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Eiswein (German Edition)

Eiswein (German Edition)

Titel: Eiswein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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wusste.«
    »Stimmt. Allerdings hat er für den Donnerstagabend ein Alibi. Er verließ das Hotel nicht, sagte er, und dafür gibt es garantiert jede Menge Zeugen.« Braunagel öffnete die Tür zwischen Tiefgarage und dem Aufgang zu den Diensträumen und ließ seinen Kollegen vorbei. Am Ende des Flurs vermied er tunlichst einen Blick auf den Hinweis, dass der Fitnessraum jedem Kollegen zur Verfügung stehe, der nur wolle, und lief mit energischem Nachdruck die Treppen zum zweiten Stock hinauf. Wo er allerdings schwer atmend ankam. »Irgendetwas hindert mich einfach daran zu glauben, dass der junge Orthler sie umgebracht hat. Ich weiß nur nicht, was.«
    »Dann lass uns keine Zeit verlieren und herausfinden, was es ist, das dich daran hindert. Sonst klappt die Zeller die Akten zu, der Orthler wird verhaftet, und wir können nichts mehr tun.«
    »Du bist also auch der Meinung, dass sie sich täuscht, oder?«, fragte Braunagel hoffnungsvoll. Er hängte seine Jacke über die Lehne seines Schreibtischstuhls. »Was die Zeller betrifft, denke ich, sie will einfach nur recht haben und vor ihrem Verlobten glänzen. Christoph Orthler wäre dann das Bauernopfer.«
    »Nicht, solange wir dich noch als Turm haben«, grinste Norbert Schwarz zu ihm hinüber, und imitierte über dem Schreibtisch einen Zug mit der imaginären Figur. »Rochade nennt man so was beim Schach, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Hä?«
    »Vergiss es.«

Mittwochvormittag
    »Warum sollte ich sie umbringen? Sie war seit Langem der erste und einzige Mensch, der mich mochte, wie ich bin.«
    Christoph hielt den Blick auf seine Hände gesenkt, die er auf der Tischplatte vor sich übereinandergelegt hatte.
    Walter Braunagel beobachtete ihn schweigend.
    »Ich weiß nicht mal genau, wie sie umgebracht wurde«, sagte der junge Mann leise. »Nur was halt in der Zeitung steht.«
    »Sie wurde erschlagen.«
    »Erschlagen? Warum?«
    »Wenn wir das wüssten, wüssten wir auch, wer es getan hat. So viel steht jedenfalls fest: Jemand hat sie von hinten niedergeschlagen und dann ihr Gesicht mit einem Stein zertrümmert.«
    Christoph Orthler hob kurz den Kopf, suchte Braunagels Blick.
    »Himmel.« Er hielt einen Augenblick lang inne.
    »Bitte?«
    »Nichts.«
    Der junge Mann legte beide Hände über die Augen, und Walter Braunagel glaubte zu sehen, dass seine Schultern zuckten.
    »Solche Attacken kennen wir eigentlich nur aus Fällen, in denen jemand eine abartige Wut auf sein Opfer hatte. Oder wenn jemand Zeit gewinnen will, bis man die Identität des Toten ermittelt hat. Aber das halte ich in diesem Fall für ausgeschlossen.«
    Christoph Orthler legte die Hände vors Gesicht.
    »Das hätte ich niemals fertiggebracht und hatte auch keinen Grund dazu.«
    »Beschreiben Sie Ihre Beziehung zu Julia Neubauer, Herr Orthler?«, bat Braunagel nach einer kurzen Pause.
    »Da gibt es nichts zu beschreiben«, gab Christoph zurück, ohne die Hände vom Gesicht zu nehmen. Seine Finger hatten sich in den Haaren verhakt, die nach vorne in seine Stirn gefallen waren.
    Walter Braunagel biss sich auf die Unterlippe. Geduld, befahl er sich und blätterte wahllos in seinen Unterlagen.
    »Julia war eine meiner Kundinnen«, begann Christoph nach einiger Zeit unvermittelt. Er wischte mit dem Hemdsärmel über sein Gesicht und bemühte sich offensichtlich um Fassung. »Sie war eine tolle Frau, glauben Sie mir. Selbstbewusst, humorvoll – und so … so k…« Er brach abrupt ab.
    »… klasse«, half ihm Braunagel auf die Sprünge.
    »Ja auch. Aber ich meinte klug. Sie war sehr klug, kannte sich mit so Vielem aus. Eine außergewöhnliche Frau. Für mich jedenfalls. Mit ihr konnte man sich über alles unterhalten. Wir haben uns fast jeden Tag mehrere Mails geschickt.« Er unterbrach sich erneut und starrte eine Zeit lang vor sich hin. »Die meiste Zeit verbrachten wir eigentlich im Internet miteinander.«
    Es klang nach Bedauern. Braunagel schwieg. Er wollte Christoph nicht unterbrechen. Aber sein Gehirn arbeitete wie ein Computer. Was war ihm aufgefallen? Warum brach für ihn gerade endgültig alles zusammen, was die Zeller gegen diesen jungen Mann hier vorzubringen hatte?
    »Wir sind uns dann auch persönlich näher gekommen, hatten …«
    »… Sex.«
    »Ja. Nein. Eher – Erotik. Sie war eine sehr sinnliche Frau, das mochte ich an ihr. Da war sie mir total ähnlich.«
    »Sinnliche Erotik. Es war also keine Liebesbeziehung?«
    Christoph schaute gequält auf.
    »Eher nicht. Dazu hatten wir beide zu

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