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Eistochter

Eistochter

Titel: Eistochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Rae Miller
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diejenigen, die sich dafür aussprechen, eine Dunkelhexe von ihrer Ummantelung zu befreien, damit sie ihre Kräfte auf uns loslassen kann.« Eamons Worte triefen vor Bosheit.
    »Wenn ihr wollt, dass Lark sich beherrschen kann oder zumindest eine gewisse Chance bekommt, diese Fähigkeit zu entwickeln, müsst ihr uns erlauben, die Ummantelung zu entfernen. Sonst können wir sie nicht unterrichten.« Mein Herz macht einen Sprung. Es ist Henry.
    Eamon ruft: »Ich will nicht, dass sie eine Chance bekommt! Ich will die Schlampe tot sehen!«
    Niemand sagt etwas. Eamon hat offen zugegeben, dass er mich töten will, und kein Einziger, nicht einmal Henry oder Bethina, hat protestiert. Mir dreht sich der Magen um.
    Die Luft lastet schwer auf mir, wie niedergedrückt von Zorn und Furcht. Es herrscht Stille. Niemand spricht. Kein Geräusch ist zu hören.
    Dann bricht im Zelt plötzlich ein misstönendes Lärmen los. Schreie, Rufe und das Splittern von Holz erfüllen die Luft. Zorn durchströmt meine Adern, pumpt kräftig und verscheucht meine Angst. Er erstickt mich und schnürt mir das Herz ein. Dieser Zorn ist nicht meiner, sondern Becks. Wie damals, als er mit Eamon gekämpft hat, überwältigen seine Gefühle mich, bis ich zittere.
    Bitte nicht – hoffentlich verliere ich nicht die Fassung, damit Eamon nicht den Beweis bekommt, den er braucht. Ich konzentriere mich mit aller Macht darauf, meine Atmung zu beruhigen, und versuche, die Kontrolle über Becks Gefühle zu gewinnen. Bei jedem Ausatmen legt sich sein Zorn ein wenig, bis er aus meinem Körper gleitet und mich erschöpft zurücklässt.
    Schweigen senkt sich über die Gruppe, bis eine Frau, deren Stimme ich nicht kenne, sich zu Wort meldet. Ihr trillernder Akzent verrät mir, dass sie aus der Östlichen Gesellschaft stammt. »Sag so etwas nicht, Eamon. Wir sind keine Mörder. Wir kämpfen nicht, solange wir nicht angegriffen werden.«
    Obwohl ich Eamon nicht sehen kann, ist seiner Stimme das hämische Grinsen deutlich anzuhören. »Ein Präventivschlag, Akari.« Er macht eine Pause. »Das hier ist nur ein Beispiel dafür, was sie mit Beck anrichten kann.«
    »Lark ist nicht einmal hier. Ich allein bin derjenige, der sich gegen dich stellt.« Beck klingt zornig.
    Ich presse mir die Hand fester auf den Mund. Mein Herz gerät beim Klang von Becks atemloser Stimme ins Stolpern.
    Mrs. Channing mischt sich ein. Ihre Stimme ist heiser, als ob sie geweint hätte. »Eamon hat recht. Wir haben schon viel über ihre Fähigkeiten in Erfahrung gebracht. Vielleicht wird es Zeit, dass sie geht.«
    Können sie das tun? Mich hinauswerfen? Wird das meine Mutter nicht erzürnen?
    »Nein, wir haben es versprochen.« Wieder Beck. Er klingt nicht länger selbstbewusst, sondern spricht so schleppend, dass er müde wirkt. »Wir haben versprochen, dass sie bis zum sechsten Oktober bleiben kann.«
    »Beck, warum das Unvermeidliche hinauszögern?«, mischt Mr. Channing sich ein. »Ist es nicht das Beste, einen sauberen Schlussstrich zu ziehen?«
    Und dann höre ich die eine Stimme, mit der ich nicht gerechnet habe: Eloise.
    »Du wirst sie gehen lassen müssen, Beck. Das weißt du.«
    Ich wanke und falle beinahe gegen die Wand des Nachbarzelts. Eloise hat mich angelogen. Ich packe ein Seil, das von der Seite des Zelts hängt, um mich festzuhalten.
    »Um wieder aufs Thema zurückzukommen …« Das ist Mrs. Channing. »Sprechen wir doch über Larks bekannte Fähigkeiten.«
    Stimmen rufen verschiedene Antworten. Es müssen über zwanzig Leute im Zelt sein. Ich höre Gesprächsfetzen – Molekularverbrennung, Pyrokinese, Beschwörung, Elementarmagie – und kann nicht glauben, dass sie von mir reden. Ich weiß nicht, was die Worte bedeuten oder wie ich auch nur eines dieser Dinge tun soll. Das macht mein Unterricht doch deutlich!
    Auf den Aufruhr folgt neuerliches Schweigen.
    Dann spricht Henry: »Ich muss darauf hinweisen, dass sie über eine Kraft verfügt, die größer als alle anderen ist: Lark kann lieben. Genauer gesagt: Sie liebt.«
    Mir tönen die Ohren. Henry sagt ihnen, dass ich Beck liebe. Er erzählt es einem ganzen Zelt voller Fremder! Und weit wichtiger noch: Er sagt es Beck.
    »Das behauptest du, Henry. Aber ich finde nicht nur die Methoden fragwürdig, mit denen du an diese Information gelangt bist, sondern ich zweifle auch an deiner Objektivität.« Wieder Eamon.
    »Es stimmt«, sagt Bethina. »Die Liebe, die Lark für Beck empfindet, ist rein und ehrlich. Sie liebt diesen Jungen

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