zur Direktion, den ich bequem zu Fuß zurücklegen konnte: Dass der Täter seit nun schon elf Tagen nicht mehr zugeschlagen hatte, war möglicherweise ein gutes Zeichen. Die beiden Morde hatte er im Abstand von wenigen Tagen begangen. Seither war Ruhe, und das ließ hoffen.
    Wo war die Verbindung zwischen seinen Opfern, die unterschiedlicher kaum sein konnten? Und wie die Verbindung finden, wo wir nicht einmal wussten, wonach wir suchten? In Fällen wie diesen gibt es im Grunde nur eine sinnvolle Strategie:
    Im Nebel stochern, so lange, bis man durch Zufall auf etwas stößt, was einem weiterhilft. Blindwütig Informationen und Informationen sammeln in der Hoffnung, dass früher oder später etwas Nützliches zum Vorschein kommt.
    Meine Töchter waren nicht zufrieden mit ihrer neuen Wohnsituation, eröffneten sie mir, noch bevor ich meinen Mantel ausgezogen hatte. Wer welches Zimmer bewohnen würde, hatten wir am Vorabend nach längerem Gezänk per Los entschieden. Louise hatte das längere Hölzchen gezogen, und Sarah musste mit dem alten vorliebnehmen. Inzwischen hatte sie jedoch entzückt ausgerechnet, dass ihr Zimmer doch einen halben Quadratmeter größer war als Louises, woraufhin nun diese beleidigt war. Hinzu kam, und das war nun wirklich eine Katastrophe, dass es im neuen Zimmer immer noch keinen Internetanschluss gab. Der Mitschüler, der sich darum kümmern wollte, hatte sich glücklicherweise geweigert, ohne mein Einverständnis ein Loch durch die Wand zu bohren, um ein Kabel zu verlegen.
    Â»Ihr könnt euch ja

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