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Eistochter

Eistochter

Titel: Eistochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dawn Rae Miller
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ich vom Tag deiner Geburt an wusste, wer du in Wahrheit bist.« Sie hält inne. »Es gibt viele Leute, die dich nicht schätzen. Bitte sei vorsichtig.«
    Und dann ist sie verschwunden. Der Platz, auf dem sie gesessen hat, ist leer. Ich wende den Kopf und halte nach ihr Ausschau, aber ohne Erfolg.
    Nun, es war ja keine große Enthüllung. Der gewaltige Abstand, den alle zu mir halten, ist ein guter Indikator für meine Beliebtheit.
    Da ich nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf mich ziehen möchte, schleiche ich mich am Rand des Rasens entlang, fort von dem sich teilenden Meer aus Hexen, und begebe mich auf die Rückseite des Hauses.
    Ein paar fröhliche Takte Alouette folgen mir, während ich davongehe, mitsumme und mich an den Text zu erinnern versuche. So etwas wie: Alouette gentille Alouette, Alouette JT plummery. Oder irgendwie so. An viel erinnere ich mich nicht. Miss Jensen wäre verärgert.
    Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber die Leute scheinen mir zu folgen. Sie halten Abstand, wahrscheinlich nur für den Fall, dass ich verrückt werde und sie mit dunkler Magie bewerfe oder so.
    Eine hartnäckige Stimme tief in mir schreit mir zu davonzulaufen. Dass dies eine perfekte Gelegenheit für mich ist, die Flucht zu ergreifen. Dass Beck, wenn ich jetzt gehen würde, in Sicherheit wäre, und ich … was? Was wäre ich?
    Immer noch allein. Das wäre ich.
    Dasha, oder zumindest jemand, den ich für Dasha halte, erwartet mich mitten auf der großen Rasenfläche. Sie steht der Zeltstadt zugewandt und spielt an den Goldarmreifen herum, die ihre Arme vom Handgelenk bis zum Ellbogen einhüllen und die Ärmel ihres roten Kleids verdecken.
    »Dasha?«
    Sie zuckt zusammen. Und schreit auf. »Oje. Tut mir leid«, stammelt sie. »Ich … du … Ich hatte nicht damit gerechnet, dass du aus dieser Richtung kommen würdest.«
    Ihre Armreifen klappern.
    »Es tut mir so leid.« Das ist kein guter Anfang. »Wirklich. Ich wollte Sie nicht erschrecken. Ich wollte nur einen Bogen um all das machen.« Ich zeige auf das Getümmel von Hexen auf dem Ostrasen.
    Dasha schluckt sichtlich. Mrs. Channing hat gelogen. Dasha hat, wie alle anderen, entsetzliche Angst vor mir. Ich frage mich, wie ihr diese Aufgabe wohl aufgezwungen worden ist.
    »Nun gut. Sollen wir beginnen?« Sie drückt sich förmlich aus wie eine Staatsfrau, aber sie spricht mit der leichten Andeutung eines Akzents, den ich zwar nicht einordnen kann, aber schon einmal gehört habe. Das Klappern ihrer Armreifen lässt nach; sie presst den Mund zu einer straffen Linie zusammen und wartet auf meine Antwort.
    Ich will etwas lernen. Das will ich wirklich. Und ich will, dass sie mich mag. »Natürlich.« Ich schenke ihr ein strahlendes, eifriges Lächeln. »Stammen Sie aus dem Norden?«, frage ich in dem Versuch, ihr die Nervosität zu nehmen.
    Dasha presst erneut die Lippen zusammen. »Das ist nicht von Bedeutung. Du bist hier, um zu lernen.«
    Na gut. Da sind wir uns dann ja immerhin einig. »Was werden Sie mir beibringen?«
    Ihr Körper entspannt sich, aber das Lächeln, das sie mir schenkt, ist verkniffen. »Ich bin Bewegungsexpertin. Es ist meine Aufgabe, dir beizubringen, wie du dich allein durch Gedanken von einem Ort zum anderen bewegen kannst. Das ist das Erste, was junge Hexen lernen – die Kontrolle über ihr physisches Wesen.«
    »Wirklich?« Ich kann meine Begeisterung nicht verhehlen. Das klingt unglaublich!
    »Ja. Würdest du dich nun bitte einfach auf dein Ziel konzentrieren?« Sie zeigt auf einen Baum jenseits des Weges. »Fangen wir mit dem Baum da an. Du musst deinen Verstand leeren und dich auf die Bewegung deines Körpers konzentrieren. Kannst du das?«
    »Das ist alles? Keine Zaubersprüche oder so?«
    »Das wäre unwürdig, Lark. Wir sprechen kein Kauderwelsch.«
    Ich sauge an meinen Lippen. »Tut mir leid. Es ist ja nur, dass ich nichts über Magie weiß. Sie sind meine erste Lehrerin.«
    »Das ist mir bewusst. Aber das heißt nicht, dass ich solch ein Benehmen dulde.« Sie bedenkt mich mit einem missbilligenden Blick, der mich an Mr. Proctor erinnert. »Jetzt leere deinen Verstand und konzentriere dich darauf, deinen Körper zu dem Baum dort zu bewegen.«
    Das klingt nicht einfach. »Können Sie es mir erst einmal vormachen?«
    Dasha neigt den Kopf und verschwindet mit einem leisen Rascheln. Eine Sekunde später steht sie neben dem Baum.
    Dieses Geräusch! Es ist das gleiche, das ich an dem Tag gehört habe, als Beck und ich in der Schule den

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