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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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wurde er von seinem Gegenüber barsch unterbrochen. »Vergessen Sie es einfach.«
    »Gut«, erwiderte der Polizist nach einer kurzen Pause. »Dann gehen wir von einer Verwechslung aus; ein anderes Motiv erschließt sich mir im Moment nämlich auch nicht.«

     
    *

     
    Dr. Franz, der Rechtsmediziner, bahnte sich mit seiner großen Tasche in der Hand den Weg durch die Reporter, Fotografen und Kameraleute, die sich mittlerweile eingefunden hatten, begrüßte Hain im Vorübergehen, nahm Kurs auf die Leiche und drückte dem Notarzt die Hand. Die beiden unterhielten sich einen Moment, dann bückte Franz sich und nahm etwas aus seiner Tasche.
    »Also, Herr Kommissar«, setzte Winterschied das Gespräch fort. Er zitterte noch immer leicht. »Worüber ich ziemlich intensiv nachdenke, ist die Tatsache, dass Waldemar spätestens in einer oder zwei Stunden mitgekriegt haben dürfte, dass der Österreicher hier tot im Gras liegt. Das wird ihn ermuntern, die Beine in die Hand zu nehmen und zu verduften.«
    »Können wir irgendetwas tun, um ihn aufzuhalten oder zu beruhigen?«
    Wieder starrte Winterschied dem Kommissar ungläubig in die Augen. »Woran dachten Sie denn da so? Immerhin konnten Sie und Ihr Kollege nicht verhindern, dass der Österreicher da drüben vor unseren Augen erschossen wurde. Das kann man nur mit größter Mühe als vertrauensbildende Maßnahme betrachten, oder?«
    Lenz kam nicht dazu, sich eine Antwort zu überlegen, weil Hain auf sie zukam.
    »Kommst du kurz mit?«, fragte er seinen Chef und ging Richtung Fluss.
    Der Hauptkommissar stand auf und folgte ihm.
    »Vermutlich wurde aus dem Lieferwagen geschossen«, erklärte er, als sie außer Hörweite des Zeitungsverkäufers waren. »Wir haben da oben alles abgesucht, aber keine Hülse gefunden. Entweder hat der Schütze die Muße gehabt, sie aufzusammeln, oder er hat in der offenen Tür gesessen und gefeuert, was ich mir eher vorstellen kann. Dann die Tür zugeschmissen und ab dafür.«
    Lenz nickte. »So könnte es gewesen sein.«
    Hain machte eine Kopfbewegung in Winterschieds Richtung. »Hat er dir erzählt, wer der Tote ist?«
    »Nun ja«, meinte Lenz. »Sie nennen ihn den Österreicher, weil er vermutlich aus Tirol stammt. Sein bürgerlicher Name ist angeblich Hugo Pallhuber , aber das müssen wir verifizieren. Winterschied meint, dass es sich um eine Verwechslung handeln könnte, weil dieser Waldemar und der tote Österreicher sich ähneln würden. Angeblich tragen beide gerne Strohhüte und einen Vollbart, so sein Argument.«
    Hain dachte einen Augenblick nach. »So ganz dumm ist das nicht. Die Jungs mit der Knarre wussten vermutlich, dass wir, genau wie sie, nach diesem Waldemar suchen, und genau wie wir haben die keine Ahnung, wie der Typ genau aussieht. Also haben sie sich einfach davon täuschen lassen, dass Winterschied ihn angeschleppt hat und wir auf ihn gewartet haben.«
    »Wenn du recht hast, müssen wir seine Identität auf jeden Fall unter Verschluss halten. Vielleicht bemerken die Killer nicht, dass sie den Falschen erschossen haben, und hören auf, weiter nach diesem Phantom Waldemar zu suchen.«
    »Also willst du der Öffentlichkeit erklären, dass der Tote dort drüben ein gewisser Waldemar ist?« Er verzog skeptisch das Gesicht. »Könnte hinhauen, muss aber nicht. Auf jeden Fall sollten wir jetzt ohne Rücksicht auf irgendwas oder irgendwen nach dem echten Waldemar suchen, um ihn aus der Schusslinie zu holen. Und vielleicht wäre eine Informationssperre angebracht, damit nicht am Ende doch durchsickert, wer das da drüben wirklich ist.«
    »Das machen wir auf jeden Fall«, bestätigte Lenz. »Hast du ein paar Uniformierte in die umliegenden Häuser geschickt, um die Bewohner zu befragen?«
    Hain nickte.
    »Insgesamt sind vier Kollegen unterwegs. Ich glaube zwar nicht, dass es was bringt, weil hier wenig Wohnbebauung ist, aber was solls . Vielleicht haben wir Glück.«
    Lenz wollte etwas erwidern, wurde jedoch von Dr. Franz unterbrochen, der auf sie zukam.
    »Wenn es bei Ihnen in Kassel mal losgeht, dann gibts immer gleich einen Haufen Tote. An ein einzelnes Tötungsdelikt kann ich mich gar nicht mehr erinnern, Herr Lenz.«
    Der Hauptkommissar kratzte sich am Kinn und atmete dabei schwer.
    »Da muss ich Ihnen recht geben, aber es hilft ja nichts. Was gibts denn zu dem armen Schwein da drüben zu sagen?«
    »So arm war er gar nicht dran. Der Schuss hat ihn getötet, noch bevor er richtig zu Boden gesackt war. Volltreffer ins Herz; ich

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