Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)
Worten war eine Pause entstanden, die Joentaa sehr lange vorkam, und dann lachte Ketola. Er lachte, stand auf und ging auf Heinonen zu, der zurückwich, aber Ketola blieb auf halbem Weg stehen und begann zu schreien. Er stand in der Mitte des Raumes und schrie so laut, dass es überall im Gebäude zu hören sein musste.
»Das ist wohl die größte Scheiße, die ich je erlebt habe!«, schrie er. »Ja, das ist der große Mist, das ist genau das, was ich brauche, ja, fick dich, Alter, mach ich doch, mach ich gern, alles, was Sie wollen, stets zu Diensten!« Joentaa sah in das verzerrte Gesicht und dachte, dass er mit Ketola sprechen würde, wenn das vorbei war, wenn dieser Schreikrampf endete. Er würde ihn fragen, was los sei.
Er würde ihm von Sanna erzählen.
Plötzlich stand Nurmela in der Tür, drängte den entgeisterten Heinonen auf die Seite und ging auf Ketola zu.
»Was soll das hier?«, fragte er, als er Ketola gegenüberstand.
Ketola reagierte nicht.
Nurmela packte ihn am Kragen und schob ihn gegen den Schreibtisch. »Du gehst mir langsam auf die Nerven«, sagte er. »Ich schlage vor, du gehst jetzt nach Hause und kommst morgen als normaler Mensch wieder, was hältst du davon?«
»Das wird nicht möglich sein.« Ketola riss sich los und setzte sich an seinen Schreibtisch. Er rückte sein Jackett zurecht, straffte sich und sah Nurmela sachlich an, als sei nichts gewesen.
»Was heißt das?«, fragte Nurmela.
»Das heißt, dass wir ein kleines Problem haben, nicht der Rede wert«, sagte Ketola.
Nurmela schwieg, wartete.
»Eine Frau ist ermordet worden«, sagte Heinonen von der Tür. »In Naantali. Sie wurde mit einem Kissen erstickt.«
Nurmela verzog keine Miene. Joentaa wartete darauf, dass er etwas sagen würde, aber es kam nichts. Er nickte nur und verließ den Raum, ohne einen von ihnen anzusehen.
»Arschloch«, sagte Ketola.
Auf dem Weg nach Naantali schwieg Ketola beharrlich, bis Joentaa das Radio anschaltete. »Ich habe keine Lust auf diese Tangoscheiße«, raunzte Ketola und schaltete aus. Joentaa schwieg und dachte über verschiedene Dinge gleichzeitig nach. Über Ketola, der nicht mehr er selbst war, über das blaue Haus, in dem Laura Ojaranta gelegen hatte, und über die tote Frau, die sie gleich sehen würden. Er versuchte, sich ein Bild von dieser Frau zu machen, aber er sah immer nur Laura Ojaranta, die auf dem Bett gelegen hatte, als schliefe sie.
Das Haus war aus grün gestrichenem Holz und lag auf der Anhöhe, die zum Strand hinabführte.
Zu dem Strand, den Sanna sehr gemocht hatte.
Er sah sich im Sand liegen.
Er hatte ihr beim Schwimmen zugesehen und gedacht, dass es immer so weitergehen würde.
Im Erdgeschoss des Hauses war ein Café, Kahvila Rheno stand gelb an der Hauswand, und fette weiße Buchstaben an den Fenstern verrieten, dass es frischen Apfelkuchen gab. Als sie auf das Haus zugingen, kam ihnen eine beleibte Frau entgegen.
»Sind Sie von der Polizei?«, rief sie schon von Weitem.
Ketola nickte.
»Gott sei Dank.«
»Wo ist die Wohnung?«, fragte Ketola.
»Da oben.« Sie deutete auf ein Fenster im Dachgeschoss.
»Haben Sie die Tote gefunden?«
Die Frau nickte. »Jaana war nicht runtergekommen, obwohl wir schon geöffnet hatten. Sie arbeitet bei uns im Café. Ich bin nach einer Weile nach oben gegangen, um nach ihr zu sehen … und die Tür war offen …«
»Danke«, sagte Ketola und ließ die Frau stehen.
Um in den ersten Stock zu gelangen, mussten sie durch das Café gehen. Ein älterer Mann saß an einem Tisch am Fenster, trank Kaffee, las eine Zeitung und schien völlig unbeeindruckt. Offensichtlich hatte er nicht mitbekommen, dass im ersten Stock eine Frau ermordet worden war.
Über eine schmale Treppe kamen sie nach oben. Vor der Wohnungstür standen zwei uniformierte Polizisten.
»Irgendetwas Wichtiges?«, fragte Ketola.
Die beiden begriffen nicht.
»Gibt es etwas, das wir wissen sollten?«, fragte Ketola genervt.
Der ältere der beiden Uniformierten schüttelte den Kopf. »Nichts. Die Spurensicherer sind noch nicht da. Die Frau liegt im Schlafzimmer. Jaana Ilander, 25 Jahre alt. Wir haben hier gewartet, bis Sie kommen.«
Ketola nickte und trat ein. Joentaa folgte ihm.
Die Wohnung war hell. Das war das Erste, was ihm auffiel. Hell, obwohl es draußen neblig war und seit Stunden regnete. Das Wohnzimmer war sehr groß und wurde von einem breiten Fenster dominiert. Vom Balkon hinter dem Fenster sah man frontal auf das Meer.
Auf dem Boden lagen
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