Eiszeit
Geld, das wir investieren möchten. Ihr Mann und Sie allerdings sind in einer sehr viel weniger komfortablen Situation.« Seine Aussprache von ›Situation‹ klang wie › Situacion ‹.
»Sie brauchen das Geld sehr dringend. Ohne unsere Investition können Sie Ihr Projekt und damit Ihre gesamte geschäftliche Zukunft vergessen. Sie sind am Ende Ihres Liquiditätsspielraumes, und wenn wir aussteigen, bricht Ihr schönes kleines Imperium zusammen.«
Er erhöhte den Druck auf ihren Arm ein weiteres Mal, ohne die geringste Anstrengung zu zeigen. Molina Mälzer riss die Augen auf und stieß einen kleinen Schrei aus.
»Und, wo wir uns gerade so angeregt unterhalten«, fuhr er ungerührt fort, »kann ich Ihnen die Lektüre von El Pais vom 13. Juni letzten Jahres empfehlen. Dort können Sie auf Seite vier über den Tod eines großen mallorquinischen Bauunternehmers lesen. Er ist, zusammen mit seiner Frau und seinen beiden Kindern, mit seinem Privatflugzeug auf dem Weg von Valencia nach Palma abgestürzt. Ein ganz schrecklicher Unfall, so stand in den Zeitungen, natürlich auch in El Pais , zu lesen. Die tragischen Hintergründe sind leider nicht zu klären gewesen, auch hat man die Familie nie aus dem Mittelmeer gefischt.« Er schenkte ihr ein herzliches Lächeln. »Um Ihnen und Ihrem Mann ein ähnliches Schicksal zu ersparen, bitte ich Sie, sich ganz genau an unsere Anweisungen zu halten und sich nicht in Dinge einzumischen, die Sie nichts angehen und die Sie ohnehin nicht beeinflussen können. Wir treffen Entscheidungen, Sie leben damit, etwas anderes kommt nicht infrage.«
Damit gab er ihren Arm frei, nickte ihr kurz zu und schlenderte langsam davon. Molina Mälzer holte erleichtert Luft, rieb sich die Stelle, an der seine Hand ihren Oberarm umklammert gehalten hatte, schloss für einen Moment die Augen und starrte mit zitternden Lippen in den Himmel.
Als sie etwa 20 Minuten später vor ihrem Wagen stand, griff sie zum Telefon und wählte. Es dauerte einige Sekunden, bis die Verbindung aufgebaut war und der Anruf entgegengenommen wurde. »Du musst sofort zurückkommen, Jochen. Mit der nächsten Maschine.«
17
Heini Kostkamp packte seine Utensilien zusammen, stieg aus der Seitentür des Transporters, öffnete den Reißverschluss seines Tyvek-Overalls und zwängte sich umständlich aus dem Schutzanzug.
»Schon komisch, dieser Sarg da drin«, erklärte er dem Leiter der Mordkommission. »Da hat auf jeden Fall einer drin gelegen, aus welchem Grund auch immer. Wir haben am oberen Ende menschliche Haare gefunden und am unteren Schmutz von Schuhen. Außerdem vermutlich einen Popel, der dem Benutzer der Kiste aus der Nase gefallen sein dürfte.«
Lenz rümpfte angewidert die Nase.
»Hör auf, dich zu mokieren, Paul. Auch du verlierst gerne mal einen Popel, wie jeder Mensch übrigens. Für uns ist das wie ein Sechser im Lotto, wegen der DNA -Spuren.«
»Schon gut, Heini. Ist dir sonst noch was aufgefallen?«
»Ja, es gibt keine Fingerabdrücke. Die komplette Fahrerkabine ist gewischt worden, und zwar sehr gründlich. Nicht mal an Lenkrad oder Schalthebel finden sich irgendwelche Bruchstücke. Deshalb gehe ich davon aus, dass die ganze Sauerei hier richtig durchgeplant gewesen ist.«
Lenz nickte zustimmend. »Ja, das können wir annehmen. Hast du vielleicht im Fahrerhaus was anderes gefunden? Haare vielleicht?«
Kostkamp machte eine entschuldigende Geste. »So leid es mir tut, aber es gab wirklich nichts.«
»Wir haben einen Zeugen, der behauptet, dass zwei Männer mit dunklen Haaren und südländischem Äußeren im Wagen saßen, kurz bevor der Berber erschossen wurde.«
»Noch mal: Ich habe nichts gefunden, was euch weiterhelfen würde. Keine schwarzen Haare, keine blonden Haare und auch keine roten. Aber wir nehmen das Auto sowieso mit und machen noch einen zweiten Suchlauf. Vielleicht kommt ja dabei etwas raus, ich glaube es allerdings nicht.«
»Irgendwelche Hinweise, dass aus der offenen Tür geschossen wurde?«
»Auch negativ.«
»Das heißt also, dass uns die Karre bis jetzt nicht weiterbringt.«
»Bis jetzt nicht, exakt. Aber wie gesagt, wir machen noch einen zweiten Durchlauf bei uns in der Halle.«
Hain näherte sich den beiden mit einem Block in der Hand.
»Hast du wenigstens was rausgefunden , das uns weiterhilft?«, wurde er unwirsch von Lenz empfangen. Der junge Oberkommissar sah irritiert seinen Chef und danach den Mann von der Spurensicherung an.
»Was hast du denn mit dem gemacht,
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