Eiszeit
hat. Allerdings sind von dem noch viel größere Fische ausgenommen worden. Vielleicht haben Sie sogar davon gehört, es stand zumindest in allen Zeitungen. Der Mann heißt Madoff . Zurzeit wartet er auf seinen Prozess, und wenn alles normal läuft, geht er für 150 Jahre ins Gefängnis.«
Lenz betrachtete sein Gegenüber mit immer größerem Interesse. »So langsam bekomme ich den Eindruck, dass ich doch gerne wüsste, woher Sie diese ganzen Informationen haben.«
Über Grubers Gesicht huschte die Andeutung eines Lächelns. »Denken Sie sich einfach, ich würde einen Mann kennen, der wiederum Mälzer kennt. So kommt eins zum anderen.«
»Gut«, brummelte Lenz.
»Aber«, fuhr der junge Oberkommissar fort, »davon, dass dieser Anlagebetrüger ins Gefängnis wandert, hat Mälzer nichts. Er muss sein Geld zurückbekommen, was definitiv ausgeschlossen ist.«
»Können Sie mir kurz erklären, wie der Typ in Amerika das gemacht hat? Immerhin ist Mälzer ein, wie ich denke, ziemlich ausgeschlafener Geschäftsmann, den man vermutlich nicht wie einen blutigen Anfänger ausnehmen kann.«
»Da haben Sie recht, aber wie ich schon gesagt habe, es hat noch ganz andere mit anderen Summen getroffen. Kennen Sie Steven Spielberg, den amerikanischen Filmregisseur?«
Lenz nickte. »Wer kennt den nicht?«
»Er ist einer derjenigen, die bei Madoff viel Geld verloren haben, man spricht von etlichen Millionen. Also, wir haben es hier nicht mit einem billigen Taschendieb, sondern mit einem der gerissensten Betrüger der Geschichte zu tun, der mithilfe eines Schneeballsystems die Anleger geprellt hat. Das heißt, dass die neu hinzugekommenen Investoren mit ihren Einlagen die Zinsen der Altanleger bezahlt haben, und dieses Konstrukt muss irgendwann zusammenbrechen. Insgesamt, sagt man, gehe es um 50 Milliarden Dollar Schadenssumme. Nur zu Ihrer Information, das sind 50.000 Millionen.«
So hatte Lenz das noch nie gesehen.
»Schön. Mälzer hat also seine Kohle in den Sand gesetzt. Von wie viel reden wir hier denn?«
»Viel. Den genauen Betrag kann ich Ihnen nicht nennen, aber der ist auch gar nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, dass es der Betrag war, den er dort parken wollte, bis die Sache mit dem Outlet-Center unter Dach und Fach war. Das ist jetzt der Fall, aber Mälzer hat einfach kein Geld mehr.«
»Wollen Sie mir erklären, dass er das Geld, das dieses Center kostet, hatte? In bar?«
»Nein, natürlich nicht. Das Geld, das er verzockt hat, war, sagen wir mal, sein Eigenkapital. Keine Bank geht bei so einem Objekt mit dem vollen Betrag ins Obligo, die wollen immer, dass der Investor einen Teil des Risikos mitträgt . Und genau diesen Teil hat Mälzer eben jetzt nicht mehr und deshalb bekommt er auch keine Finanzierung hin. Und weil die Banken im Zuge der Finanzkrise sowieso schon eine Neubewertung seiner Immobilienobjekte vorgenommen haben, mit niederschmetterndem Ergebnis übrigens, kann er auch nichts anderes mehr verpfänden. Basta, der Mann ist fertig.«
Lenz fuhr sich durch die Haare, legte die Stirn in Falten und kniff die Augen zusammen.
»Ich habe in diesen paar Minuten den Eindruck von Ihnen gewonnen, Herr Gruber, dass Sie ein cleverer Kerl sind, und es fällt mir auch deswegen schwer, Ihnen zu widersprechen, weil ich von Wirtschaft und dem ganzen Zeugs so gut wie keine Ahnung habe. Aber irgendwo liegt in Ihren Informationen der Hund begraben.«
Gruber schluckte. »Warum? Was meinen Sie damit?«
»Ganz einfach. Ungefähr in diesen Minuten rollen in der Wilhelmshöher Allee die Bagger an, um das bestehende Gebäude einzureißen. Das würden die Mälzers doch sicher nicht machen, wenn sie kein Geld für den Neubau hätten, was meinen Sie?«
Nun war Gruber sprachlos.
»Schneeballsystem hin oder her«, fuhr Lenz deshalb fort, »irgendwo scheint Mälzer noch Geld aufgetrieben zu haben.«
»Das … das glaube ich nicht«, stammelte Gruber.
»Doch, seien Sie sicher. Ich hatte gestern das Vergnügen mit zwei Anwälten, die mir die Abrissgenehmigung unter die Nase gehalten haben. Außerdem hatte Molina Mälzer am Tag vor dem Tod der Italiener die Eisdiele gekauft. Nach unseren Erkenntnissen mit 50.000 Euro in bar.« Er schnaufte. »Wie eine Pleite klingt das nicht.«
»Das sind in diesen Dimensionen zwar Peanuts, aber ich gebe Ihnen recht.«
»Sie sollten noch einmal mit Ihrem Informanten sprechen, Herr Gruber. Vielleicht sind Sie ja einem Schwätzer auf den Leim gegangen.«
»Ja, vielleicht. Ich werde es auf
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