Eiszeit
Tor hinter ihnen ins Schloss gefallen war. »Allerdings war die auch richtig scheiße. Immerhin hast du jetzt eine erste Ahnung, mit wem wir es zu tun haben.«
Lenz zog sich das Jackett aus, legte es über den Arm und nickte.
»Ja, das weiß ich jetzt. Als ich ihr gegenüberstand, kam mir der Gedanke, dass Mälzer oder die beiden am Ende wirklich nichts mit der Geschichte zu tun haben könnten. Und dabei habe ich mich gefragt, ob das mehr meine Angst vor der Konfrontation mit solchen Kalibern ist oder echter Polizisteninstinkt.«
»Und?«
»Keine Ahnung. Im Moment rede ichs mir schön und gehe von Instinkt aus.«
»Und was machen wir jetzt, da Mälzer vor Sonntag nicht zurück sein wird?«
Lenz ging langsam auf den Mazda zu. »Ermitteln, Thilo. Als Erstes brauchen wir alle Informationen über das bestehende Gebäude und den geplanten Neubau. Dann will ich wissen, woher Mälzer das Geld für die neue Hütte kriegt. Außerdem müssen wir natürlich prüfen, ob er sich wirklich in Singapur aufhält und wann er dort eingetroffen ist. Darum kümmerst du dich am besten. Ich habe jetzt einen eher unangenehmen Gang vor mir.«
*
Die Tür zu Uwe Wagners Büro stand wie immer offen. Der Pressesprecher saß am Schreibtisch und blickte konzentriert auf den Computermonitor. Lenz klopfte vorsichtig an den Türrahmen. Wagner hob den Kopf und grinste.
»Hallo, Paul, schön, dich zu sehen.« Er schaltete den Monitor aus und stand auf. »Leider hab ich heute gar keine Zeit für dich, weil ich auf dem Sprung bin. In zehn Minuten werde ich abgeholt und nach Wiesbaden chauffiert, wo ich mich mit den Kollegen der anderen Präsidien zu einem Workshop treffe. Eigentlich bin ich heute nämlich gar nicht im Dienst und hab die ganze Arbeit dem Per Waldmann, meinem Stellvertreter, überlassen. Nach einem kurzen Check meiner Mails wollte ich abhauen.«
»Dann bist du auch nicht darüber informiert, was heute Morgen auf der Wilhelmshöher Allee passiert ist?«
Nun kam Wagner langsam um den Schreibtisch herum. »Nein, ich hab überhaupt nichts mitgekriegt, warum? Was ist passiert?«
Lenz holte tief Luft, bevor er antwortete.
»Salvatore Iannone und seine Frau sind erschossen worden.«
Für einen Moment herrschte absolute Stille im Raum, zumindest schien es Lenz trotz des offenen Fensters so. Er hörte nicht den Verkehr auf den Straßen, hörte nicht das Vogelgezwitscher und das Bellen eines Hundes gegenüber. Er hörte nur das Blut in seinem Kopf pulsieren.
»Salvatore … ist tot? Und … Isolde? Verdammt!« Der Pressesprecher ließ sich mit dem Hintern auf die Schreibtischkante fallen und fuhr sich durchs Haar. »Das gibts doch nicht. Ich bin noch am Montag auf einen Espresso und ein Eis bei ihnen gewesen. Dabei hat er mir erzählt, dass er sich von seinem Vermieter, diesem Mälzer, bedroht fühlt. Ich habe ihm empfohlen, sich mal mit dir in Verbindung zu setzen. Shit, warum hat er das nur nicht gemacht?«
Der Hauptkommissar schluckte. »Das hat er, Uwe.«
Wagner sah seinen Freund ungläubig an. »Wie, das hat er? Wie meinst du das?«
»Er war am Montagabend hier im Präsidium und hat mir von seinen Problemen mit Mälzer und seinen Befürchtungen erzählt.«
Der Pressesprecher ging um den Schreibtisch herum zurück zu seinem Stuhl und ließ sich schwer hineinfallen. »Und was hast du unternommen?«
Lenz trat ein paar Schritte nach vorn und stützte sich auf der Schreibtischkante ab.
»Mensch, Uwe, was hätte ich denn machen sollen? Ich hab ihm angeboten, dass ich mal mit Mälzer reden würde, doch das hab ich dann einfach vergessen. Es ist meine letzte Woche vorm Urlaub. Ich weiß, es hätte nicht passieren dürfen, ist es aber nun mal.«
Wagner war kreidebleich geworden. »Das arme Schwein. Und seine Frau? Die hatte mit der Sache eigentlich gar nichts zu tun, sie hatte doch von nichts eine Ahnung. Ohne Salvatore wäre die verhungert und verdurstet.«
»Es tut mir echt leid, Uwe. Aber wer rechnet denn damit, dass gleich jemand mit der Knarre bei denen vorbeigeht?«
Wagner zuckte hilflos mit den Schultern.
»Lass mal, Paul, ich mach dir keine Vorwürfe. Als er mir von der angeblichen Bedrohung erzählt hat, war ich auch skeptisch. Und dass ich ihn zu dir geschickt hab, lag daran, dass ich ihn nicht richtig ernst genommen habe. Sonst hätte ich wohl selbst was unternommen. Ich dachte, dass du ihm diesen Spleen schon ausreden würdest.«
»Das hätte ich gerne, es ist mir allerdings nicht gelungen.«
»Und wie geht
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