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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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wollte er mir am Telefon nicht erzählen. Aber er ist schon hierher unterwegs.«
    Ein paar Augenblicke später hörten sie schnelle Schritte auf dem Flur. Lenz ging zur Tür und fing einen etwa 27-jährigen, blonden Mann mit kariertem Sakko ab.
    »Herr Gruber?«
    »Sind Sie Hauptkommissar Lenz?«
    »Ja. Kommen Sie, wir gehen in mein Büro.«
    »Sind Sie neu in der ZK20? Ich kann mich nicht erinnern, dass wir uns schon einmal gesehen haben«, begann Lenz, nachdem sie sich gesetzt hatten.
    »Seit einem Dreivierteljahr. Ich komme aus der Nähe von Darmstadt, wollte aber lieber in Kassel arbeiten. Der Liebe wegen.«
    »Schön. Was kann ich für Sie tun, Herr Gruber?«
    Der junge Kommissar sah Lenz mit großen Augen an, holte tief Luft und rieb dabei die Hände aneinander.
    »Zunächst muss ich Sie inständig darum bitten, dass alles, was wir beide besprechen, unter uns bleibt. Das ist ganz wichtig.«
    »Natürlich, Sie können sich darauf verlassen.«
    Wieder holte Gruber tief Luft. Dann nickte er erleichtert.
    »Also. Es geht um Jochen Mälzer. Ich weiß, dass Sie den Fall des italienischen Ehepaares bearbeiten, das gestern erschossen wurde. Und ich weiß, dass Herr Mälzer der Eigentümer der Immobilie ist, in der die beiden ihre Eisdiele hatten.«
    »Und?«, fragte Lenz interessiert. »Das ist kein Geheimnis, wir haben gestern schon mit Frau Mälzer gesprochen. Ihr Mann ist derzeit in Asien und kommt erst am Sonntag zurück.«
    »Ich weiß.«
    »Jetzt erstaunen Sie mich ein wenig. Woher wissen Sie das?«
    »Das genau kann ich Ihnen eben nicht erzählen. Es geht einfach nicht. Aber vielleicht kann ich Ihnen etwas erzählen, das Sie noch nicht wissen.«
    Lenz lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Sie verstehen es, mich neugierig zu machen. Schießen Sie los.«
    »Aber bitte, ich muss noch einmal darauf hinweisen, dass alles, was wir hier besprechen, mit absoluter Diskretion …«
    »Das hatten wir schon, Herr Gruber«, unterbrach Lenz ihn. »Wovor fürchten Sie sich eigentlich so?«
    Wieder rieb der Oberkommissar seine Handflächen aneinander.
    »In unserer Abteilung gibt es ein paar Kollegen, die Herrn Mälzer kennen. Ich weiß nicht, wie gut sie ihn kennen, aber ich vermute, schon ziemlich gut. Damit will ich nicht ausdrücken, dass …« Er stockte.
    »Ich weiß, was Sie sagen wollen, Herr Gruber. Aber noch einmal: Alles, was wir besprechen, bleibt unter uns. Natürlich werde ich meinem Kollegen nebenan das eine oder andere von dem berichten, was Sie mir erzählen, aber für den lege ich meine Hand ins Feuer.«
    Nun entspannten sich Grubers Züge und er schlug die Beine übereinander.
    »Mälzer ist pleite.«
    Der Satz stand für ein paar Sekunden wie ein Pistolenknall im Raum. Dann beugte Lenz sich nach vorne und glotzte den jungen Mann ungläubig an.
    »Wie, pleite?«
    »Seine Barmittel sind nahezu erschöpft, seine Kreditlinien ausgereizt. Eigentlich müsste er schon seit ein paar Wochen in der Insolvenz sein, aber er kämpft. Und er verschleppt.«
    »Und da sind Sie sicher?«
    »Ganz sicher.«
    »Was macht er dann in Asien? Im Moment treibt er sich in Singapur herum.«
    »Wie gesagt, das weiß ich. Und ich weiß, dass er dort versucht, Investoren zu gewinnen, unter anderem für das Projekt an der Wilhelmshöher Allee. Das Outlet-Center .«
    »Aber die Mälzers haben doch Werte. Denen gehören mehr als ein gutes Dutzend erstklassige Immobilien in der Stadt, außerdem die Villa, ihr Firmensitz. Und vergessen Sie nicht die Herzogsgalerie. Ich möchte nicht wissen, was die wert ist.«
    »Alles Fassade. Ich bin zwar sicher, dass die beiden nie mehr in ihrem Leben arbeiten müssten, wenn ihr Imperium zusammenbrechen würde, aber darum geht es hier gar nicht. Hier geht es um Firmenwerte in dreistelliger Millionenhöhe, die auf dem Spiel stehen. Und die sich im Moment gerade in Luft auflösen, wenn nicht ein Wunder geschieht.«
    Lenz lehnte sich wieder zurück und dachte an eine Zigarette.
    Gruber schien jetzt Vertrauen gefasst zu haben.
    »Mälzer war immer ein Spekulant. Allerdings hat er nicht nur mit Immobilien spekuliert, sondern auch mit Aktien und Derivaten, also hochspekulativen Anlagen. Das hat ihn zwar in den letzten Monaten unheimlich viel Geld gekostet, aber es hätte ihm vermutlich nicht das Genick gebrochen. Was ihn wirklich in die Bredouille gebracht hat, war ein Kontakt nach Amerika. Er hatte eine größere Summe bei einem Amerikaner angelegt, der sich als der größte Betrüger aller Zeiten entpuppt

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