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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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er.

     
    *

     
    Die Sonne war längst aufgegangen an diesem lauen Sommermorgen, als Hain mit seinem kleinen Cabrio auf die Kreuzung zurollte. Lenz sprang in den Wagen und schnallte sich an.
    » Moin «, begann Hain vorsichtig.
    »Fahr los. Weißt du schon was?«
    »Sie wurden erschossen; die Putzfrau hat sie gefunden. Sie ist ebenfalls Italienerin und schon auf dem Weg in die Psychiatrie. Die uniformierten Kollegen vor Ort sagen, sie sei völlig durchgedreht.«
    »Das ist alles?«
    Hain verzog das Gesicht. »Ja, Paul, das ist alles. Allerdings könntest du mich kurz darüber informieren, was er am Montag eigentlich von dir wollte.«
    »Jetzt nicht.«
    »Jetzt nicht?«
    Der Hauptkommissar nickte abwesend.
    Den Rest der Fahrt sagte keiner der beiden mehr etwas. Lenz sah aus dem Fenster und kaute dabei nervös auf seiner Unterlippe.
    Vor dem dreistöckigen Haus, in dessen Erdgeschoss sich das Eiscafé befand, drängelten sich trotz der frühen Tageszeit Massen von Gaffern und ›Adabeis‹. Zwei uniformierte Polizisten waren damit beschäftigt, den Eingangsbereich mit Trassierband weiträumig abzusperren. Hain parkte den kleinen Japaner auf der gegenüberliegenden Straßenseite, stieg aus und warf Lenz, der keine Anstalten machte auszusteigen, einen auffordernden Blick zu.
    »Was ist?«, fragte der Oberkommissar irritiert.
    Lenz fixierte einen imaginären Punkt im Fußraum des Mazdas.
    »Er hat sich bedroht gefühlt«, erklärte er seinem Kollegen leise. »Und ich fühle mich total scheiße, weil ich ihn nicht ernst genommen habe.«
    Hain ertastete mit dem Daumen den Druckpunkt auf dem Schlüssel, ohne jedoch die Fernbedienung der Zentralverriegelung auszulösen.
    »Nun hör auf zu jammern und komm aus der Karre raus. Wir wissen zwar beide, dass die Chance dafür hart bei null ist, aber vielleicht wurden die beiden ja einfach überfallen und ausgeraubt.« Er ging um den Wagen herum und hielt Lenz die Tür auf. »Von wem hat er sich denn bedroht gefühlt?«
    »Von seinem Vermieter, einem Herrn Mälzer.«
    Hain schaute ihn erschrocken an.
    »Jochen Mälzer?«
    »Ja, Jochen Mälzer. Was ist daran so erschreckend?«
    »Erzähl ich dir später. Komm jetzt!«
    Lenz schälte sich mühsam aus dem Auto, sah hinüber zum Eiscafé und setzte sich langsam in Bewegung. Hain folgte ihm über die vierspurige Straße mit den Straßenbahnschienen in der Mitte und hielt das Trassierband hoch, als sie vor dem Haus angekommen waren. Lenz schlüpfte darunter durch, nickte den Uniformierten zu und betrat das Eiscafé. Dort kniete Dr. Peter Franz, der Rechtsmediziner, neben der Leiche von Salvatore Iannone , der vor dem Tresen lag und mit seinen toten Augen die Decke anstarrte. Sein Kopf wurde von einer Blutlache umrahmt, und mitten auf der Stirn entdeckte der Hauptkommissar ein dunkel schimmerndes Einschussloch.
    »Morgen, Herr Kommissar«, begrüßte Franz den Polizisten, ohne sich in seine Richtung umgedreht zu haben.
    »Erkennen Sie mich jetzt schon an dem Geklapper meiner Schuhe, Herr Doktor?«
    Der Mediziner hob den Kopf und hielt ihm den Arm zur Begrüßung hin.
    »Wie es aussieht, ja«, erwiderte er und lächelte dabei kaum wahrnehmbar. »Aber im Ernst, ich hab Sie und Ihren Kollegen gesehen, als Sie die Straße überquerten. Und außerdem: Wer außer Ihnen darf dem Tatort so nah kommen?«
    Lenz war verwundert, wie gesprächig und wohlwollend Dr. Franz an diesem Morgen war. Er hatte ihn bei diversen Anlässen schon ganz anders erlebt.
    »Wobei«, fuhr der Arzt fort, »es mich durchaus wundert, Sie hier zu sehen. Ich wähnte Sie im Urlaub.«
    »Noch nicht. Ab übermorgen.«
    »Und dann tun Sie sich so eine Sache wie die hier noch an? Erstaunlich.«
    Lenz verschwieg Franz die genauen Hintergründe seines Erscheinens am Tatort.
    »Können Sie schon irgendwas sagen?«
    Der Mediziner nickte. »Erschossen, beide. Die Frau haben sie mit einem Kopfschuss getötet, bei ihm hier haben sie eine zweite Patrone investiert.«
    Der Hauptkommissar betrachtete den Leichnam näher.
    »Ich sehe nichts. Wohin ging der zweite Schuss?«
    »In den geöffneten Mund, das Projektil ist hinten ausgetreten. Danach wurde der Mund zugedrückt.«
    »Merkwürdig. Welcher kam zuerst?«
    »Vermutlich der obere, danach der in den Mund.«
    Lenz richtete sich auf und sah sich in dem Eiscafé um. Die Frau lag hinter dem Tresen, ebenfalls in einer Blutlache. Auch ihre Stirn war mit einem Loch verziert. Lenz schätzte sie auf etwa 50 bis 55 Jahre. Ihre blutverkrusteten,

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