Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)
waren, kurz nach der Beerdigung.
Jussi war Merja nicht mehr von der Seite gewichen, hatte sich bemüht, jeden ihrer Wünsche zu lesen und zu erfüllen. Joentaa hatte den Eindruck gehabt, dass Jussi dennoch machtlos gewesen war, weil es keine Möglichkeit gab, die Wand einzureißen, die Merja um sich herum aufgebaut hatte.
Als Joentaa zuletzt am Telefon mit Jussi gesprochen hatte, hatte Sannas Vater versichert, dass es Merja besser gehe. Joentaa hoffte, dass es stimmte.
Anita kochte das Abendessen. Sie aßen schweigend.
Er war erleichtert, als seine Mutter wenig später schlafen ging.
Er saß aufrecht auf dem Sofabett im Wohnzimmer und versuchte, seinen verspannten Körper zu lockern. Nach einer Weile wurde die Stille unerträglich. Er stand auf und schaltete das Licht an. Er blätterte in der Tageszeitung, ohne den Inhalt der Sätze aufzunehmen.
Er fragte sich, ob es richtig gewesen war, Anita abreisen zu lassen. Er wusste es nicht. Er wusste nicht, ob er allein oder in Gesellschaft sein wollte, weil weder das eine noch das andere irgendetwas zu bewirken schien. Wenn er allein war, spürte er wenigstens nicht die mitleidigen oder sorgenvollen, manchmal nur neugierigen Blicke der anderen in seinem Rücken.
Seit der Beerdigung hatte er noch stärker als in der Woche nach Sannas Tod das Gefühl, sein Leben stehe still.
Er lebte, aber nichts bewegte sich.
Der Schmerz hatte sich entfernt und war gleichzeitig näher gekommen. Er stach nicht mehr so tief, er nahm ihm nicht mehr plötzlich den Atem. Aber er war allgegenwärtig, er betäubte ihn.
Er versuchte, ihn vor anderen zu verbergen, um keine Fragen beantworten zu müssen. Solange er gut gelaunt war, galt er als normal. Solange er gut gelaunt war, musste sich niemand über ihn Gedanken machen.
Solange er sich unauffällig verhielt, würde sich das Mitleid in Grenzen halten.
Er arbeitete gewissenhaft. Manchmal blieb er bis zum späten Abend im Büro. Er hatte inzwischen den Eindruck, die tote Frau in Naantali lange gekannt zu haben, obwohl er nie mit ihr gesprochen hatte. Immer wenn er an sie dachte, sah er zuerst das blaue Haus und dann die Leiche im Schlafzimmer.
Er wusste inzwischen, dass Laura Ojaranta eine hervorragende Orientierungsläuferin gewesen war. Es hatte ihn überrascht, ohne dass er erklären konnte, warum. Als Jugendliche hatte sie sogar an den Finnischen Meisterschaften teilgenommen.
Er sah sie als nahezu immer freundliche, genügsame Frau, die viel im Garten gearbeitet hatte und deren Mann ständig verreist gewesen war.
Er hatte von mehreren Nachbarn gehört, dass sie bei der Gartenarbeit häufig gesungen hatte.
Es gab keine Spur von ihrem Mörder. Es gab nicht einmal ein Motiv.
Nurmela hatte die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen den Morden in Naantali und der Jugendherberge genauso schnell verworfen, wie Laukkanen sie erwogen hatte. Der Gerichtsmediziner hatte während der Autopsie festgestellt, dass der Tote in der Jugendherberge tatsächlich im Gegensatz zu Laura Ojaranta betäubt worden war. Nurmela wertete das als deutliche Abweichung und sah keinen Grund, von einem Doppelmord auszugehen. Es galt inzwischen als sicher, dass sich die Wege von Laura Ojaranta und Johann Berg nie gekreuzt hatten.
Die Fälle waren aufgeteilt worden. Ketola und Heinonen suchten den Mörder von Johann Berg, Joentaa und Grönholm den von Laura Ojaranta. Es tat Joentaa gut, mit Grönholm zusammenzuarbeiten. Grönholm lachte viel. Er erzählte ständig Witze, und er schien bereits vergessen zu haben, dass Joentaa je eine Ehefrau gehabt hatte. Manchmal fragte sich Joentaa, ob Grönholm es wirklich vergessen hatte oder ob er begriff, dass er ihm am besten helfen konnte, indem er Sanna aus ihren Gesprächen ausklammerte.
In den Zeitungen wurde den beiden Morden erstaunlich wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Joentaa vermutete, dass sie zeitlich zu nah am Attentat auf Järvi und an der Festnahme der rätselhaften Attentäterin gelegen hatten, um in den Redaktionen sonderliches Interesse zu wecken. Selbst die Lokalzeitung hatte nur in knappen Meldungen berichtet.
Joentaa vermutete, dass Nurmela die Ermittlungen nicht zuletzt getrennt hatte, um das Interesse der Medien gering zu halten.
Auch das Interesse am Attentat auf Järvi war inzwischen abgeflaut. Mari Räsänen, die Attentäterin, war offensichtlich nicht in der Lage, ihre Tat zu erklären, obwohl sie ab und zu unvermittelt aus ihrer Lethargie erwachte. Joentaa irritierte das.
Er hatte lange
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