Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)
Interesse an Besuch hatte.
»Annette Söderström?«, fragte Joentaa.
»Ja. Was wollen Sie?«
Joentaa zögerte einen Moment. »Entschuldigung, ich habe mich geirrt«, sagte er dann. »Ich suche offensichtlich eine andere Annette Söderström. Eine junge Frau. Sind Sie zufällig mit einer jungen Annette Söderström verwandt?« Während er sprach, fragte er sich, ob er die Frau brüskierte, indem er ihr Alter aufgrund ihrer Stimme schätzte.
»Was wollen Sie eigentlich?«, fragte die Frau verärgert.
»Entschuldigung. Auf Wiedersehen«, sagte Joentaa und ging zurück zum wartenden Taxi. Der Fahrer saß entspannt zurückgelehnt im Wagen und hatte die Radiomusik lauter gedreht. Joentaa stieg ein und nannte die zweite Adresse aus dem Telefonbuch.
Sie fuhren lange. Kinder an einer Bushaltestelle bewarfen den Wagen mit Schneebällen, was der Fahrer gleichmütig geschehen ließ. Er schien es gar nicht zu realisieren.
Auch die zweite Adresse war ein Fehlschlag, ein großes Einfamilienhaus, in dem die Annette Söderström, die er suchte, unbekannt war.
Während der Fahrer den Wagen wieder in den dichten Verkehr schlängelte, dachte Joentaa, dass es natürlich klüger gewesen wäre, zunächst bei den verschiedenen Söderströms anzurufen. Möglicherweise stand die Annette Söderström, die er suchte, gar nicht im Telefonbuch.
Er dachte an sein Büro, an das Notizbuch, in dem die Nummer und die Adresse standen. Hätte er ein wenig nachgedacht, würde er jetzt nicht suchen müssen. Er hätte am Vorabend das Buch holen können, bevor er zum Hafen fuhr.
Er sah auf die Uhr und dachte, dass Ketola tobte, weil er noch nicht zur Arbeit erschienen war. Vermutlich ließ er seinen Ärger am immer freundlichen Heinonen aus, und Grönholm stand gelassen daneben, wartete mit einem leisen Grinsen, bis der Wutausbruch endete.
Er würde früher oder später im Büro anrufen und Bescheid geben müssen, aber nicht jetzt.
Die dritte Adresse war die richtige. Annette Söderström stand vor ihm, bevor er darüber nachgedacht hatte, was er sagen würde. Sie hatte die Tür schwungvoll geöffnet, als habe sie auf jemanden gewartet, sicherlich nicht auf ihn.
»Hallo, Frau Söderström«, sagte Joentaa. »Sie wissen vielleicht nicht mehr, wer ich bin. Ich bin einer der Polizisten aus Turku, die in der Jugendherberge waren, als …«
»Natürlich erinnere ich mich. Sie haben sich um Sven gekümmert …«
»Ja.«
»Ich wusste nicht, dass Sie kommen würden. Einer Ihrer Kollegen war erst vor einigen Wochen da. Ich denke, ich habe ihm alles gesagt, was ich sagen konnte …«
»Ich weiß … ich war einige Tage in Stockholm und dachte, dass ich noch mal vorbeischaue und frage, ob Ihnen doch noch etwas eingefallen ist.« Er spürte, dass er schwitzte, und begriff nicht, warum er diesen Unsinn redete.
»Ja … ich muss gleich zur Vorlesung. Ich hatte eigentlich eine Freundin erwartet, die mich abholen wollte. Mein Auto hat gestern den Geist aufgegeben …« Sie lachte. »Ich fürchte, dieses Mal endgültig.« Sie deutete auf einen unscheinbaren weißen Kleinwagen, der an der Straße stand und sich kaum von der Schneelandschaft abhob.
Joentaa nickte. Neben dem Kleinwagen stand das Taxi, das mit laufendem Motor wartete. Er sah den Fahrer, der in einer Zeitung blätterte.
»Ich hoffe, Sie halten mich nicht für verrückt …«, begann er.
Sie sah ihn fragend an.
»Könnten Sie Ihre Vorlesung heute vielleicht ausfallen lassen?«
Sie begriff nicht. »Das ginge schon, aber ich fürchte, ich kann Ihnen ohnehin nicht weiterhelfen … ich wünschte, ich könnte …«
Joentaa fiel ihr ins Wort. »Es geht nicht darum. Alles, was ich eben erzählt habe, war Unsinn. Ich bin eben erst in Stockholm angekommen, und der einzige Grund ist, dass ich Sie sehen wollte. Nicht wegen Johann Berg, nicht beruflich … ich wollte Sie einfach sehen … ich habe an Sie gedacht, als mir zu Hause die Decke auf den Kopf gefallen ist.«
»Oh.«
»Ich weiß, dass das ungewöhnlich ist … vor Kurzem ist meine Frau gestorben, und immer wenn ich darüber nachdenke, wer mir helfen könnte, habe ich Sie vor Augen. Fragen Sie mich nicht, warum … ich denke an Sie, nicht an die Menschen, die ich gut kenne, im Gegenteil, die möchte ich gar nicht sehen … ich denke meistens an Sie.«
Sie stand lange einfach nur da.
»Kommen Sie erst mal rein«, sagte sie.
»Moment«, sagte er und rannte, um den Taxifahrer auszuzahlen. Annette Söderströms Wohnung bestand aus einem
Weitere Kostenlose Bücher