Eisnacht
Mund und quetschte ihren Kopf gegen die Verkleidung unter der Bar, bis sich seine Finger schmerzhaft in das weiche Fleisch ihrer Wangen bohrten.
Dann nahm er das Funkgerät wieder hoch, drückte die Sprechtaste und gab einen Laut von sich, der halb wie ein Würgen und halb wie ein Schluchzen klang. »Dutch, ich bin hier, in eurer Hütte. Habt ihr Tierney erwischt?«
»Ja, ja, wir haben ihn zur Strecke gebracht. Ist mit Lilly alles in Ordnung?«
Um des Effektes willen ließ er seine Stimme brechen. »Nein, deine Frau ist tot. Tot! Tierney hat sie umgebracht!«
Tierney lag flach auf dem Rücken. Als er die Augen wieder aufschlug, löste die Reflektion der Sonnenstrahlen im gleißenden Schnee einen bohrenden Schmerz aus, der vom Augenhintergrund direkt in das Nervenzentrum in seinem Hirn schoss.
Dutch, ich bin hier, in der Hütte. Habt ihr Tierney erwischt? Nein, deine Frau ist tot. Tot! Tierney hat sie umgebracht! Die Stimme klang blechern, unnatürlich. Woher kam sie? »Der Hurensohn hat Lilly umgebracht!« Dutchs Röhren war so laut, dass es kleine Schneelawinen von den Ästen der Bäume löste.
»Er bewegt sich, Dutch!«, rief Wes. »Du hast ihn nur angeschossen.«
Plötzlich wusste Tierney wieder, warum er flach auf dem Rücken lag und warum seine Schulter so höllisch schmerzte. In einem blendenden Blitz fügten sich alle Elemente zusammen, das schlimmste darunter war, dass jemand behauptete, Lilly sei tot und er habe sie umgebracht. Wer würde eine so skrupellose Lüge verbreiten? Nur jemand, der sich selbst schützen wollte. O Gott, er musste zu ihr.
Er mühte sich langsam hoch. Eine Woge der Übelkeit schoss in seine Kehle, aber es gelang ihm, sie wieder hinunterzuschlucken. Der Schnee war mit erschreckend viel Blut getränkt. Sein Gesicht war in kaltem, klammem Schweiß gebadet, während sich seine Schulter anfühlte, als hätte man ihm ein Brandzeichen verpasst.
Was ihm wie eine halbe Unendlichkeit vorkam, konnte höchstens ein paar Sekunden gedauert haben. Als er die Augen wieder aufschlug und etwas vor dem weißen Gleißen zu erkennen versuchte, sah er Dutch Burton ein Funkgerät in den Schnee werfen, was die blecherne Stimme erklärte.
Dutch hechtete vom Straßenhang, als wollte er losfliegen. Er landete schmerzhaft auf der Straße, aber das hielt ihn nicht auf. Tierney hatte kaum Zeit, seinen noch brauchbaren Arm zu heben, da war Dutch auch schon auf ihm und hämmerte mit beiden Fäusten auf ihn ein.
»Hören Sie, Dutch.« Tierney war überrascht, wie krächzend und schwach seine Stimme klang. Er bezweifelte, dass Dutch ihn überhaupt hören konnte. Jedenfalls war er nicht bereit, innezuhalten und ihm zuzuhören.
Der Polizeichef setzte einen rechten Haken, der Tierney auf den Wangenknochen traf. Er hörte, wie die Haut aufplatzte. Sein Blut spritzte auf Dutchs Gesicht. Was zum Teufel war überhaupt mit seinem Gesicht los?
Dem zweiten Schlag konnte Tierney knapp ausweichen. »Lilly…«
»Du hast sie umgebracht. Du sollst in der Hölle schmoren!«
»Nein! Hören Sie!«
Aber Dutch war nicht mehr fähig, ihm zuzuhören. Aus seinen Augen schlug lodernder Hass. Tierney hatte nicht den geringsten Zweifel, dass ihn dieser durchgedrehte Hurensohn umbringen würde, wenn er sich nicht wehrte.
Aus Kraftquellen, die er längst für erschöpft gehalten hatte, begann er sich nicht nur zu schützen, sondern sich sogar zu wehren. Er war aus mehreren Gründen wütend auf Dutch Burton, und das verlieh ihm neue Energie. Schließlich brachte er es fertig, sein Knie zwischen ihn und Dutch zu klemmen. Dann stieß er mit aller Kraft zu.
Dutch rollte gerade so lange von Tierney, dass der nach der Pistole fassen konnte, die er hatte fallen lassen. Dummerweise fasste,er instinktiv mit dem rechten Arm zu, und der baumelte nutzlos an dem Schultergelenk, das die Gewehrkugel zerschmettert hatte.
Er schrie vor Schmerz auf, kämpfte sich mühsam hoch und stolperte ein paar Schritte weiter.
Dutch packte ihn an seinem verstauchten Knöchel und riss den Fuß unter ihm weg. Tierney ging zu Boden wie ein Sack Zement. Dutch schleuderte ihn auf den Rücken, als wäre er ein Fisch, den er ausweiden wollte. Wieder war er auf ihm, diesmal hatte er beide Hände um seine Kehle gelegt und drückte mit den Daumen gegen seinen Adamsapfel.
Dutchs zusammengebissene Zähne waren blutverschmiert, der Anblick erfreute Tierney. Immerhin hatte er ein paar mühsame linke Schwinger gelandet. »Hast du sie gefickt?«
Diese Frage fegte
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