Eistochter
gesagt. Lina und Ryker werden einen Riesenärger bekommen«, beharre ich.
Sie macht eine wegwerfende Handbewegung, als ob das nichts weiter zu bedeuten hätte. Ich schnaube. Manchmal wünsche ich mir, Kyra würde alles etwas ernster nehmen.
»Langweilt dich das hier nie?« Sie benutzt beide Hände, um den Anblick, der sich uns bietet, verächtlich beiseitezuwischen.
Kyra ist nie zufrieden. Sie unternimmt immer das ein oder andere, um »das Leben aufregender zu gestalten«. Warum kann sie nicht das, was sie hat, spannend finden und sich darüber freuen?
»Nein. Die Dinge ändern sich bald genug. Nach unseren Bindungen .« Ich betone den letzten Satz und hoffe, dass sie versteht, was ich ihr damit sagen will.
Kyra beobachtet Beck einen Moment lang, bevor sie antwortet: »Vielleicht ist er nicht der Richtige für dich. Ich meine, alle anderen hier wollen schließlich gegen die Regeln verstoßen und so weiter. Vielleicht seid ihr beiden nicht kompatibel. Das passiert manchmal. Es ist besser, das jetzt herauszufinden, bevor ihr aneinandergebunden seid und euch der Peinlichkeit eines öffentlichen Prozesses aussetzen müsst, weil er beschlossen hat, dass er jemand anderes mag.«
Ihre Worte bohren sich in mein Gehirn und lassen mich erstarren. Nicht kompatibel? Das ist unmöglich. Wie kann jemand, der mich so glücklich macht, nicht mein perfekter Partner sein? Außerdem sagt Bethina immer, dass Beck und ich zwei Seiten derselben Münze sind – wir hängen so aneinander, dass es keine Möglichkeit gibt, uns voneinander zu trennen. Wir sind füreinander geschaffen, und deshalb hat der Staat auch schon so früh festgelegt, dass wir ein Paar werden sollen. Es wird nie einen anderen für mich geben.
Auf der anderen Seite des Raums ist etwas los: Maz kommt auf uns zugerannt, sein hellbraunes Haar feucht von schmelzendem Schnee. Kein Wunder, dass Kyra ihn mag: Er ist ständig in Bewegung und alles andere als langweilig. Beck fängt Maz mitten im Raum ab, und Maz gestikuliert wild, bevor sie auf direktem Weg zu unserem Tisch eilen.
»Kommt schon«, keucht Maz. »Ich habe alles vorbereitet.«
Bei dem Gedanken, draußen zu sein, wo wir angegriffen wurden, durchläuft mich ein Schauer. »Ich habe Hunger. Geht ihr nur«, sage ich und schaufle mir eine Gabel voll Gemüse in den Mund.
Kyra hebt träge den Kopf. »Lark will nichts unternehmen. Sie ist nicht gut drauf.«
Maz schenkt mir ein schiefes Lächeln. »Komm schon, Lark. Es macht bestimmt Spaß. Ich lasse mich sogar ein paar Mal von dir bewerfen.«
Ich schüttle den Kopf. Ich gehe unter keinen Umständen dort hinaus. Nicht bevor es sein muss.
Maz und Kyra tauschen einen Blick, den ich nicht deuten kann. »Ich dachte, es würde dich aufheitern«, sagt Maz. »Nachdem du nun schon die Prüfung verpasst hast und …«
»Danke. Aber ich brauche keine Aufheiterung. Es geht mir gut. Wirklich.« Meine Stimme zittert ein wenig.
Beck setzt sich neben mich. Seine Finger streichen über meinen Handrücken, als er sich an mich schmiegt und flüstert: »Ich bin auch nicht gerade scharf darauf, wieder nach draußen zu gehen.«
Manchmal sind wir so im Gleichklang, dass es ist, als würde er mein Herz wirklich kennen, und das ist der einzige Beweis, den ich dafür brauche, dass wir füreinander bestimmt sind.
Bethina klopft zwei Mal an die Tür, bevor sie den Kopf ins Zimmer steckt. »Darf ich hereinkommen?«
»Natürlich«, antworte ich.
Ich sitze von Büchern umgeben an meinem Schreibtisch und versuche, mich auf meine Hausaufgaben zu konzentrieren. Aber das Einzige, was ich bis jetzt erreicht habe, ist, mich zu fragen, warum Beck noch nicht zu Hause ist. Er hätte schon vor einer Viertelstunde mit dem Training fertig sein sollen, und wenn er nicht bald auftaucht, bekommt mein Armband noch eine Delle, weil ich immer wieder darauf drücke, um ihn anzurufen.
»Geht es dir gut?« Kaum dass ich zu Hause war, hat Bethina mich fast in einer Umarmung erdrückt. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie sich je zuvor so verhalten hätte – ängstlich und erleichtert zugleich.
»Mir tut der Kopf noch immer weh.« All der Stress heute hat mir heftige Kopfschmerzen beschert.
Sie fischt zwei winzige Pillen aus der Tasche. »Dr. Hanson hat gesagt, dass du die hier nehmen sollst, wenn die Schmerzen unerträglich werden.«
»Es geht mir gut. Wirklich.« Ich beäuge die Medizin misstrauisch. Ich habe bisher noch nie Medikamente genommen, was für die vorzügliche medizinische Ausbildung
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