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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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Hinterausgang zu, verschwand kurz, kam mit einem Stuhl in der Hand zurück und stellte ihn unter das Loch an die Wand. Lenz hielt Hain das Messer hin.
    »Mach du das besser. Ich will in Urlaub und lieber nicht das Risiko eingehen, mit dem Kopf aufs Gesicht zu fallen.«
    Hain griff zu, stieg auf den wackeligen Stuhl und fing an, das Loch zu vergrößern. Dann zog er einen kleinen Kunststoffbeutel aus der Hosentasche, hielt ihn an die Hauswand und ließ das, was er aus der Wand befreit hatte, hineinfallen. » Voilà «, sagte er, und sprang neben seine Kollegen. »Dieses Projektil könnte einer der Gründe gewesen sein, warum unser Berber es so eilig hatte.«
    »Und ich wette, dass dieses Ding aus der gleichen Waffe stammt wie die Kugeln, die den Iannones zum Verhängnis geworden sind.«
    »Also sind wir auf der Suche nach einem Penner, auf den in der vergangenen Nacht geschossen wurde und der den Rest der Nacht ohne sein Bettzeug verbringen musste.«
    Lenz kräuselte die Stirn. »Hoffentlich hat er nicht schon längst die Stadt verlassen. Die Jungs gehen normalerweise jedem Ärger möglichst großräumig aus dem Weg, speziell, wenn er in Form der Polizei in Erscheinung tritt.«
    »Dann würde ich vorschlagen, wir verlieren keine Zeit und bewegen unsere Hintern auf der Stelle zu den einschlägigen Plätzen.«
    »Liefert wenigstens vorher die Kugel bei Heini ab und sagt ihm Bescheid, dass sein Arbeitsauftrag sich erweitert hat«, forderte Gecks .

5
    »Wohin zuerst?«, wollte Hain wissen, als die beiden Polizisten vor seinem kleinen Cabrio standen.
    Lenz dachte einen Moment nach. »Was hältst du davon, wenn wir Uwe fragen? Der arbeitet doch mit bei diesem Resozialisierungsprojekt zur Wiedereingliederung Nichtsesshafter. Vielleicht hat er ja eine Idee, wer unser Bücherwurm sein könnte und wo er sich bevorzugt aufhält.«
    Der Hauptkommissar griff nach seinem Mobiltelefon und wählte. Wagner nahm nach dem zweiten Läuten ab. Lenz kam ohne großes Geplänkel zur Sache.
    »Ich brauche deine Hilfe, Uwe. Wir suchen einen Berber, der in der vergangenen Nacht im Hinterhof von Iannones Eiscafé geschlafen hat. Auffällig könnte sein, dass er ›Krieg und Frieden‹ von Tolstoi auf Kyrillisch zu seiner Bettlektüre gemacht hatte. Vielleicht ist er also Russe oder so was.«
    Wagner antwortete nicht sofort, offenbar dachte er nach. »Da kann ich dir auf die Schnelle auch nicht helfen, Paul. Von einem Nichtsesshaften mit Vorliebe für russische Klassiker habe ich noch nichts gehört. Aber frag doch mal den Dieter Just, der kennt die allermeisten. Du findest ihn im Ordnungsamt.«
    »Das könnte uns helfen. Danke, Uwe.« Er beendete das Gespräch und steckte das Telefon zurück ins Jackett.
    »Zum Ordnungsamt«, klärte er seinen Kollegen auf.

     
    *

     
    Dieter Just war etwa 50 Jahre alt, deutlich übergewichtig und trug eine knallbunte Weste zu seinem weißen T-Shirt.
    »Ein Nichtsesshafter, der Tolstoi im Original liest«, sinnierte er einen Moment, nachdem die Kripobeamten sich vorgestellt und ihr Anliegen vorgetragen hatten. »Da bin ich, ehrlich gesagt, überfragt. Haben Sie sonst nichts, womit man ihn vielleicht besser identifizieren könnte?«
    Die beiden Polizisten schüttelten synchron die Köpfe. »Einen Tabaksbeutel, einen Schlafsack, eine Weinflasche, eine Kerze, viel mehr haben wir nicht.«
    »Normalerweise tragen diese Leute ihr Hab und Gut in einer oder mehreren Taschen mit sich herum. Eine Tasche haben Sie nicht gefunden?«, wollte Just wissen.
    »Nein, leider nicht.«
    Der Ordnungsamtsmitarbeiter stand auf und ging Richtung Tür. »Warten Sie einen kleinen Moment, ich will einen Kollegen fragen, der sich um einiges besser als ich in der Szene auskennt.«
    Noch besser? , fragte Lenz sich.
    »Waldemar«, erklärte Just knapp, nachdem er ein paar Minuten später wieder auf seinem Bürostuhl Platz genommen hatte. »Waldemar, mehr wusste mein Kollege nicht. Angeblich ist er Russe oder Russlanddeutscher, aber das ist nicht sicher, weil er höchst selten spricht. Allerdings steht er in dem Ruf, ein ziemlich heller Kopf zu sein, warum auch immer. Und er ist ein notorischer Einzelgänger. Soziophobiker hat mein Kollege ihn genannt. Er kommt und geht, Kassel ist meist nur eine Station auf seinem Weg von Nord nach Süd oder Ost nach West.«
    »Eine Idee, wo man ihn suchen könnte, haben Sie nicht?«
    »Nein, weder er noch ich. Menschen dieses Kalibers sind immer schwer zu finden.«
    »Aber es gibt doch garantiert

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