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Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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nicht so aus, Paps«, sagte Louise mit unsicherem Blick. »Willst du nicht vielleicht mal zum Arzt gehen?«
    Ich versprach, es mir zu überlegen und ebenfalls bald schlafen zu gehen.
    In der Nacht schlief ich wie ein Stein. Ohne Träume. Aber als ich am Morgen erwachte, war die Erinnerung sofort da, in der ersten Sekunde. Und diese innere Kälte, die man wohl doch Angst nennen musste.
    Der Wecker zeigte elf Minuten nach sieben.
    Im Flur waren Geräusche.
    Davon war ich aufgewacht.
    Jemand schlich vor meiner Tür herum. Ich hörte Rascheln, fast unhörbar leise Schritte. Mein Puls tobte, ich griff unters Kopfkissen nach der Pistole, entsicherte sie. Durchgeladen war sie bereits seit Dienstagabend. Heute war Donnerstag, wenn ich nicht irrte.
    Jemand flüsterte, und ich begriff: es waren meine Mädchen, die vor meiner Tür herumschlichen. Sie waren aus Rücksicht auf mich so leise.
    Ich blieb im Bett sitzen, bis mein Puls sich wieder normalisiert hatte, sicherte die Heckler & Koch, schalt mich einen Idioten und Angsthasen.
    Wie hätte Durian hereinkommen sollen?
    Vor der Haustür stand ein Streifenwagen. Um den Block kreisten zwei weitere. Niemals war die Heidelberger Weststadt sicherer gewesen als in diesen Tagen.
    Erst als die Wohnungstür ins Schloss fiel, wurde mir bewusst, dass sie zur Schule gingen, obwohl ich sie hatte zu Hause behalten wollen. Ich griff zum Handy, legte es wieder weg. Ich musste es ihnen schonend beibringen, heute Nachmittag würde ich mit ihnen reden, nahm ich mir vor. Auge in Auge, damit sie sich nicht mehr fürchteten als nötig.
    Als ich meinen Töchtern eröffnete, dass sie ab sofort schulfrei und außerdem Ausgehverbot hatten, freuten sie sich verständlicherweise nur über den ersten Teil der Nachricht. Vor allem Louise war ganz und gar nicht einverstanden.
    Â»Aber wieso denn?«, wollte sie wissen. »Was ist denn los?«
    Â»Es gibt einen Verrückten, der mich bedroht«, gestand ich. »Es ist aber nicht so schlimm, wie es sich anhört. Nur eine Vorsichtsmaßnahme.«
    Â»Steht darum die ganze Zeit ein Polizeiauto vor unserem Haus?«
    Â»Ja.«
    Â»Und jetzt sollen wir also wochenlang hier rumhängen und uns anöden?«
    Â»Von wochenlang ist nicht die Rede. Ihr habt Internet. Es gibt Telefon und Fernsehen und Bücher. Ihr könnt von mir aus Freundinnen einladen …«
    Â»Da können wir uns ja gleich umbringen lassen. Das geht wenigstens schneller, als sich zu Tode zu langweilen.«
    Â»Euch will er ja nichts«, seufzte ich. »Und von umbringen hat niemand was gesagt. Der Mann ist nur ein Verrückter, ein Spinner, aber im Grunde völlig harmlos. Er gehört in die Klapsmühle und nicht ins Gefängnis.«
    Â»Na super!«, stöhnte Sarah. »Da bin ich aber echt beruhigt!«
    Â»Ich muss aber dringend in die Stadt, ein paar Sachen für die Schule kaufen«, quengelte Louise.
    Â»Daraus wird heute leider nichts.«
    Â»Jetzt sag schon, wie lang soll das so gehen?«
    Â»So lange, bis er gefasst ist. Mir macht das Ganze auch keinen Spaß, das könnt ihr mir glauben.«
    Die beiden starrten eine Weile ratlos vor sich hin. Louise schien beunruhigter zu sein als Sarah. Aber das wunderte mich nicht. Sie war immer schon die Empfindsamere gewesen, die Ängstlichere, die Vorsichtigere.
    Â»Ich kann mich darauf verlassen, dass ihr keinen Unsinn anstellt?«
    Â»Klar.« Sie nickten ergeben. »Und was ist mit der Probe am Samstag?«
    Â»Da begleite ich euch. Das ist kein Problem.«

24
    Am Freitag war Michael Durian immer noch auf freiem Fuß. Mein Zustand besserte sich allmählich, die Schockstarre löste sich, wie manche mir ungefragt bestätigten. Diejenigen, die Bescheid wussten, bewunderten mich für meine Kaltblütigkeit. Die anderen vermuteten einen Infekt. Eine harmlose Erkältung, die nicht einmal richtig zum Ausbruch gekommen war.
    Ich glaubte nicht daran, dass meine Mädchen wirklich in Gefahr waren. Durian hatte seine bisherigen Morde alle nach demselben Schema begangen: Er hatte seinen Opfern in die Augen gesehen, als er sie tötete. Mit offenem Visier sozusagen. Vielleicht hatte er ihnen sogar erklärt, weshalb er gekommen war. Weshalb sie sterben mussten.
    Auf der anderen Seite verstand ich natürlich Vangelis. An ihrer Stelle hätte ich ebenso gehandelt.
    Inzwischen konnte ich mir sogar vorstellen, was Durians Plan war:

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