Eismord
du verkaufen sollst?«
Randall packte sie an der Schulter und schüttelte sie. »Am gleichen Tag, an dem dort ein verdammter Doppelmord passiert ist, Sam. Mit einer scharfen kleinen Braut aus dem Indianer-Reservat? Was glaubst du, wie das bei einer Wahlkampagne ankommt? Was glaubst du, wie das bei meinem Schwiegervater, diesem Leistungsträger der Gesellschaft, ankommt? Denkst du auch mal an andere als nur an dich? Gott im Himmel, Sam. Wie egoistisch kann man eigentlich sein?«
Er ließ sie los, und Sam rieb sich die Schulter. Es war das erste Mal, dass er sie nicht zärtlich und voller Zuneigung angefasst hatte.
»Ich dachte, du liebst mich«, sagte er und starrte durch die Windschutzscheibe auf den Schnee, der im Schein der Straßenlaternen zu Boden fiel. »Hab ich wirklich geglaubt. Aber ehrlich gesagt, kann ich mir da nicht mehr so sicher sein.«
»Das tu ich auch. Ich liebe dich wirklich. Zweifelst du im Ernst daran?«
Er schnaubte durch die Nase. »Dann hast du aber eine merkwürdige Art, das zu zeigen.«
»Ist es dir wirklich so zuwider, dass ich First Nations bin? Ist nur eine Frage, ich bin nicht sauer, wenn es stimmt. Ich meine nur – stört es dich so sehr?«
»Ach, Sam …« Er drehte sich wieder zu ihr um, sichtlich milder gestimmt. Er nahm ihre Hand und rieb mit seinem Daumen über die wollenen Fäustlinge. »In Wirklichkeit liebe ich das an dir. Das macht dich interessant – irgendwie exotisch. Sexy. Traurigerweise denken viele anders darüber, die denken – na ja, weißt du ja selber, was die denken. Ich finde das sehr deprimierend.«
Sam vergrub das Gesicht an seiner Schulter. »Lass uns zu einem Haus gehen. Du musst doch irgendwo noch ein leeres Haus haben. Bitte, ich will dich so sehr.«
»Ich hab Laura gesagt, dass ich auf dem Heimweg bin.«
»Dann kommst du eben ein bisschen später. Und ich komm zu spät zur Arbeit.«
»Sam, das geht nicht mehr.«
»Sag das nicht.«
»Sam, im Ernst.«
»Nie mehr?«
»Jedenfalls nicht, bis das hier vorbei ist. Ich werde Laura nicht die Karriere ruinieren. Ich mag nicht der ideale Ehemann sein, aber das tu ich ihr nicht an.«
»Soll das heißen, ich seh dich erst wieder, wenn sie den Kerl geschnappt haben und wenn es einen Prozess gibt und er hinter Gitter kommt? Das kann
Jahre
dauern. Hast du das so gemeint?«
»Wir werden uns sehen, sobald es sicher ist, wir uns entspannen und Spaß miteinander haben können. Also vorerst nicht. Aber das ist ja nicht für ewig.«
Sam merkte, wie es ihr die Brust zusammenschnürte. Der Ausdruck »Herz gebrochen« kam ihr in den Sinn. Das ist damit gemeint, dachte sie und weinte.
Randall griff ins Handschuhfach und reichte ihr eine Packung Kleenex. »Komm, nimm’s nicht so schwer. Kein Grund, zu weinen. Sie werden den Kerl schnappen, und alles wird gut. Du wirst sehen.« Er küsste sie auf den Kopf. »Und dann kann ich wieder deinen schönen Körper küssen. Ich liebe dich nämlich, Sam. Nenn mich meinetwegen verrückt, aber ich liebe dich aufrichtig, ich liebe dich von Herzen. Ach so, hast du schon ein neues Handy?«
»An den Abenden, an denen ich zur Arbeit gehe, borge ich mir das von meiner Mutter aus. Sie hört vor dem Schlafengehen immer gerne noch mal, ob bei mir alles klar ist.«
»Gib mir die Nummer. Ich werde irgendwie versuchen, dich anzurufen – natürlich nicht von zu Hause aus und nicht heute Abend. Aber ich rufe an. Versprochen.«
Der Bus hielt an jedem Baum und Strauch, so dass Sam zu spät zum Champlain kam. Der Geschäftsführer Ken machte ihr die Hölle heiß, ebenso Jerry, der Koch, doch sie nahm es sich nicht allzu sehr zu Herzen. Nachdem sie Randall gesehen hatte, fühlte sie sich viel besser. Ihre Ängste schienen auf ein erträgliches Maß geschrumpft. Sie konzentrierte sich auf ihre Arbeit und garnierte jedes Gericht so sorgsam wie immer. Als es zwischendurch ein bisschen ruhiger wurde, kochte sie für mehrere Tage Preiselbeergelee ein, das sie so kurz vor den Weihnachtsfeiertagen zu fast allem und jedem servierten.
Sie ließ es an sich abperlen, als Ali ein Steak zurückbrachte und sagte, es sei verbraten.
»Es ist nicht verbraten«, sagte sie. »Du hast halb durch bestellt, und das ist halb durch.«
»Willst du da rausgehen und dich mit denen streiten?«
Sam legte ein zweites Steak auf den Grill. Sie behielt es sorgfältig im Auge, dabei konnte sie nur an eine einzige Sache denken: dass Randall sie immer noch gernhatte, so sehr, dass er Angst
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