Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
Vertrag von der Schippe springen, weil sie woanders doch noch was Günstigeres gefunden haben. Die Loserfraktion, die ist angenehm. Die fallen Ihnen vor Glück um den Hals, und manche bringen hinterher sogar Wein oder Blumen vorbei.«
    Â»Wie kommt es, dass Sie nicht-kreditwürdigen Menschen Kredite verschaffen konnten?«
    Â»Das Geld kam im Wesentlichen aus den Staaten. Sie wissen ja …«
    Â»Die sind da nicht so kleinlich.«
    Â»Sie waren nicht so kleinlich.«
    Â»Nur, damit ich mir das vorstellen kann: Die Kunden haben zunächst bei Ihnen angerufen, nehme ich an.«
    Â»Das Telefon hat bei uns abgenommen, wer gerade frei war. Eiserne Regel: Das Telefon darf nicht öfter als dreimal klingeln. Dann wurde er an Anita weitergereicht. Die hat erst mal grob die Rahmenbedingungen abgeklopft. Oft haben Leute angerufen,wo auch für uns nichts mehr zu machen war. Stufe zwei war ein persönliches Gespräch, Sichtung der Unterlagen. Stufe drei: Gegenprüfung durch unsere Europazentrale in London. Und damit war’s dann normalerweise auch schon getan.«
    Â»Stelle ich mir nicht übermäßig spannend vor.«
    Â»Scheißlangweilig ist das, sorry, kann man nicht anders sagen.«
    Fabricius hörte für eine Sekunde auf, mit dem Knie zu wippen. Dann fing er wieder damit an. Sein Blick blieb nirgendwo länger als zwei, drei Sekunden haften.
    Â»Hatten Sie noch Kontakt mit Frau Bialas, nachdem sie gekündigt hat?«
    Â»Wozu sollte ich?«
    Jeder Mensch ist nervös, wenn er zur Polizei muss, schon gar zur Kriminalpolizei. Aber inzwischen waren wir über den Punkt hinaus, an dem der junge Mann sich allmählich hätte beruhigen sollen.
    Â»Sagt Ihnen der Name John Karenke etwas?«
    Â»Nie gehört.« Er schüttelte heftig den Kopf, hörte wieder für eine Sekunde auf mit der Wipperei. »Karenke? Nö. Sorry.«
    Fabricius suchte nach einem Taschentuch, fand eines, schnäuzte sich. Alles, was er tat, tat er einen Tick zu schnell, zu hastig. Vielleicht wurde das Wort Zeiteffizienz in der Finanzwelt noch größer geschrieben als in anderen Branchen? Die Zeiten, als man noch von Bankbeamten sprach, waren ja längst Vergangenheit.
    Â»Sie haben also keine Idee, wer Frau Bialas getötet haben könnte? Wer Grund hatte, sie zu hassen?«
    Â»Woher sollte ich? Privat hatten wir überhaupt keinen Kontakt. Ich weiß nicht mal, wo sie gewohnt hat. Geschäftlich – wie schon gesagt – sie hat ihren Job gemacht. Kein Grund zur Klage.«
    Endlich war das rechte Knie zur Ruhe gekommen. Dafür fing das linke an zu wippen.
    Â»Wie ist es mit Kunden? Gab es da welche, die böse auf sie waren?«
    Â»Wie gesagt, die meisten sind total happy gewesen, wenn Anita ihnen ihr Häuschen vor der Pfändung gerettet hat.«
    Â»Es gab also schon welche, die nicht zufrieden waren?«
    Â»Die gibt’s überall. Meines Wissens ist aber keiner darunter gewesen, der Anita mit Mord gedroht hätte. Natürlich gab es vereinzelte Fälle, wo der Kunde sich überhoben hatte und seine Raten nicht mehr bezahlen konnte.«
    Â»Was geschieht in einem solchen Fall?«
    Â»Das Übliche: Mahnung, Stundung, Pfändung.«
    Â»Ich nehme an, die Zinsen waren bei Ihnen ein wenig höher als bei der Konkurrenz?«
    Fabricius zog die Nase hoch, sah an mir vorbei, studierte die Aufschriften der Ordner im Regal hinter mir.
    Â»Hängt vom Risiko ab. Ein unsicherer Kredit war natürlich auch bei uns teurer als ein sicherer. Aber wenn Ihnen das Wasser am Hals steht, was wollen Sie machen? Und wie gesagt: Die meisten haben’s ja gepackt. Die meisten waren später glücklich, dass sie uns gefunden hatten. Manche haben Anita tatsächlich Blumen geschickt. Kein Witz.«
    Â»Es muss jede Menge Unterlagen geben von ehemaligen Kunden.«
    Â»Logisch gibt’s die.«
    Â»Wo sind die hingekommen?«
    Â»Die deutschen Filialen der IFS werden zurzeit abgewickelt. Insolvenzverwalter ist eine Berliner Anwaltssozietät. Sonnenschein und Partner. Finden Sie im Internet.«
    Ich notierte mir den Namen.
    Â»Sie wohnen jetzt in Frankfurt?«
    Â»In Bockenheim, ja. In Karlsruhe hatte ich null Aussichten auf einen akzeptablen Job. In Frankfurt wird der Bär bald wieder tanzen. Momentan ist da natürlich auch Flaute, aber sobald die Märkte wieder anspringen, bin ich dabei. Und nicht mehr solchen

Weitere Kostenlose Bücher