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Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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es dann richtig los. Die Kinder waren ihm zu laut. Sie haben im Garten gespielt, damals waren sie drei und fünf. Davor hatten wir in einer Etagenwohnung in Kirchheim draußen gewohnt, und die Kleinen hatten sich so auf den Garten gefreut. Und sie sind noch keinezehn Minuten draußen, da läutet das Telefon, und er fängt an, mich auf die übelste Weise zu beschimpfen.« Firlei rieb sich mit beiden Händen das nachlässig rasierte, weiche Gesicht. »Wir wollten es nicht gleich zum Äußersten kommen lassen und haben die Kinder hereingerufen. Später haben wir das Gespräch gesucht, meine Frau und ich sind sogar mit einem Blumenstrauß und einer Flasche Sekt rübergegangen, um uns vorzustellen und vielleicht doch noch eine Basis für ein friedliches Miteinander zu schaffen. Er hat uns nicht mal reingelassen, und noch am selben Tag ging es weiter. Im Haus war natürlich noch einiges zu tun, Vorhänge aufhängen, Bilder und so weiter, und da gab es manchmal eben ein Geräusch. Da halfen kein Reden und kein Sekt. Er wollte uns weghaben, Ende der Durchsage. Irgendwann wurde es uns schließlich zu bunt, und wir fingen an, uns zu wehren. Aber wenn Sie mich deshalb nun des Mordes verdächtigen, dann liegen Sie leider falsch. Obwohl ich gerne zugebe, dass ich mir hin und wieder einschlägige Gedanken gemacht habe. Und ich gestehe auch, dass es mir schwerfällt, so etwas wie Trauer zu empfinden. Der Einzige, der mir leidtut in diesem Zusammenhang, ist der Hund.«
    Â»Haben Sie den Namen Bialas schon einmal gehört? Anita Bialas?«
    Firlei sah mich nachdenklich an.
    Â»Nein. Soweit ich mich erinnern kann, natürlich. Ich habe in meinem Beruf mit vielen Menschen zu tun, aber – warten Sie …«
    Er stemmte sich hoch, verschwand für kurze Zeit und erschien wieder mit einem flachen, elektronischen Gerätchen in der Hand. Einige Sekunden tippte er mit einem Stift auf dem Bildschirm herum.
    Â»Nein«, wiederholte er schließlich. »Hätte ich jemals mit dieser Frau zu tun gehabt, dann würde sie hier drinstehen. Ich habe schon vor Jahren alles, was ich an Namen und Adressen hatte, in dieses Ding hier eingetragen, weil mir meine Zettelwirtschaft über den Kopf wuchs. Seither herrscht Ordnung bei mir. Und wenn mir einer das Gerätchen klauen sollte, dann kann ich mich vermutlich am nächsten Baum aufhängen.«
    Â»Hat Herr Karenke noch andere Feinde gehabt?«
    Firlei lachte laut. »Fragen Sie mich lieber nach Leuten, mit denen er nicht verfeindet war.«
    Â»Er hat wohl zurückgezogen gelebt.«
    Firlei schaltete sein Gerät aus, legte es zögernd auf den Couchtisch.
    Â»Früher hat er noch manchmal Besuch gehabt. Es waren immer dieselben zwei, drei Gesichter. Aber in letzter Zeit habe ich niemanden mehr drüben gesehen. Früher kam auch dreimal die Woche eine Frau, die ihm den Haushalt gemacht hat. Selbst die hat er vergrault. Wie Irina ja letztlich auch. Die habe ich auch seit Wochen nicht mehr gesehen.«
    Â»Sie nennen sie beim Vornamen?«
    Â»Sie war mehr als einmal hier, um Frieden zu stiften.«
    Â»Mit Erfolg?«
    Â»Selten ja, meistens nein.«
    Ich schlug die Beine übereinander und legte die Arme auf die Rückenlehne der eleganten, cremeweißen Ledercouch, auf der ich saß. Es roch angenehm in diesem Haus, auch wenn ich nicht hätte sagen können, wonach. Nicht weit von der Sitzgruppe hatte der Architekt seinen Arbeitsplatz eingerichtet, einen riesigen Tisch, auch dieser weiß wie vieles hier. Darauf summte ein Apple-PC mit zwei überdimensionalen Monitoren. Am Boden lag ein wirres Durcheinander von Planzeichnungen verschiedener Größen, aufgeschlagenen Ordnern, Notizzetteln in allen denkbaren Farben. Soweit ich sehen konnte, arbeitete Firlei an einem Bungalow, der seinem eigenen Haus ähnlich war.
    Â»Sie leben allein hier?«, fragte ich.
    Firlei senkte den Blick. »Meine Frau hat mich verlassen, ja. Und die Kinder mitgenommen. Ich würde nur noch mit meiner Arbeit ins Bett gehen, meinte sie, und nicht mehr mit ihr.«
    Â»Was haben Sie in der Nacht vom siebzehnten auf den achtzehnten Januar gemacht, Herr Firlei?«
    Â»Das war die Nacht, in der er …?«
    Â»Wir wissen es nicht, aber wir halten es für möglich.«
    Â»Geschlafen habe ich vermutlich. Hier. Allein.« Seine Miene wurde ernst. »Sie verdächtigen mich doch nicht wirklich,

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