Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)
zu Ende bringen.
Ketola beendete das Gespräch mit der Frau und verschwand hinter den Häusern. Die Frau schien nicht beunruhigt zu sein, offensichtlich hatte Ketola so getan, als handle es sich um eine harmlose Angelegenheit.
Ketola blieb einige Zeit verschwunden. Die Frau saß reglos im Kassenhäuschen, die Szene wirkte wie eingefroren im kalten Sonnenlicht.
Joentaa fühlte noch immer die Lähmung, die Erstarrung, die innerhalb von Sekunden eingetreten war, als er alles begriffen hatte und neben Anna zu Boden gesunken war.
Er musste sich bei Anna entschuldigen …
Es fiel ihm schwer, klar zu denken, und in gewisser Weise begriff er nicht wirklich, dass Ketola gerade rund hundert Meter entfernt in der idyllischen alten Häusersiedlung den Mörder festnehmen wollte.
Wo blieb Ketola?
Er musste doch etwas tun! Er konnte doch nicht einfach nur im Auto sitzen!
Er erinnerte sich an die Angst, die er gespürt hatte. Angst vor der Festnahme des Täters. Angst, weil sich das Rätsel, das ihn von Sannas Tod ablenkte, in nichts auflösen würde, sobald der Täter ein Gesicht bekam.
Jetzt hatte der Täter ein Gesicht.
Eine gut gelaunte Reisegruppe schlenderte auf die alten Häuser zu. Die Leute ließen sich von der Frau an der Kasse Karten geben.
Joentaa spürte, dass er etwas tun musste. Irgendetwas. Was, wenn der Mann, Lehmus, eine Waffe hatte? Was, wenn er durchdrehte?
Aber der Täter hatte nie mit einer Waffe getötet …
Die Reisegruppe verschwand, ausgestattet mit Broschüren und Hinweisen, hinter den Häusern.
Joentaa hielt es nicht mehr aus. Er stieg aus und wollte auf das Kassenhäuschen zugehen, aber er zwang sich, stehen zu bleiben. Er lehnte sich gegen den Wagen, streckte den Kopf in Richtung des Museumsgeländes und versuchte, wenigstens etwas zu hören, vielleicht Ketolas Stimme, die nach ihm rief …
Er hörte Lachen, vermutlich die Reisegruppe.
Vielleicht hätte er darauf bestehen sollen, Verstärkung anzufordern. Warum sollte ausgerechnet Ketola in der Lage sein, den Mann festzunehmen? Ketola, der seit Wochen außer Kontrolle war, heute verblüffend ruhig, aber ansonsten so unberechenbar wie der Mörder selbst.
Joentaa fixierte die Frau im Kassenhäuschen, die entspannt auf ihrem Platz saß, aber das beruhigte Joentaa nicht. Irgendetwas stimmte nicht.
Er wollte gerade auf den Eingang zugehen, als Ketola wieder auftauchte. Er redete, jetzt sichtlich erregt, auf die Frau an der Kasse ein. Die Frau nickte mehrfach und schien verblüfft über das, was Ketola sagte. Ketola nestelte an seiner Manteltasche und zog sein Handy heraus. Er gab kurze Instruktionen, dann redete er noch einmal kurz mit der Frau an der Kasse, wandte sich ab und kam auf ihn zu. Er rannte.
»Er ist nicht da«, rief er, als er in Hörweite war.
»Wo ist er?«, fragte Joentaa.
»Die Frau an der Kasse wusste es nicht. Sie hat ihn heute noch nicht gesehen, aber sie hat gedacht, dass er vielleicht vor ihr gekommen sei … also bin ich rein und habe mich umgesehen … da war niemand. Nach einem Blick auf den Dienstplan hat die Dame dann freundlicherweise festgestellt, dass Lehmus frei hat. Sie hat mir seine Adresse gegeben … wir fahren sofort hin, ich habe Heinonen Bescheid gegeben, alles Weitere in die Wege zu leiten.« Ketola gab ihm den Zettel mit der Adresse. »Nehmen Sie die Karte, ich weiß nicht genau, wo das ist.«
Während Ketola den Wagen startete, orientierte sich Joentaa auf dem Stadtplan. »Maaria … wir müssen auf jeden Fall erst mal Richtung Tampere auf die Schnellstraße …«
Nach kurzem Suchen fand Joentaa die Straße. Maaria war ein kleiner Ort, ein Dorf wenige Kilometer vor Turku. Er betrachtete den weißen Zettel, auf den die Frau an der Kasse mit schwarzer Tinte die Adresse geschrieben hatte. So einfach war es. So schnell reduzierte sich das Rätsel auf eine Ortschaft, eine Straße, eine Hausnummer.
»Wohin jetzt?«, raunzte Ketola, als sie Turku hinter sich gelassen hatten.
»Moment … bald rechts raus Richtung Moisio …«
Da war schon das Schild. Ketola riss den Wagen herum und erwischte gerade noch die Ausfahrt. »Wie weiter?«, fragte er genervt.
»Gleich müsste schon Maaria ausgeschildert sein …«
So war es. Das Schild war verbogen, als hätte jemand versucht, es in die Gegenrichtung zu drehen. Ketola bog auf die schmale Straße ab, die in die Ortschaft führte, und drosselte die Geschwindigkeit. »Wohin jetzt?«
»Wir sind gleich da …«
»Leiten Sie mich so, dass wir nicht direkt
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