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Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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in einem Hochhaus in Heddesheim. Das ist nicht weit von hier.«
    Ãœberrascht sah er mich an. »Und was hat sie da gewollt?«
    Â»Sie hat sich anscheinend vor jemandem versteckt.«
    Â»Vor wem?«
    Â»Das wüsste ich auch gerne, das können Sie mir glauben.«
    Â»Hat sie Männer gehabt?«
    Â»Nein«, log ich. »Mir ist nichts Derartiges bekannt. In den letzten zweiundsiebzig Stunden vor ihrem Tod hatte sie nachweislich keinen Geschlechtsverkehr.« Das, immerhin, war die Wahrheit.
    Kettenbach schien dem Klang meiner Stimme noch ein wenig nachzulauschen.
    Â»Wissen Sie«, sagte er dann, »früher hab ich das ganze Zeug mit Liebe und so für Blödsinn gehalten. Eine Erfindung von Weibern, die zu viel Filme gucken. Erst seit ich Anita kenne … gekannt hab, weiß ich, wieso es so viele Songs zu dem Thema gibt und Gedichte und Bücher und alles. Das Komische ist, man denkt immer, es ist der Sex. Aber es ist was ganz anderes. Der Sex ist nur so eine Art Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass das andere stimmt, hat die Anita gemeint. Verstehen Sie, was ich meine?«
    Â»Ja«, sagte ich und musste mich räuspern. »Ich verstehe Sie sehr gut.«
    Â»Wissen Sie, was Anita mal zu mir gesagt hat? Wenn man gut zusammen fickt, so, dass nichts mehr zwischen einen passt, nicht mal ein Gedanke, und dabei die ganze Welt vergisst, den ganzen Scheiß da draußen, dann muss man sich um den Rest keinen Kopf machen. Dann liebt man sich.«
    Mir wurde mit jeder Minute kälter. Auch Kettenbach schien endlich zu merken, dass er am ganzen Körper zitterte.
    Â»Wie haben Sie mich eigentlich erkannt?«, fragte ich.
    Â»Im Internet sind Fotos von Ihnen. Aus Zeitungen. Und da hab ich einfach vor Ihrem Polizeihaus gewartet, bis Sie rausgekommen sind.«
    Â»Und sind mir bis hierher gefolgt.«
    Er nickte schuldbewusst.
    Â»Und mir ist nichts aufgefallen.«
    Ich erhob mich. Ich hatte keine Lust, mir heute Abend die Erkältung einzufangen, von der ich bisher verschont geblieben war. Auch Kettenbach mühte sich auf die Beine.
    Â»Ich hab’s kaputt gemacht, verstehen Sie?«, murmelte er, als er mir die zitternde Hand reichte. »Die Anita ist das Tollste gewesen, was mir im Leben passiert ist. Und ich dumme Sau hab’s verbockt, können Sie sich das vorstellen?«
    Was sollte ich darauf antworten?
    Plötzlich zuckte Blaulicht, ein Motor heulte, mit quietschenden Reifen bremste ein Streifenwagen neben uns. Zwei Uniformierte sprangen heraus, griffen nach den Waffen, erkannten mich.
    Â»Sie, Herr Kriminaloberrat?« Es waren der Picklige und der Dicke, die vor knapp zwei Wochen als Erste am Tatort in Heddesheim gewesen waren. »Es hat wer angerufen wegen einer Schlägerei.«
    Â»Der Mann ist festgenommen.« Ich deutete auf Kettenbach, der mit hängenden Armen und gesenktem Blick neben mir stand. »Die Formalitäten erledigen wir morgen früh.«

16
    Â»Das ist aber eine Überraschung!«
    Die unerwartete rothaarige Besucherin saß auf dem Stuhl neben Sönnchens Schreibtisch und war bereits mit einem Becher Tee versorgt. Susanne Heinemann war sichtlich immer noch erkältet. Sie folgte mir in mein Büro, fand auf dem Schreibtisch einen Platz für ihren dampfenden Becher und nahm so umständlich Platz, als wollte sie den Beginn unseres Gesprächs im letzten Moment noch ein wenig hinauszögern. Heute trug sie einenflauschigen flaschengrünen Pullover zu einer schwarzen Jeans und für das Wetter eindeutig die falschen Schuhe. Ihre Pumps waren schon vom kurzen Weg über den Parkplatz völlig durchnässt. Es war Freitagmorgen, kurz vor neun.
    Â»Danke, dass Sie mich so ohne Anmeldung empfangen«, sagte sie heiser und mit unsicherem Lächeln.
    Â»Ich nehme an, Sie haben die Fahrt nicht auf sich genommen, nur um ein wenig mit mir zu plaudern.«
    Sie nickte nachdenklich, zückte ein Papiertaschentuch, tupfte sich die Nase. Dann verstaute sie es wieder in ihrer rehbraunen Handtasche. Klappte diese zu. Betrachtete sie noch für zwei Sekunden. Dann sah sie auf.
    Â»Ich hätte es Ihnen vielleicht gleich sagen sollen. Wie Sie am Telefon sagten, Anita hätte so viel Bargeld gehabt, von dem man nicht weiß, wo es herkommt …« Sie schlug die Augen nieder.
    Â»Da ist Ihnen etwas eingefallen.«
    Â»Ehrlich gesagt, ich habe mich sehr gewundert, wie Anita das letzten April so locker weggesteckt

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