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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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ist, bevor sie anfangen können. Damit gewinnen wir Zeit bis morgen. Einverstanden?«
    Lenz nickte. »Ja, das ist in Ordnung.«
    Die beiden gingen zurück in den Gastraum und Lenz erklärte den Juristen das weitere Vorgehen. Zu seiner großen Überraschung wirkten die beiden eher erleichtert als unzufrieden. Ohne Widerspruch verabschiedeten sie sich und zogen ab.
    »Das war jetzt aber zu einfach«, sinnierte Gecks .
    »Ja, finde ich auch. Die beiden haben wahrscheinlich einen ganz klaren Auftrag, an den sie sich halten müssen. Apropos Auftrag, hast du schon mit den Nachbarn gesprochen?«
    »Hier im Haus gibt es keine mehr. Bis auf die Eisdiele steht die Bude komplett leer. Es gab bis Ende des Monats noch einen Telefonshop nebenan, doch der ist in einen Neubau in der Stadt umgezogen. Die Wohnungen und Büros in den oberen Stockwerken stehen schon länger leer.«
    Er zog einen Block aus der Tasche und klappte ihn auf. »Im Haus gegenüber habe ich eine Frau gefunden, die Stein und Bein schwört, dass um Viertel vor eins ein Motorrad mit aufheulendem Motor von hier weggefahren sei. Bestätigt hat mir das allerdings bisher niemand.«
    Lenz sah sich auf der Straße um. In beiden Richtungen gab es Ampeln. »Vielleicht nur ein Spinner, der auf dem Hinterrad durch die nächtliche Stadt blasen wollte. Krieg doch mal raus, ob die Ampeln in der Nähe die ganze Nacht aktiv sind.«
    Gecks grinste.
    »Hab ich schon. Die Fußgängerampel in Richtung Stadtmitte ist aus, die Kreuzungsampel in die andere Richtung an. Der Motorradfahrer könnte also auch dort losgefahren sein.«
    »Sonst noch was?«
    »Ja. Als du gerade weg warst, ist hier ein Mann reingeschneit, ein Nachbar von nebenan. Er hat mir erzählt, dass er Stammkunde war und auch gestern Abend einen Kaffee hier getrunken hat. Dabei ist ihm angeblich aufgefallen, dass Iannone ziemlich bedrückt gewesen ist. Er hat ihn nach eigener Aussage gefragt, was los sei, doch der Italiener wollte nichts erzählen. Erst nach ziemlich langem Nachfragen ist er damit rausgerückt, dass das wohl seine letzte Saison an diesem Standort hier sei, so oder so. Mehr wollte er dem Zeugen gegenüber aber nicht preisgeben.«
    »Hm«, machte Lenz. »Vielleicht hat er wirklich gestern seine Bude verkauft und das Ganze ist ein tragisches Missverständnis?«
    »Und die Erde ist doch eine Scheibe?«
    »Immerhin ist die Kasse ausgeräumt. Das machen Auftragskiller in der Regel nicht.«
    »Nur, wenn sie von ihrem Auftrag ablenken wollen.«
    Lenz’ Blick schweifte durch das Café.
    »Wo ist eigentlich Thilo hin? Der ist doch mit mir reingekommen ?«
    »Keine Ahnu …« Weiter kam Gecks nicht, weil in diesem Moment hinter ihnen eine Tür aufgerissen wurde und Thilo Hain durch den Hinterausgang hereinkam.
    »Wir haben dich schon vermisst, Kleiner«, wurde er von Gecks empfangen.
    »Sind die Advokaten weg?«, wollte der junge Oberkommissar wissen.
    Lenz berichtete kurz über die Ereignisse. »Und wo hast du dich rumgetrieben?«
    Hain deutete hinter sich. »Im Hof.«
    »Und, was gefunden?«
    Er nickte. »Da hat ein Berber gepennt, in einer Nische hinter einem Betonträger. Und es sieht danach aus, als sei er ziemlich überhastet abgehauen. Schlafsack, Tabak, Wein, alles hat er liegen gelassen.«
    »Und wer sagt dir, dass das Zeug nicht schon länger da rumliegt ?«
    Hain sah ihn beleidigt an. »Die Zeitung von gestern, Herr Chefermittler.«
    »Das ist ein Argument. Irgendwelche Dokumente?«
    »Nein, nichts. Aber ein Buch hat er dagelassen, und das finde ich schon ungewöhnlich. Es ist nämlich Tolstois ›Krieg und Frieden‹ , und zwar in der Originalsprache. So einen Wälzer schleppt man nur mit sich herum, wenn man den Inhalt wirklich liebt.«
    »Wirklich auf Russisch?«
    »Wenn du Kyrillisch meinst, ja.«
    »Dann sehen wir uns das Nachtlager mal an«, erklärte Lenz und strebte auf den Hinterausgang zu.

     
    *

     
    Die gleißende Helligkeit traf die drei wie ein Blitzschlag und Lenz fluchte innerlich darüber, dass er seine Sonnenbrille zu Hause vergessen hatte. Er griff sich mit der rechten Hand an die Stirn und sah sich auf dem Parkplatz um.
    Die Nische, von der Hain gesprochen hatte, lag in der Ecke hinter einem massiven, quadratischen Stahlbetonträger, der als Stütze für das obere, wesentlich kleinere Parkdeck diente. Vom Parkplatz aus kaum einsehbar, etwa einen halben Meter unter dem Niveau der Asphaltdecke und durch die obere Etage vor Regenwasser geschützt, ergab sich ein Schlafplatz, der von

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